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Kabarett Zwischen Goethe und Pokémon

Im Moritzhof Magdeburg hatte das Kabarett-Programm von Lars Johansen Premiere.

Von Klaus-Peter Voigt 21.08.2016, 23:01

Magdeburg l Mephisto und der große Jedi-Ritter Darth Vader stehen in Magdeburg gemeinsam auf der Bühne – im neuen Soloprogramm des Kabarettisten Lars Johansen. Er zeigt im Moritzhof „Lars wars – Voll drauf“.

Zwei Stunden wird Johansen nicht müde, seine Sichten auf Welt-, Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik darzulegen. Das Tempo fordert den Zuschauer. Nach zwei Vorgängerprogrammen, in denen die Odyssee und die Nibelungen Stichwortgeber waren, nun das deutsche Nationaldrama „Faust“.

Ein wenige Hintergrundwissen war erwünscht, aber keineswegs Pflicht. Eine schnelllebige Zeit fordert den Kabarettisten, der bis zur letzten Minute an den Texten feilte. Der zurückgetretene Landtagspräsident Hardy Peter Güssau bekommt sein Fett weg. Ein Parlament, das fast führungslos durch die Zeiten treibt, fordert zur Häme heraus. Eine „Hardy Davidson“ könne kaum schneller sein, als der Rücktritt erfolgte. Und welchen Stellenwert hätten heute noch Werte, fragt Johansen. Aber es sei doch gut, wenn einstige Strafgefangene beim 1. FC Bayern eine Chance als Präsident erhielten.

Und er teilt im Zwiegespräch seiner beiden Protagonisten nach allen Seiten aus. Wer soll denn nun Kulturhauptstadt werden? Kleinkariert die Debatte, wer der kulturreichste Ort sei. Dafür gebe es in der Landespolitik nun einen eigenen Bildungsminister, der eigentlich nur noch Lehrer einstelle, während der Kulturstaatssekretär einfach nur seinen Posten bekleidet.

Stark wird Johansen immer dann, wenn er in eine andere Rolle schlüpft. Das Soloprogramm lebt von diesen Wechseln, den unterschiedlichen Dialekten, den sich ändernden Themen. Ein herrlicher gealterter 80-jähriger RAF-Terrorist kommt mit der modernen Zeit nicht mehr klar, verzweifelt an Computer und Handys, erkennt die Sinnlosigkeit des Genderwahns, denn man brauche ja heute weibliche und männliche Polizisten in gleicher Zahl. Er überlegt, einen Überfall mit dem Rollator auszuführen.

Und dann ist da Albert Fischer, der Nachbar der verstorbenen Oma. In herrlichstem Hessisch berichtet er aus dem Leben Johann Wolfgang von Goethes. Sein Fazit: Heute lassen die Leute lesen, Hörbücher sind der letzte Schrei. Eine weitere Erkenntnis: Der Meister hat bei den Brüdern Grimm gestohlen. Heinrich und Grete aus dem „Faust“ hätten ihre Wurzeln im Märchen „Hänsel und Gretel“, auch wenn es im Gegensatz dazu bei Goethe für Grete schlecht ausgeht. Johansen denkt selbst an den Pokémon-Wahn. Ein eigener Bundespokémonbeauftragter wird von ihm geschaffen, der feststellt, dass Nintendo und andere Spiele eine deutsche Erfindung seien.

Der Abend wird zum Vergnügen, auch wenn das Lachen durchaus seine ernsten Hintergründe hat. Einziges kleines Manko ist das Wohnzimmer, die kleine Bühne im Moritzhof. Das scheint unvollständig, nur eine Stehlampe schafft keine Atmosphäre. Johansen steht inmitten der aktuellen Kunstausstellung. Irgendwie hätte man sich mehr Flair gewünscht.