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Gartenreich Faszination Aufklärung

Die Österreicherin Brigitte Mang ist neue Herrin über das Gartenreich Dessau-Wörlitz. Im Gespräch mit der Stiftungsdirektorin.

Von Grit Warnat 11.02.2017, 00:01

Frau Mang, Sie haben einen der schönsten Amtssitze in Sachsen-Anhalt.

Brigitte Mang (lacht): Ja. Ich fühle mich sehr wohl hier.

Es war aber sicher nicht dieser Amtssitz, der Sie nach Sachsen-Anhalt zog?

Es war die Vielfalt der Aufgaben der Stiftung und dieser großartigen Kulturlandschaft wie die Pracht der Schlösser und Gärten.

Bei Ihrer Amtseinführung sprachen sie fast schwärmerisch von der Aufklärung, die für dieses Gartenreich steht.

Die Aufklärung hat mich immer historisch, politisch, gesellschaftspolitisch interessiert. Österreich ist über die jahrhundertelange Monarchie absolutistisch geprägt. Das spürt man dort trotz der fast 100 Jahre Republik und Demokratie. Hier hingegen erlebe ich die Aufklärung als große Faszination. Aus England kommend, hat sie sich im heutigen Mitteldeutschland stark verfestigt und verankert. Und sie strahlt aus.

Kannten Sie Dessau-Wörlitz?

Ich war in den vergangenen Jahren einige Male hier und hatte mir alle Schlösser und Gärten angesehen und beruflich gute Kontakte geknüpft.

Sind Sie schon umgezogen?

Ich lebe schon in Dessau.

Mit Ihrem Blick von außen: Welchen Ruf genießt das Gartenreich?

Die Fachwelt kennt es natürlich. Meistens ist der Blick auf das Schloss und den Park Wörlitz gerichtet. Aber dieses Gartenreich umfasst so viel mehr: Luisium, Mosigkau, Oranienbaum, Großkühnau, Sieglitzer Berg. Dieses Gesamtkunstwerk ist nicht so bekannt, ebenso nicht die große Dichte an Welterbestätten in der Region.

Wie wollen Sie das bekannter machen?

Wir als Kulturstätte können zwar für uns alleine etwas gestalten, aber wir müssen Besucher und den Tourismus interessieren, einige Tage hier zu verbringen. Deshalb wollen wir die Region mit ihren Weltkultur- und Naturerbestätten auch in ihrer Vielfalt begreifen. Nur Kultur alleine reicht nicht aus, wir müssen vieles anbieten. Mit den Gemeinden. Mit der Hotellerie. Mit der Gastronomie. Wir benötigen das regionale Miteinander.

Das Bauhaus wird in zwei Jahren 100. Das heißt, Sie setzen auf Kooperation?

Wir wollen mit dem Bauhaus, auch mit Wittenberg und seinen Luthergedenkstätten zusammenarbeiten. Wir haben auch die Chance, 2018 100 Jahre Kulturstiftung begehen zu dürfen. Wir brauchen die internationale Fachwelt hier, wir benötigen aber auch viele Besucher, die sich die Baudenkmale, Museen und denkmalgeschützten Gärten ansehen wollen.

Haben Sie in Wien für Dessau geworben?

Aber ja. Allen österreichischen Kollegen habe ich gesagt, sie müssen mit Zeit kommen, weil es hier mit Blick auf die Aufklärung und die Kultur der Landschaft so viel zu sehen gibt.

Sie waren zwölf Jahre Direktorin der Österreichischen Bundesgärten. Jetzt wechseln Sie nach drei Berufsjahrzehnten nicht nur die Stadt, auch das Land. Warum ist es für Sie, wie Sie sagen, ein Karrieresprung?

Ich hatte in Wien sieben historische Gärten mit 200 Mitarbeitern zu verantworten. Hier leite ich die Stiftung in ihrer Gesamtheit. Wir sind sehr breit aufgestellt, haben bei uns die Wissenschaft, die Forschung, die Projektierung angesiedelt. Ich habe die Zuständigkeit für die Schlösser, Gärten und Museen, den Denkmalschutz, die Land- und Forstwirtschaft wie die Jagd. Diese Gesamtleitung ist ein schöner Karriere­schritt für mich.

In Wien hatte der österreichische Skiverband die Idee, in Schönbrunn eine Weltcup-Abfahrt zu veranstalten. Hier gab es lange Diskussionen um riesige Windräder, die den Welterbestatus gefährdet haben. Gehen wir stiefmütterlich mit unseren Parks und Gärten um?

Vorab zu den Anlagen. Es muss bei allen Veranstaltungen einen hochwertschätzenden Umgang geben. Es geht immer um die Frage, welche Veranstaltung für die Schlösser, für die Gartenarchitektur, für das Gesamtkunstwerk inhaltlich geeignet ist. Es darf kein Schaden entstehen, also muss man klug und strategisch abwägen. Veranstaltungen müssen jedenfalls nachhaltig und sinnvoll sein.

Und außerhalb der Gärten?

Ganz generell muss ich immer prüfen, ob etwas räumlich, gestalterisch, funktionell, ökologisch, im Natur- und im Klimahaushalt wie gegebenenfalls auch akustisch zu einer Veränderung führt. Dann muss man mit den Trägerorganisationen entscheiden: Wo lasse ich kluge Entwicklung zu? Wo muss ich sagen: Pardon, das greift zu stark ein. Dafür stand immer meine Arbeit. Hier wird sich das nicht ändern. Ich bin immer gesprächsbereit, aber in der Sache eilt mit der Ruf voraus, sehr hart zu sein.

Die Windräder werden kleiner gebaut. Ist ein möglicher Welterbe-Titel-Verlust noch Thema?

Wir befinden uns in zum Teil laufenden Verfahren, es gilt, die Ergebnisse abzuwarten.

Das Betriebsklima war eine zeitlang schlecht und angespannt. Sie haben in Ihrer Antrittsrede stark die Mitarbeiter betont. Wie definieren Sie Ihren Stil?

Ich setze auf ein gutes Miteinander. In der Leitungsposition ist man nur dann gut, wenn es im Team gut passt, wenn es im Miteinander gut läuft.

Haben Sie schon einen neuen Verwaltungsleiter?

Das ist ein ebenfalls laufendes Verfahren.

Wenn man aus dem Fenster schaut, denkt man, der Februar ist kein guter Zeitpunkt für eine neue Gartenreichchefin.

Ganz im Gegenteil. Es ist ein guter Zeitpunkt. Im März gehen wir in die neue Saison.

Am 30. März ist Grund zu großer Freude. Das Schloss Wörlitz wird nach einer aufwendigen Sanierung eröffnet. Was bedeutet das Schloss für die Kulturstiftung?

Eine große Besucherattraktion. Besucher können erstmals das ganze Schloss mit allen wunderbaren originalen Interieurs ansehen. Hier ist im Wesentlichen alles original. So einen Landsitz der Aufklärung vom Souterrain bis zum Dach durchschreiten zu können, mit diesem herrlichen Ausblick auf den Park, das ist ein Highlight.