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Henkel: Islamistische Syrien-Rückkehrer sind "tickende Zeitbomben"

15.05.2014, 00:52

Berlin - Der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) hat vor Gewalt von Islamisten, die aus Syrien zurückkehren, gewarnt. Das Wachstum salafistischer, also extrem konservativer Strömungen im Islam, sei besorgniserregend, sagte Henkel am Donnerstag auf einer Berliner Tagung ostdeutscher Verfassungsschutz-Behörden zum Problem politischer Extremisten. 320 Islamisten seien inzwischen aus Deutschland Richtung Syrien ausgereist, um dort zu kämpfen, berichtete Henkel. Sollten sie zurückkommen, könnten sie "tickende Zeitbomben" sein.

Der demokratische Staat müsse sich bei seinem Kampf gegen linke, rechte und islamistische Extremisten allerdings seiner Gratwanderung bewusst sein, mahnte der Politologe Eckhard Jesse von der TU Chemnitz. Bei der Abwehr der Demokratiefeinde dürfe die Gesellschaft keiner ideologisch aufgeladenen Debatte aufsitzen. "Sonst sehen sich Extremisten in ihrem Feindbild bestätigt." Die Demokratie dürfe kein pauschalisiertes Feindbild haben, "um selber nicht als Feindbild wahrgenommen zu werden".

Im Zentrum der Angriffe von Extremisten steht zunehmend die Polizei, besonders bei Gewalttaten von Neonazis. Waren es bundesweit 2001 noch 15 Angriffe von Rechtsextremisten auf Polizisten, registrierte man 2013 schon 103 Gewaltdelikte, wie Ulrike Madest vom Brandenburger Verfassungsschutz darstellte. Der Anteil an allen rechtsextremen Gewalttaten stieg von 1,5 auf 12 Prozent.

Gewalt sei hier zunehmend "Selbstzweck" und diene dem "Lustgewinn mit Fun-Charakter", sagte Madest. Bei den Neonazis gebe es eine Entpolitisierung der Gewalt. Entstanden sei diese Entwicklung auch durch Frustration in rechtsextremen Kreisen, hervorgerufen durch gestiegenen Druck der Polizei.

In der linksextremen Szene machte die Gewalt gegen Polizisten schon immer einen großen Anteil aus; 2012 gab es 867 Angriffe. Gewalt werde weitgehend als "legitimes Mittel" gesehen, erläuterte Madest. Über gezieltes Verletzen von Menschen, etwa bei einem Angriff auf eine Hamburger Polizeiwache, gebe es allerdings keinen Konsens in der Szene. Gewaltausbrüche bei linksextremen Demonstrationen gehörten jedoch auch in Zukunft zur Strategie.

Die Radikalisierung junger Menschen aus Einwandererfamilien lässt sich am ehesten schon zu Schulzeiten bremsen, sagte Ahmad Mansour von der Gesellschaft Demokratische Kultur. "In vielen türkischen und arabischen Familien herrschen patriarchalische Strukturen. Dort wird nicht ermutigt, etwas kritisch zu hinterfragen", sagte Mansour. "Wenn man sich aber Zeit nimmt, ihnen zuhört, Projekte unternimmt - etwa zu jüdischem Leben und Antisemitismus -, dann merkt man auch, wie sich etwas ändert." Das spare sehr viel Arbeit und Geld zu späterer Zeit, wenn die Jugendlichen sich radikalisiert hätten.

Die Leiter der Verfassungsschutzämter von Sachsen-Anhalt und Sachsen, Jochen Hollmann und Gordian Meyer-Plath, stimmten zu, als Mansour mehr Engagement und Auftritte der Behörden in Schulen forderte. So könne das Abdriften in politische oder religiöse Extreme gestoppt werden, hieß es. Hollmann betonte mit Blick auf die Schüler: "Hauptsache wir reden miteinander."

Die Veranstaltung in der Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow stand unter dem Titel: "Hass als politisches Programm. Die Entwürdigung des Gegners durch Extremisten." Beteiligt waren Verfassungsschutz-Behörden aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Künftig soll es eine Reihe länderübergreifender Tagungen zur inneren Sicherheit geben, die im kommenden Jahr zunächst in Brandenburg fortgesetzt wird.