1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Radio in Zeiten von Spotify und Co.

Medien Radio in Zeiten von Spotify und Co.

Am Sonnabend ist Unesco-Welttag des Radios. Unter jüngeren Hörern hat es der Hörfunk schwer. Ein Blick in die Zukunft.

Von Michel Winde 11.02.2016, 23:01

München/Tübingen (dpa) l Das Radio ist schon viele Tode gestorben. Dinah Washington sang Anfang der 50er Jahre „TV is the thing this year/Radio was great, now, it‘s out of date“. The Buggles behaupteten ein Vierteljahrhundert später „Video killed the Radio Star“ – Bewegtbild galt als größter Konkurrent. Doch das Medium lebt noch immer. Aber ist es noch zeitgemäß?

Heute muss sich das Radio noch ganz anderer Konkurrenz als der des Fernsehers erwehren. Viele Menschen streamen Musik übers Internet. Das Monopol, den passenden Musikmix zu liefern, hat das Radio verloren. Was können die Sender tun, um ihre Bedeutung nicht zu verlieren?

Drei von vier Deutschen hören täglich Radio – ein Wert, der seit Jahren auf ähnlich hohem Niveau ist. Den höchsten Wert – 81 Prozent und mehr – erzielt das Radio bei den 50- bis 69-Jährigen. Bei den 14 bis 29-Jährigen ist die Quote von 2005 bis 2015 um sechs Punkte auf knapp 67 Prozent gesunken. Bislang versuchen viele Sender, junge Menschen mit Präsenz in den sozialen Netzwerken oder Apps fürs Handy zu erreichen. Ob das auch künftig reicht, ist unsicher.

Für die allgemeine Popularität des Radios seien zwei Faktoren entscheidend, sagt der Tübinger Medienwissenschaftler Kiron Patka: zum einen die persönliche Ansprache des Moderators, zum anderen der regionale Service-Charakter. Regenjacke oder Wintermantel? Stau oder freie Fahrt? Solche Kompetenzen könne kein Streamingdienst bieten.

Wie aber lassen sich die bisherigen Hörer halten und junge Hörer hinzugewinnen? Die Münchner Kommunikationswissenschaftlerin Romy Fröhlich und Golo Föllmer, Medienwissenschaftler an der Uni Halle-Wittenberg, sehen die Zukunft in der Individualisierung des Mediums. Einerseits in Sachen Programm, andererseits in Sachen Werbung.

Wer keinen Sport mag, der bekommt beim personalisierten Radio Alternativen geboten. Wer gerne Wortprogramm hört, für den gibt es lange Reportagen und Nachrichtenstücke. Auch eine Taste, mit der Beiträge übersprungen werden können, ist denkbar. Einzelne Versatzstücke, die je nach Hörer verschieden angeordnet sind. Bei den Nachrichten zur vollen Stunde könnte das Programm wieder zusammenlaufen.

Ein Treiber dieser Entwicklung könnte zielgerichtete Werbung sein, die auf die Interessen des Einzelnen abgestimmt wird. In zehn Jahren könnte es Föllmer zufolge soweit sein. Gestorben ist das Radio bis dahin sicher nicht.