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Stations-Schließung Zustände an Uniklinik Magdeburg lange bekannt

Nach Schließung der Krebsstation an der Magdeburger Uniklinik gerät nicht nur Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff in den Fokus.

Von Alexander Walter 18.05.2019, 01:01

Magdeburg l Schon am 7. August 2018, vor neun Monaten also, schrieben 24 Klinik- und Institutsdirektoren der Universitätsmedizin Magdeburg einen internen Brandbrief an Ministerpräsident Haseloff und die Mitglieder des Aufsichtsrats. In aller Deutlichkeit schilderten die Professoren die Lage in der Universitätsmedizin. Schon damals wurde auf „gravierende hygienische Probleme“ in der jetzt geschlossenen Krebsklinik verwiesen. Eine zeitgemäße Patientenversorgung sei „im Grunde nicht mehr möglich“. Dies war bereits der zweite Anlauf. Schon im Januar 2018 hatten Klinikdirektoren den Aufsichtsratsvorsitzenden, Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD), in einer vertraulichen Runde die schlimme Lage nahegebracht.

Offenkundig passierte aber so wenig, dass sich die Professoren sieben Monate später an den Ministerpräsidenten direkt wandten. Die Situation der Universitätsmedizin habe sich „dramatisch verschlechtert“, gaben die Professoren zu Protokoll. „Wir erkennen eine existentielle Bedrohung unseres Standorts.“ Die Versorgung der Bevölkerung werde „im Kern bedroht“.

In vielen Bereichen – etwa der Radiologie, der Nuklearmedizin und der Strahlentherapie – stünden nur noch alte Geräte zur Verfügung. So sei eine nach aktuellen Standards geforderte Medizin „nur eingeschränkt möglich“. Dazu kämen „explosive interne Probleme“. Einige Kollegen seien „mit hochbrisanten sicherheitskritischen Aspekten konfrontiert worden“. So gebe es etwa Gutachten über die Brandsicherheit in der Hautklinik, aus denen hervorgehe, dass man diese eigentlich „sofort schließen müsste“. Aus der Not heraus wurden dort zeitweise rund um die Uhr Brandwachen eingesetzt.

Im Oktober 2018 wandte sich der CDU-Landtagsabgeordnete Uwe Harms wegen Missständen in der Uniklinik sogar an die Staatsanwaltschaft Magdeburg. Harms bestätigte gestern, dass er erhebliche Gefahr für Leib und Leben für die Patienten befürchtet habe. Die Uniklinik habe mehrfach auf gravierende Mängel hingewiesen, auf die der Aufsichtsrat aber nicht ausreichend eingegangen sei. Ihm selbst sei geraten worden, die Bevölkerung nicht zu verunsichern.

Im Aufsichtsrat des Uniklinikums sitzen neben Willingmann auch Finanzminister André Schröder (CDU) und Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD).

Willingmann sagte am Freitag, dem Aufsichtsrat sei erstmals am 6. Mai dieses Jahres vom Klinikvorstand mitgeteilt worden, dass die Schließung der Krebsstation eine Option sei.

Zugleich kritisierte er die CDU/SPD-Vorgängerregierung (2011-2016) für die Sparpolitik im Wissenschaftsbereich. Er habe „vor den Folgen überzogenen Sparens gewarnt“, sagte er. Damit kritisierte er indirekt auch Reiner Haseloff (CDU), damals wie heute Ministerpräsident. Dessen Sprecher Matthias Schuppe sagte, Haseloff erkenne das Problem einer allgemeinen Unterfinanzierung der Uniklinika an. „Nach Erhalt des Briefes der Professoren hat der Ministerpräsident das Thema im Regierungskabinett angesprochen und angeregt, im Aufsichtsrat nach Lösungen zu suchen.“ Haseloff habe zudem die Freigabe von 110 Millionen Euro Landesmitteln für den Bau eines neuen Herzzentrums auf dem Campus unterstützt, sagte Schuppe.

Bereits im Februar 2014 hatte der Landesrechnungshof die Landespolitik vor einem zu harten Sparkurs zu Lasten der Unikliniken gewarnt. Während das Geld fürs Tagesgeschäft der Unikliniken von den Krankenkassen kommt, sind die Länder für Investitionen zuständig. Hintergrund der Warnung war die Absenkung der Landesmittel für Investitionen von 6,8 Millionen Euro 2013 auf nur noch 1,5 Millionen 2014. „Durch die politische Situation wird der vorhandene Investitionsstau verstärkt, und das Uniklinikum Magdeburg verliert mehr und mehr an Wettbewerbsfähigkeit“, schrieb die Behörde damals. Dennoch senkte das Land die Investitionsmittel danach weiter. Sie fielen 2015 und 2016 auf nur noch 800.000 Euro. Aktuell liegen sie wieder bei gut sechs Millionen Euro.

Das Uniklinikum Magdeburg machte zuletzt einen Investitionsstau von 800 Millionen Euro geltend. Allein den Bedarf in den nächsten vier Jahren beziffert die Leitung auf 100 Millionen Euro. Nächste Woche wollen die Fraktionen der Kenia-Koalition die Landesregierung per Antrag auffordern, zusätzliches Geld bereitzustellen, um den Investitionsstau abzubauen.

Im Gegensatz zu Magdeburg mit einem Rekorddefizit von 17,2 Millionen Euro 2018 schrieb die Uniklinik Halle zuletzt leicht positive Zahlen.