TV-Tipp Let's dance!

Tanz ist Halten und Loslassen, Rausch und Disziplin, Lust und Qual - je nachdem. Getanzt wird überall auf der Welt und quer durch alle Gesellschaftsschichten. Eine mehrteilige TV-Dokumentation beleuchtet seine viele Facetten.

Von Klaus Braeuer, dpa 10.11.2016, 23:01

Berlin (dpa) - Ob allein, zu zweit oder in der Gruppe - tanzen macht Spaß. Und es ist ein Teil der menschlichen Kommunikation, egal ob man privat tanzt oder einen Beruf daraus macht.

Die dreiteilige TV-Dokureihe Let's dance!, handelt von der Geschichte und der Bedeutung des Tanzes. Die beiden ersten Folgen sind an diesem Freitag (ab 21.45 Uhr) auf Arte zu sehen, der dritte Teil am kommenden Freitag (18. November, 23.15 Uhr).

Im ersten Teil geht es um den Tanz in der Gruppe, der sehr unterschiedliche Funktionen erfüllen kann. Teil einer Show sein etwa oder der Demonstration von Macht, Individuen zu einer Einheit verbinden, Harmonie oder Dissonanz ausdrücken. Klar ist, dass Gruppentänze schon lange von künstlerischen und politischen Strömungen instrumentalisiert werden.

Das wird auch in den Kommentaren der französischen Choreographin Marion Motin, Leiterin des Ensembles Christine and The Queens, der Tänzerin und Choreographin Maguy Marin sowie des israelische Tänzers und Choreographen Ohad Naharin deutlich. Sie alle berichten von ihren ganz unterschiedlichen Berufserfahrungen. Zu sehen sind Ausschnitte aus diversen Tanzproduktionen - Tango, Folklore, Musical, Klassik, Hip-Hop - und indischen Bollywood-Filmen.

Im zweiten Teil (22.40 Uhr) steht der Einzelne im Mittelpunkt: Solotänzer geben sich auf der Bühne völlig preis und wagen immer wieder einen komplizierten Akt der Selbstbehauptung. Laura Hecquet, Primaballerina an der Pariser Oper, und die Tänzerin und Choreographin Carolyn Carlson berichten darüber.

Der dritte Teil schließlich widmet sich dem Paartanz. Im Idealfall sind es zwei Menschen, deren Körper sich im gemeinsamen Tanz vereinen. Beim Tanz zu zweit sollte es immer darum gehen, was zwischen zwei Menschen passieren kann: ein auffordernder Blick, eine ausgestreckte Hand, ein Griff um die Taille - die Kunst der Verführung. Zu sehen ist das im klassischen Ballett (Pas de deux) genau wie beim argentinischen Tango. Zu Wort kommen unter anderem der britische Tänzer und Choreograph Akram Khan, die Tangotänzerin Natalia Tonelli, der Franzose Jérôme Bel sowie die belgische Choreographin Anne Teresa De Keersmaeker.

Tanzt, tanzt - sonst sind wir verloren - sagte die Tanzpädagogin Pina Bausch. Dieses Zitat hat der Autor Olivier Lemaire seinem Film vorangestellt, und beim Betrachten wird dem Zuschauer ziemlich bald klar, dass Tanz vor allem Disziplin bedeutet. Tänzer erwarten Inspiration und Intuition von ihren Choreographen, die immer wieder auf's Neue das Beste oder auch das Schlechteste aus ihnen herausholen sollen.

Tanzen in der Gruppe kann zu tiefgründigen Erfahrungen führen: Austausch von Energien, Verständnis des eigenen Körpers, Halten und Loslassen. In der Gruppe muss jeder ein Individuum bleiben, ohne sich selbst zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Da wird viel Druck ausgeübt, und nicht immer gelingt es einem Choreographen, fair und sensibel mit seiner Tanzgruppe umzugehen. So mancher Choreograph im Film gesteht sein Scheitern in dieser Hinsicht ein.

Der Film von Olivier Lemaire ist voll von Impressionen, die manchmal etwas kleinteilig erscheinen. Doch kommt der Autor seinen Protagonisten erstaunlich nahe und legt dabei schonungslos offen, dass Sinnlichkeit und Freude, aber eben auch Disziplin, Angst und Zweifel für viele Tänzer eng beieinander liegen. Fast nebenbei wird anschaulich erklärt, welche Tanztheorien und Mythen hinter den unterschiedlichen Tanzformen stehen, und welch faszinierende Geschichte sie haben. So entsteht ein sehenswertes Potpourri aus der Welt des Tanzes.

Let's dance!