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Einzige freie Kommunalwahl der DDR Zwischen gestern und morgen: Zeit des Aufbruchs im Stadtparlament

Von Alexandra Kunze 31.05.2010, 04:49

Heute vor zwanzig Jahren trat Magdeburgs erste Stadtverordnetenversammlung nach der SED-Herrschaft zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Nach den ersten freien Kommunalwahlen der DDR war es für die Abgeordneten eine große und zugleich spannende Herausforderung, die demokratischen Spielregeln zu erlernen.

Magdeburg. Es war ein besonderer Tag, dieser Donnerstag im Mai 1990. Der gesellschaftspolitische Wandel der DDR ist schon in vollem Gange, die kurz zuvor noch die politische Macht innehabenden Institutionen, Bezirkstag und Räte des Bezirks, sind bereits aufgelöst.

An diesem Donnerstag um acht Uhr morgens machen sich mehr als hundert Menschen auf den Weg in die Neue Neustadt, um sich in der Schmidtstraße zum ersten städtischen Parlament nach der jahrzehntelangen SED-Herrschaft zu formieren. Ihre besondere Aufgabe : Schnellstmöglich ein arbeitsfähiges Parlament und eine neue Stadtregierung zu bilden.

Geringe Wahlbeteiligung

Drei Wochen zuvor, am 6. Mai, hatten mehr als 220 000 wahlberechtigte Magdeburger in ihren einzigen freien und demokratischen Wahlen der DDR gleichermaßen Chance und Auftrag, 150 Abgeordnete zu wählen, die für die nächsten vier Jahre in der Stadtverordnetenversammlung die Belange der Stadt regeln sollten. Doch längst nicht alle Elbestädter machten von ihrem frisch gewonnenen Wahlrecht Gebrauch : Lediglich knapp 70 Prozent fanden den Weg ins Wahllokal. Die Konkurrenz in Form von sonnig-heißem Sommerwetter war einfach zu groß. " Viele gingen baden …", titelte die Volksstimme am nächsten Morgen.

Insgesamt 13 verschiedene Parteien und Gruppierungen haben es in die erste Stadtverordnetenversammlung geschafft und trafen im provisorischen Sitzungssaal des Um die an einen Fraktionsstatus geknüpften parlamentarischen Rechte zu erhalten, formierten sich Einzelabgeordnete später in der sogenannten " Regenbogenfraktion ".

Bevor die Stadtverordnetenversammlung ihre eigentliche Arbeit aufnehmen konnte, stand aber erst einmal die EiCongress-Centers, der früheren SED-Bezirksparteischule, aufeinander : Die SPD, die als stärkste Kraft 50 Sitze für sich beanspruchte, die Allianz aus CDU / Demokratischer Aufbruch mit 47 Sitzen, gefolgt von der PDS ( 24 Sitze ), Bündnis 90 ( 12 Sitze ) und dem Bund freier Demokraten ( 6 Sitze ). genorganisation auf dem Programm : Die Wahlen mussten anerkannt, der Präsident, sein Stellvertreter und das restliche Präsidium gewählt werden.

An diesem 31. Mai stand unter Punkt 7 auch die Wahl des Oberbürgermeisters auf der Tagesordnung – eine damalige Besonderheit, denn es war das erste und das einzige Mal, dass die Stadtverordneten und nicht die Magdeburger direkt ihren OB wählten. 114 von 144 anwesenden Abgeordneten stimmten für Willi Polte ( SPD ), dessen Sieg um 10. 31 Uhr bekannt gegeben wurde.

" Ich verstehe mich als OB aller Magdeburger und will in diesem Sinne künftig mein Amt führen ", sagte der frisch Gewählte in einer kurzen Antrittsrede. Ihm gehe es insbesondere darum, alles zu tun, um in der Stadt Arbeitsplätze zu erhalten beziehungsweise zu schaffen.

Vieles einfach ausprobiert

20 Jahre nach diesem Tag hat die Volksstimme mit damaligen Stadtverordneten gesprochen und sie nach ihren Erinnerungen gefragt. " Damals herrschte Aufbruchstimmung ", erzählen die meisten, " in vielem haben wir uns einfach ausprobiert. " Die neuen parlamentarischen Regeln mussten von den Abgeordneten erst noch erlernt werden.

Hier erzählen Mitglieder der 13 in die erste Stadtverordnetenversammlung gewählten Parteien und Gruppierungen von ihren Erinnerungen und davon, was sie heute machen.