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Fußball Härtel hält den Ball flach

Jens Härtel, Trainer des 1. FC Magdeburg, im Interview über das Trainingslager in Wesendorf, Ansprüche im Umfeld und Testspielergebnisse.

07.07.2017, 23:01

Herr Härtel, wie im Vorjahr waren Sie mit dem FCM im Trainingslager in Wesendorf. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Jens Härtel: Die Bedingungen waren gut. Der Platz befindet sich in einem guten Zustand, es gibt genügend Freifläche ringsherum. Dort kann man auch andere Übungen machen. Außerdem ist der Platz direkt am Hotel. Das ist für ein Trainingslager optimal.

Im Winter-Trainingslager in Spanien gab es einen Kraft-Sprung-Parcours mit Übungen, der in Wesendorf nicht aufgebaut wurde. Warum?

Wir haben die Kraftübungen schon in Magdeburg gemacht. In Wesendorf hat sich das nicht angeboten. Hier haben wir eine andere Situation und lange Läufe gemacht, auf die wir wegen der kurzen Pause im Winter verzichtet haben.

Wie wichtig ist es, bei zehn Neuzugängen das Trainingslager auch für deren Integration zu nutzen?

Wir haben die Zimmer bewusst so gewählt, dass ein junger und ein alter sowie ein neuer und ein etablierter Spieler zusammen auf dem Zimmer sind. Dadurch wollen wir verhindern, dass sich Grüppchen bilden. Im Trainingslager kommt man schon ins Gespräch und lernt einen Menschen besser kennen, als wenn man sich nur drei oder vier Stunden am Tag sieht. Im Trainingslager unterhalten sich die Spieler auch mal über private Dinge. So etwas stärkt auch das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Nach zwei vierten Plätzen sind die Ansprüche im Umfeld gestiegen. Der FCM gibt trotzdem wieder 45 Punkte als erstes Ziel aus. Wie gehen Sie mit den hohen Erwartungen um?

Ich kann schon nachvollziehen, dass viele denken, dass es für den Verein, nachdem er zweimal Vierter wurde, weiter nach oben geht. Jeder in und um Magdeburg, der mit uns sympathisiert, hätte sich gewünscht, dass wir den Sprung in die 2. Bundesliga schaffen. Für uns ist es auch ärgerlich, dass wir es nicht geschafft haben, weil wir knapp dran waren. Sich diese Position zu erarbeiten, oben mit dabei zu sein, ist aber schon eine Herkulesaufgabe. Wir starten mit null Punkten und brauchen deshalb erst mal 45 Zähler und entsprechend viele Siege.

Das ist den Fans schwer zu vermitteln, oder?

Das können wir nicht beeinflussen. Die Liga ist sehr ausgeglichen, und wir haben uns keinen großen Vorsprung vor anderen Vereinen erarbeitet. Das ist in der Bundesliga, in der es eine Geldtabelle gibt, anders.

Was haben Sie gedacht, als sich Regensburg recht souverän in der Relegation gegen 1860 München durchgesetzt hat?

Als ich das gesehen habe, habe ich mir gedacht, dass wir auch eine realistische Chance gehabt hätten, die Löwen zu knacken. Natürlich habe ich mich auch geärgert, wir waren am letzten Spieltag schließlich zwölf Minuten in der Relegation. Ein Pfiff zum entscheidenden Elfmeter für Regensburg hat eine ganze Saison entschieden.

Mit Andreas Ludwig hat der FCM einen Spieler geholt, der bereits in Hoffenheim, bei 1860 München und zuletzt in der ersten holländischen Liga beim FC Utrecht gespielt hat. Wie haben Sie ihn für den FCM begeistern können?

Wir haben ihm gesagt, was es bedeutet, in Magdeburg Fußball zu spielen – wie schön das sein kann, mit welcher Verantwortung das aber auch gleichzeitig verbunden ist. Viele Leute hängen an diesem Verein und die ganze Stadt lebt das. Das Drumherum hat Andreas letztendlich überzeugt. Wir freuen uns, dass er sich für uns entschieden hat.

Ludwig sieht sich selber zwischen dem defensiven und offensiven Mittelfeld. Auf welcher Position schätzen Sie ihn am stärksten ein?

