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Fußball Großer Schritt, aber Lockerheit bleibt

Aus der Kreisliga in die Kreisliga. Vom Namen der Spielklasse her betrachtet hat der zwölfjährige Martin Homeyer keinen Fortschritt gemacht.

Von Florian Schulz 05.03.2016, 04:00

Jahrstedt/Wolfsburg l Wenn man allerdings die beiden Vereinsnamen vergleicht, sieht die Sache schon ganz anders aus. Schließlich wechselte der junge Kicker im vergangenen Sommer vom TSV Adler Jahrstedt in die U12 des VfL Wolfsburg. Auch wenn Martin Homeyer aus Jahrstedt in Wolfsburg „nur“ in der Kreisliga Gifhorn/Braunschweig/Peine/Wolfsburg spielt, weht in der VW-Stadt natürlich ein ganz anderer Wind. Die U12 spielt auf D-Jugend-Kreisebene gegen fast durchweg ältere Teams. Zudem herrscht im Team von Trainer Thomas Spöttle, in dem Martin erst seit gut einem Dreivierteljahr aktiv ist, eine ganz andere Trainingsintensität sowie ein viel größerer Konkurrenzkampf als noch zu Jahrstedter Zeiten. Dennoch hat sich der zwölfjährige Westaltmärker viele Einsatzzeiten erarbeitet und träumt beim VfL von einer großen Karriere – möglichst irgendwann als Profi.

Großvater Richard wird es von allen Verwandten womöglich am meisten gefreut haben, dass sein junger Enkel den Schritt zum VfL gewagt hat. Er war es nämlich, der Martin Homeyer erst so richtig auf den Geschmack brachte. Auf dem eigenen Hof wurde früher häufig gemeinsam mit seinem Cousin und späteren Teamkollegen Hannes Müller gekickt, so dass Martin schon dort seine ersten Schritte erlernte. Aber auch seine Eltern Silvana und Andre begeisterten ihren Junior schnell vom Volkssport Nummer eins. „Wir hatten ihn bereits als Dreijährigen mit im Stadion“, verrät Silvana Homeyer. Die Familie drückt dem Bundesligisten VfL Wolfsburg die Daumen und besitzt für dessen Heimspiele gleich zwei Dauerkarten. 2009 – da war Martin Homeyer gerade mal fünf Jahre jung und hatte bereits ein halbes Jahr mittrainiert – spielte er zusammen mit mehreren Freunden das erste Mal für die SG Jahrstedt/Kusey. Die F-Jugend der Spielgemeinschaft wurde damals von Robby Schulz trainiert. „Ich habe am Anfang nicht so oft gespielt, da ich noch sehr klein war“, erinnert sich der Zwölfjährige, der gleich in seiner ersten Saison ein Hallenturnier in Jübar gewann, zurück. Er durfte zu diesem Zeitpunkt auch noch in der G-Jugend spielen, die es allerdings im fußballverrückten Jahrstedt nicht gab. Dafür aber beim FC Jübar/Bornsen, der in Person von Gerald Schulz im Jahr 2010 alles daran setzte, den Youngster mit einem Doppelspielrecht auszustatten. Das klappte dann auch wie erhofft, so dass der junge Homeyer im ersten Jahr für zwei Vereine meist auch zweimal am Wochenende aktiv war.

Der Begriff „Doppelbelastung“ prägte dann in gewisser Form auch die gesamte Nachwuchszeit von Martin Homeyer, nebenbei auch großer Fan vom Sportangeln, in Jahrstedt. Denn auch in den folgenden Jahren half das Talent („Ich konnte eigentlich auch bei den Älteren immer gut mithalten“) zumeist in den nächsthöheren Altersklassen aus, gab sich mit nur einer Partie am Wochenende nicht zufrieden. Der quirlige Westaltmärker glänzte schon immer mit viel Spielverständnis sowie einer guten Technik und Schnelligkeit. Das brachte ihm einen Stammplatz als Stürmer ein. „Ich habe mich aber oft ins Mittelfeld fallen gelassen und auch einige Tore vorbereitet“, verrät der Jahrstedter. Die Erfolge des Teams ließen nicht lange auf sich warten. Sowohl in der F- als auch in der E-Jugend schafften die jungen Adler den Einzug in die Meisterrunde. Martin selbst avancierte im Winter der Spielzeit 2013/2014 dreimal in Folge zum besten Spieler bei Hallenturnieren. „Ich wollte schon immer gut dabei sein“, verrät der ehrgeizige Westaltmärker, dessen Lieblingsvereine der VfL Wolfsburg und Real Madrid sind. Spielerisch kann sich der Youngster indes viel vom Madrilenen Cristiano Ronaldo abschauen – speziell in Sachen Freistöße.

