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G-20-Gipfel Kampf um die "Rote Flora"

Der Druck wächst: Nach Forderungen aus der Politik wollen nun auch viele Hamburger Bürger ein Ende der „Roten Flora“.

11.07.2017, 23:01

Hamburg/Berlin (dpa) l Das linksautonome Zentrum „Rote Flora“ im Hamburger Schanzenviertel gerät nach den Ausschreitungen rund um den G-20-Gipfel immer stärker unter Druck. Nachdem aus der Politik bereits Rufe nach einer Schließung laut geworden sind, tauchen im Internet Petitionen auf, die eine Neuverwendung der „Roten Flora“ als Kindergarten fordern. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) rief dazu auf, dass sich Demonstranten von gewaltsuchenden Chaoten deutlicher distanzieren.

„Ich erwarte von jedem Demonstranten, dass er sich von Vermummten fernhält. Jeder Demonstrant, der Vermummten und Chaoten Schutz und Deckung bietet, macht sich mitschuldig“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag im hessischen Bad Orb. Er zeigte sich schockiert über das Ausmaß der Gewalt in Hamburg und sprach von „Zerstörungswut mit Plünderungen und Brandschatzungen“. De Maizière betonte: „Wichtig ist dabei, dass man nicht auf dem linken Auge blind ist.“ Es dürfe keine Rückzugsräume für Linksextremisten gebe, sagte er mit Blick auf die Rote Flora.

Eine Online-Petition auf der Plattform „Change.org“, die bis Dienstagmittag bereits von mehr als 5700 Menschen unterzeichnet worden war, wurde vom Initiator allerdings „aus persönlichen Gründen“ zurückgezogen. Ihr Ziel: Aus dem seit bald 30 Jahren besetzten ehemaligen Theater einen Kindergarten oder eine Grundschule zu machen. Grund für den Rückzug sei offenbar, dass der Initiator, der Unternehmer Alexander Tebbe, im Kurznachrichtendienst Twitter angefeindet worden sei, schrieb das „Hamburger Abendblatt“.

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat die Existenz des Zentrums infrage gestellt, sich aber gegen einen „Schnellschuss“ ausgesprochen. Das seit fast 30 Jahren besetzte ehemalige Theatergebäude gilt als eines der wichtigsten Zentren der autonomen Szene in Deutschland. Es stand auch hinter der „Welcome to Hell“-Demonstration, bei der es am Donnerstagabend vor Beginn des G-20-Gipfels schon schwere Krawalle gegeben hatte.

Flora-Anwalt Andreas Beuth ruderte bei der Bewertung der Krawalle inzwischen zurück. „Solche Aktionen sind sinnentleerte Gewalt und haben eine Linie überschritten“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Er distanziere sich auf das Schärfste von den Ausschreitungen. Die „Flora“ werde den Opfern der Krawalle helfen. Und: „Wir sind sicher nicht reich, aber werden auch finanzielle Hilfe für die stark betroffenen Geschäfte leisten. Denkbar ist etwa ein Solidaritätskonzert.“

Beuth hatte Empörung ausgelöst, als er am Sonnabend in der ARD Sympathie für die Aktionen erklärt hatte – aber nicht vor der eigenen Haustür sondern in anderen Stadtteilen mit wohlhabenden Bevölkerungssschichten.

Während CDU und AfD in Bund und Land eine Schließung der „Roten Flora“ verlangen, die FDP „linksextremistische Strukturen“ austrocknen will und auch SPD und Grüne Veränderungen fordern, lehnt die Linke ein Aus für das Autonomen-Zentrum ab. Auch Experten warnen: „Das würde einen massiven Kampf auslösen“, sagte etwa der Kriminologe Christian Pfeiffer der „Passauer Neuen Presse“. Der Protestforscher Wolfgang Kraushaar vom Hamburger Institut für Sozialforschung riet im NDR-Hörfunk ebenfalls von einer Räumung der Roten Flora ab.

Olaf Scholz will am heutigen Mittwoch in der Hamburgischen Bürgerschaft eine Regierungserklärung zu den Krawallen und zum Ablauf des Gipfels abgeben. Rücktrittsforderungen der Landes-CDU, die von der Bundes-CDU jedoch nicht mitgetragen werden, wies er mehrfach zurück. „Diesen Triumph werde ich den gewalttätigen Extremisten nicht gönnen“, sagte er dem Magazin „Stern“.