Wir müssen testen, auf welcher Position er für uns am wertvollsten ist. In der Mitte hinter den Spitzen ist sicherlich eine Option. Wir sind da noch im Findungsprozess.

Der FCM hat einige Spieler verpflichtet. Wie bewerten Sie die Neuzugänge bisher?

Im Training sind alle eifrig bei der Sache. Viele Spieler sind aber auch anderes Training, andere Analysen und Systeme gewohnt. Wichtig ist, dass Trainerteam und Spieler auf einem Kanal funken. Wir sind immer noch am Überlegen, wie wir alle am besten ansprechen, dass sie die Dinge so verstehen, wie wir es wollen. Im Spiel gegen Braunschweig haben das Björn Rother und Andreas Ludwig in der ersten Halbzeit schon gut gemacht. Nach der Pause haben Spieler wie Florian Pick und Philip Türpitz vorne noch nicht so zugepackt, wie wir uns das vorgestellt haben.

Im Test gegen Braunschweig hieß es 1:6. Was nehmen Sie aus einer solchen Partie mit?

Dass wir gegen einen Top-Zweitligisten viele Chancen herausgespielt haben. Wir hatten einige Situationen aus Umschaltsituationen oder aus dem Spielaufbau heraus. Aber wir nehmen natürlich auch mit, dass wir einige Gegentore zu einfach bekommen haben, weil wir manchmal zu undiszipliniert waren. Da sagen wir ganz klar, dass so etwas nicht unserer DNA entspricht. Wir hätten nach dem 1:4 nicht noch zwei Gegentreffer kassieren dürfen. Das macht ein eigentlich gutes Spiel von uns kaputt.

Welchen Stellenwert haben Ergebnisse in der Vorbereitung generell für Sie?

Grundsätzlich sind Ergebnisse in der Vorbereitung zweitrangig, aber nie unwichtig. Ich will immer gewinnen, das ist auch in einem Freundschaftsspiel so. Trotzdem ist in der Vorbereitung aber das Wichtigste, dass sich die Spieler nicht verletzen.

Der FCM hat mit Steffen Schäfer jetzt 25 Spieler im Kader. Wie froh sind Sie, dass die Planungen so früh abgeschlossen werden konnten?

Einfacher ist es schon, weil wir nicht sofort im Wettkampf sind und den neuen Spielern noch etwas mitgeben können, bevor es losgeht. Wir haben außerdem noch Zeit, an der Physis zu arbeiten. Steffen hat diesbezüglich Nachholbedarf. Auf der anderen Seite besteht der Reiz im August darin, möglicherweise Spieler zu bekommen, die bereit sind, in die 3. Liga zu gehen, obwohl sie es sich jetzt gerade noch nicht vorstellen können. Das ist immer ein Spagat.

Im Rahmen Ihrer Vertragsverhandlungen im Frühjahr gab es zwischen Ihnen und Geschäftsführer Mario Kallnik Meinungsverschiedenheiten. Hat Ihr Verhältnis darunter gelitten?

Für mich war das eine normale Sache, dass man sich annähert, wenn man nicht sofort einen gemeinsamen Nenner findet. Das geht manchmal nicht von heute auf morgen. Sicherlich gab es einige Statements, die mir nicht gefallen haben. Das gehört in einer solchen Phase aber dazu. Ich denke, dass beide Seiten daraus gelernt haben.

Mit Silvio Bankert haben Sie einen neuen Co-Trainer neben Ronny Thielemann, der momentan nur eingeschränkt zur Verfügung steht. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Es läuft schon gut. Es ist aber natürlich etwas anderes, wenn man mit einem Kollegen drei Jahre zusammenarbeitet. Da läuft ein Rädchen ins andere. Das ist jetzt bisher noch nicht so, wir ergänzen uns aber gut und Ronny kommt ja in der Regel ab Donnerstag jeweils dazu. Für Silvio ist es eine Chance, sich zu entwickeln. Abschließend kann man das aber erst beantworten, wenn es Wind von vorne gibt.

Weitere Infos und Videos zum FCM gibt es hier.