Die Zeit in Jahrstedt wird Martin Homeyer immer in Erinnerung bleiben – und das im positiven Sinne. „Wir haben damals sehr gut zusammengespielt und uns sehr gut verstanden. Ich habe hier viel gelernt“, denkt Homeyer zurück. Die Grundbausteine der damaligen Adler-Truppe hießen Louis Licht, Lukas Kamieth, Linus Schmidt und eben Martin Homeyer. Über dieses Quartett lief so ziemlich alles im Spiel der Westaltmärker. Als Trainer übernahm Matthias Licht die Truppe, dem auch Martin sehr viel zu verdanken hat. „Er hatte einen guten Umgangston mit den Kindern“, verrät Vater Andre, während Mutter Silvana ergänzt: „Er wusste ganz genau, wo die Spieler ihre Stärken haben und wo er sie aufstellt.“ Der heute Zwölfjährige hatte seine Stärken vor allem in der Offensive und war dort ein Garant des Erfolgs. Richtig bergauf ging es für den Youngster („Der Verein hat mir so viel bedeutet, dass ich meist der Erste beim Training war“) ab der F-Jugend. Dort nämlich wurde 2013 der erste Staffelsieg eingefahren. Ein Jahr später folgte der zweite – diesmal in der E-Jugend. Es war die Zeit des Durchbruchs für Martin, der bereits zu den Erfahrensten zählte und ab 2014 auch im DFB-Stützpunkt in Klötze trainierte. Die gesamte Familie Homeyer zieht den Hut vor der Nachwuchsarbeit in ihrem Heimatort. „In solch einem kleinen Dorf sind fast alle Nachwuchs-Altersklassen vertreten. Das ist sicherlich auch ein großer Verdienst von Andreas Kroggel“, lobt Andre Homeyer den Spartenleiter beim TSV. Kroggel holte in den letzten Jahren viele junge Kinder in den Verein, der sich damit wohl für die Zukunft keine Sorgen machen muss.

Die muss sich Martin Homeyer selbst wohl auch erst einmal nicht machen. Schließlich hat der Zwölfjährige seinen ersten großen Schritt schon hinter sich. Für diesen bedurfte es allerdings einer Menge Arbeit. Seine Eltern wollten den Youngster früh fördern und überraschten ihn zum Geburtstag im Jahr 2010 mit der Teilnahme am Fördertraining mit Roy Präger in der VW-Stadt, an dem Martin großen Gefallen fand. Einmal wöchentlich wurde unter der Leitung des ehemaligen Bundesligaprofis in Wolfsburg geprobt, zudem beteiligte sich Homeyer auch an der Ferienfußballschule, die traditionell vom VfL angeboten wird. „Dadurch hat er schnell Blut geleckt“, verrät Silvana Homeyer. Ihr Sohn war kaum zu bremsen und wurde nach guten Leistungen ab 2013 drei Jahre hintereinander zum Probetraining nach Wolfsburg eingeladen. Getreu dem Motto „Aller guten Dinge sind drei“ klappte es beim dritten Versuch, nachdem der Westaltmärker zuvor zweimal abgelehnt wurde. „Wir hatten ehrlich gesagt schon gezweifelt, ob wir Martin noch von seiner dritten Einladung erzählen“, erinnert sich Mutter Silvana zurück. Zum Glück taten es die Eltern. Sonst wäre ihr Sohnemann jetzt sicherlich nicht beim VfL. Der war übrigens auch beim 1. FC Magdeburg im Gespräch. Allerdings wäre er für einen Platz im Internat in Magdeburg zu jung, die Fahrtwege in die Landeshauptstadt zudem zu weit gewesen. Außerdem hätte der Westaltmärker auch die Chance gehabt, in die Talenteliga-Mannschaft des SV Eintracht Salzwedel zu wechseln. Der VfL Wolfsburg hatte jedoch Vorrang. „Schön war, dass der VfL auf uns zugekommen ist“, sind sich Silvana und Andre Homeyer einig. Ihr Sohn Martin vermisst in Jahrstedt vor allem seine vielen Freunde. „Es ist schade, dass wir nun nicht mehr zusammenspielen“, blickt das Talent auch mit einem weinenden Auge zurück.

Nachdem Martin Homeyer bereits ab April 2015 bei den jungen „Wölfen“ mittrainierte und nur einen Monat später die Zusage erhielt, war die Bahn frei. Im Sommer folgte der Wechsel an die Aller. Seitdem gehört Martin der U12 des VfL an, die von Thomas Spöttle trainiert wird. „Ich wurde sehr gut aufgenommen“, verrät der Youngster, der sich auf Anhieb wohl fühlte. Als „Drittkleinster“ in der Mannschaft kommt der Westaltmärker zumeist als Rechtsverteidiger zum Einsatz. Nanu? Vom Goalgetter zum Abwehrspieler? Ja, diese Umschulung hat Homeyer bereits hinter sich. Zwar kam der Jahrstedter in der Kreisliga-Mannschaft, die aktuell Rang drei einnimmt, bereits auf allen Positionen („Es wird viel durchgetauscht“) zum Einsatz, doch hauptsächlich verhindert der Sachsen-Anhalter neuerdings Treffer. „Sein Trainer sagte uns, nachdem er Martin zum ersten Mal sah, dass er seine Qualitäten vor allem in der Abwehr sieht“, war Mutter Silvana nach der Aussage Spöttles selbst ein wenig überrascht. Allerdings wird jeder Spieler im Team gleich behandelt, verrät der ehrgeizige Youngster. Zudem hat der Coach auch immer ein offenes Ohr, wenn seine Schützlinge Probleme haben. Von den Qualitäten seiner Mannschaft ist der junge Westaltmärker positiv überrascht. „Wir spielen meist gegen ältere und größere Akteure, doch wir zählen zu den technisch besten Mannschaften der Liga“, erklärt er.

