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Universität Der Erklär-Bähr auf YouTube

Ein Magdeburger Maschinenbau-Professor stellt seit Jahren Erklärvideos für seine Studenten ins Netz und hascht damit Tausende Klicks.

Von Elisa Sowieja 11.07.2016, 01:01

Magdeburg l Wenn Rüdiger Bähr durch das Labor seines Instituts streift, hat er manchmal eine Kamera dabei. Ein winziges Exemplar ist das, nicht größer als ein Gesangsmikrofon, aber für seine Zwecke völlig ausreichend. Der Maschinenbau-Professor an der Magdeburger Universität filmt damit zum Beispiel, wie man ein verwinkeltes Aluminiumstück mit Loch und Schriftzug gießt und wie man testet, ob eine Legierung für die Herstellung eines Zylinderkopfs geeignet ist.

Vor acht Jahren hat er begonnen, für seine Studenten Erklärvideos ins Internetportal Youtube zu stellen. Sie sind eine Mischung aus Bildern, eingeblendeten Definitionen, gesprochenem Text – und meist eben auch gefilmten Szenen aus dem Labor. In der Fertigungstechnik bietet sich das an, findet der 58-Jährige: „Hier gibt es jede Menge Bewegung.“ Und das meint er wörtlich. „Wenn ich den Studenten erkläre, wie ein riesiges Schmiedeteil im Ofen erhitzt und in eine noch größere Presse gehoben wird, verstehen sie das am besten, wenn sie es sehen.“

Auf die Idee war er gekommen, als ein Student vor der Vorlesung ein Stativ aufbaute, um mitzufilmen. „Urheberrechtlich ist das nicht erlaubt“, sagt der Professor. „Aber ich wollte es nicht einfach nur verbieten. Also habe ich nach einem Ersatz gesucht.“ Etwas Knackiges sollte es sein, das man sich mit dem Handy von überall aus ansehen kann. Er beschloss, sich beizubringen, wie man einen Podcast – also einen Medienbeitrag fürs Internet – erstellt.

Bähr kaufte einen Computer mit spezieller Software, denn der war dafür damals noch nötig, und die Mini-Kamera. Dann schrieb er ein Drehbuch und probierte herum. Nach drei Tagen war es vollbracht. Unter dem Namen „Podcasturformen“ stehen auf Youtube heute 18 Beiträge, je rund fünf Minuten lang. Die meisten wurden bisher etwa 2000 Mal angeklickt. Dazu gehört auch ein Video, das nicht mal prüfungsrelevant ist: das über die Untersuchung der Himmelsscheibe von Nebra, bei der Bähr mitgewirkt hat. Und der Beitrag zum verwinkelten Alustück zählt sogar 33 000 Klicks.

Schon länger hat er Unterstützung von Mitarbeitern und Studenten. Dadurch sind die Videos auch professioneller geworden. Bähr ist aber weiterhin der Regisseur – gibt den Inhalt vor, diskutiert bei der Umsetzung mit. Auch mit der Kamera ist er noch unterwegs.

Wer nun denkt, mit den Kurz-Clips könne man sich die Vorlesungen sparen, dem nimmt Bähr die Illusion: „Der Podcast ist eine Ergänzung, keine Zusammenfassung. Die Zusammenhänge kann man nicht in so kurzer Zeit erklären.“

Ob die Studenten durch die Videos bessere Leistungen bringen, kann er nicht beurteilen. „Bei manch mündlicher Prüfung habe ich aber schon das Gefühl, dass der Student die Videos gesehen hat.“

Bähr ist nicht der einzige Dozent in der Region, der für seine Studenten Internetvideos dreht. Michael Müller, Statik-Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal, stellt unter dem Namen „Frettchenstatik“ ebenfalls Erklärfilmchen auf Youtube. Darin sieht man stets eine weiße Tafel und Müllers Hand, die mit Filzstift Berechnungswege aufschreibt; dazu erklärt er, was er da macht.

Zudem filmen an der Magdeburger Uni mehrere Dozenten ihre Vorlesungen mit und stellen sie später ins Netz. Allerdings findet man sie selten auf Youtube. Die Videos der Medizin werden öffentlich zugänglich auf ein Portal namens Mediasite hochgeladen, die Mitschnitte zur Schwarmintelligenzforschung stehen auf einer Seite der Uni, auf die nur deren Studenten Zugriff haben.

Bährs Youtube-Videos helfen seit zwei Jahren sogar regelmäßig Studenten aus Nordrhein-Westfalen. Denn seit ein Kollege von der Uni Wuppertal darauf aufmerksam geworden ist und Bähr angesprochen hat, verwendet der die Filmchen in seinem Seminar.