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Interview mit der Regisseurin Arila Siegert Die Herrin der zwei Meister

Anlässlich der 22. Magdeburger Telemann-Festtage inszeniert die
renommierte Regisseurin und Choreografin Arila Siegert in der
Landeshauptstadt die Händel-Telemann-Oper OTTO. Für die Volksstimme
sprach Gisela Begrich mit ihr.

11.03.2014, 01:18

Volksstimme: Frau Siegert, den Uneingeweihten verblüfft es, zu hören, dass "OTTO" von Händel und von Telemann stammen soll. Wie ist das zu erklären?
Arila Siegert: In der Barockzeit war es durchaus üblich, dass ein Libretto von unterschiedlichen Komponisten vertont wurde. So griff bereits Händel 1723 für seine Oper "Ottone" auf das Werk eines anderen zurück. Telemann brachte 1726 in Hamburg eine wiederum überarbeitete Fassung der Händel-Oper zur Aufführung, der er eigene Musik hinzufügte. Die Magdeburger werden also ein Pasticcio erleben: Die Arien stammen hauptsächlich von Händel, aber auch von Telemann und anderen Komponisten der Zeit, die Rezitative ausschließlich von Telemann. Solche "Mischformen" machten auch vor der Textfassung nicht halt: Arien sind, wie damals gebräuchlich, italienisch, die Rezitative ließ Telemann in die deutsche Sprache übertragen, denn ihm war wichtig, dass die Zuschauer die Geschichte auch verstehen. Bei unseren Vorstellungen werden zusätzlich Übertitel für die Verständlichkeit sorgen.

Volksstimme: Die Aufführung wird ausnahmslos mit Gästen realisiert. Das betrifft nicht nur die Sänger, sondern sogar das Orchester Auch das verwundert.
Siegert: Die Inszenierung entsteht in Kooperation mit den Telemann-Festtagen. Um die barocke Klangwelt lebendig werden zu lassen, braucht man Spezialisten. Ein Spezialorchester für Alte Musik aus Lothringen das Ensemble Le Concert Lorrain, wird unter Leitung des Cellisten Stephan Schultz auf historischen Instrumenten musizieren. Die Sänger und Sängerinnen sind freischaffende Experten, die die Barockstilistik perfekt beherrschen. Der schöpferische Anteil der Interpreten ist in dieser improvisatorischen Kunst sehr hoch. Sie müssen das Gerüst ausgestalten, das die Komponisten vorgegeben haben.

Volksstimme: Der Plot der Oper dreht sich um die Hochzeit Kaiser Ottos II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophane. Die Handlung erscheint auf den ersten Blick verwirrend.
Siegert: Ein Theaterstück wird doch nur auf dem Theater wirklich deutlich. Erst das Zusammenwirken von Text, Musik, Spiel plus Bühne und Licht macht die Geschichte plastisch. Das ganze Durcheinander von Verwicklungen ist doch unser Leben. Wir sind ja nicht davon verschont. Ich verzichte auf jede Haupt- und Staatsaktion und breche die Charaktere auf. Es geht um unsere Wirklichkeit und das Labyrinth unserer Wünsche und Träume - ein Spiel zwischen den Zeiten. Wichtig ist mir dabei das Tänzerische und Körperbetonte der Musik. Wir wollen mit lebendigem, unmittelbarem Theater die Fantasie anregen und das Aktuelle dieser politischen Satire herausarbeiten.

Volksstimme: Das Geschehen spielt mal am Meer, mal im Thronsaal, mal im Garten. Das Tempo der Szenenwechsel ist rasant. Wie bewältigen Sie das?
Siegert: Pappkulissen kommen für Marie-Luise Strandt, die für Bühne und Kostüme verantwortlich ist, und mich nicht in Frage. Aber wir wollen die Handlung auch nicht in einen Bahnhof oder einen anderen Ort verlegen, der nichts mit der Oper zu tun hat. Wir wollen schon die Geschichte spielen, aber in einer Form, die sehr leicht und schöpferisch ist. Der Maler Helge Leiberg wird im Zuschauerraum sitzen und auf zwei Overheadprojektoren malen. Man sieht also auf der Bühne, was und wie er malt und wie er das Geschehen kommentiert. Er greift in die Szene ein, in jeder Vorstellung neu. Theater ist live! Das werden die Besucher dieser Inszenierung in besonderer Weise spüren.

Termine: 15. März (19.30 Uhr), 16. März (16 Uhr), 21. März (19.30 Uhr), 22. März (19.30 Uhr).