„Ich habe mich mittlerweile gut eingewöhnt“, verrät Martin Homeyer. Das dürfte allerdings schon seine Zeit gebraucht haben, schließlich ist der Zwölfjährige – abgesehen vom trainingsfreien Mittwoch – täglich von 5 bis 20.30 Uhr auf den Beinen. Um 7.15 Uhr beginnt die Schule für den Sechstklässler am Gymnasium in Beetzendorf und endet gegen 13 Uhr. Nach der Ankunft in der Heimat um 14 Uhr bleiben drei Stunden Zeit für Hausaufgaben und zur Regeneration. Um 17 Uhr bringen ihn seine Eltern oder Großeltern nach Wolfsburg, wo von 18 bis 19.30 Uhr am Elsterweg die Trainingseinheiten anstehen. Erst um 20.30 Uhr kommt der Zwölfjährige, der mit seinem Team meist sonnabends die Punktspiele austrägt, wieder zu Hause an. „Die Schule geht vor. Solange die Noten passen, ist alles in Ordnung“, erzählt Mutter Silvana und fügt mit einem Schmunzeln an: „Momentan tun sie es.“ Nicht nur bei den Eltern, sondern auch beim VfL Wolfsburg müssen übrigens die Zeugnisse jedes einzelnen Spielers vorgezeigt werden.

Nachdem das erste halbe Jahr auf dem grünen Rasen absolviert ist, stehen in der fünfmonatigen Winterpause größere Turniere an. Bei einem Hallenwettkampf in Bernau im Januar dieses Jahres sorgte Martin mit seinem 3:2-Siegtor in der Schlusssekunde für den dritten Platz im Duell gegen den 1. FC Union Berlin. Es ist und bleibt ein unvergessliches Erlebnis für den Jahrstedter, der in Ligaheimspielen am Elsterweg stets auf Kunstrasen („Darauf hat man ein besseres Ballgefühl“) aktiv ist. Die U12-Spieler sehen sich zudem häufig gemeinsam Heimspiele der VfL-Profis im Stadion an. „Das ist eine gute Truppe, in dieser Saison ist aber noch Luft nach oben vorhanden“, blickt Martin Homeyer auf das Erstliga-Team um Trainer Dieter Hecking. „Ich hoffe, dass sie speziell in der Champions League weit kommen“, so der Fan von Julian Draxler und Max Kruse. In der Volkswagen-Arena war Martin übrigens 2012, nachdem seine Patentante Ann Bohneberg an einem Preisausschreiben teilnahm, auch schon einmal das „Stadionkind“, das sich im Stadioninnenraum aufhalten durfte und somit Bundesligaluft aus nächster Nähe schnuppern durfte. Gern würde der junge Homeyer später selbst als Spieler den Rasen der Wolfsburger Arena betreten. „Ich habe das Ziel, Profi zu werden. Das wird allerdings nicht einfach, man muss sich von Jahr zu Jahr neu beweisen“, weiß der Zwölfjährige, der den ersten Schritt allerdings mit dem Wechsel nach Wolfsburg schon vollzogen hat. „Martin geht mit der ganzen Sache recht locker um, weil er weiß, was er kann“, erzählt Mutter Silvana sichtlich stolz.

Doch in welchen Bereichen muss sich Martin Homeyer noch verbessern, um es womöglich später mal auf die große Bühne zu schaffen? „Ich muss körperlich robuster werden, möchte noch an meiner Schnelligkeit arbeiten und zudem mehr Konstanz in meine Leistungen bekommen“, erklärt der Zwölfjährige sehr sachlich. Seinen ehemaligen Kollegen beim TSV Adler schaut das Talent an spielfreien Wochenenden noch immer gern bei deren Partien zu. „Ich könnte mir durchaus vorstellen, irgendwann wieder zurück nach Jahrstedt zu kommen“, verrät der technisch starke Rechtsverteidiger, der seinen Eltern und Großeltern auch noch einmal für ihre tägliche Unterstützung dankt. Der Youngster möchte auch nach seiner aktiven Zeit möglichst im Sportgeschäft tätig bleiben. In welcher Funktion, darüber hat der Sechstklässler allerdings noch keinen Gedanken verschwendet. Bis dahin bleibt schließlich auch noch viel Zeit. „Wir schauen jetzt erst einmal von Jahr zu Jahr, wie es sich entwickelt“, so Vater Andre. Der hofft als großer Fan des VfL Wolfsburg insgeheim natürlich auch, irgendwann in der Volkswagen-Arena Bundesligatore seines Sohnes Martin Homeyer bejubeln zu können.