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Neue Ausstellung im Schloss Oranienbaum widmet sich dem Tabakanbau in Anhalt Tabak-Geschichte(n) in privatem Ambiente

Von Helmut Rohm 28.04.2014, 01:35

Es war die niederländische Prinzessin Henriette Catharina, die als Anhalt-Dessauer Fürstin Tabak-anbau und -verarbeitung in Anhalt begründet. Deren Geschichte ist eine neue Dauerausstellung im Schloss Oranienbaum gewidmet.

Oranienbaum-Wörlitz l Da liegen die Handschuhe, stehen die aufgeklappten Koffer. "Bitte schon mal eintreten, ich bin gleich wieder da", scheint er zu sagen, der fiktive Sammler. Im gerade restaurierten nördlichen Pavillon des Schlosses Oranienbaum (Landkreis Wittenberg) lädt in einer neuen Dauerausstellung das "Haus des Sammlers - TabakCollegium" die Besucher ein.

"Wir wollen weg von verstaubter musealer Darstellung und vor allem Geschichten erzählen", sagt Thomas Weiß, Vorstand und Direktor der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, die dieses Projekt in besonderer Weise zusammen mit dem Oranienbaumer Verein Agora und der Stadt Oranienbaum-Wörlitz umgesetzt hat.

"Was hier zu sehen ist, hat seinen Ursprung im Jahr 1693", so Wolfgang König, Vorsitzender des Agora-Vereins, der seit 14 Jahren vor allem die Geschichte von Tabakanbau und -verarbeitung in Oranienbaum und Anhalt erforscht.

1693 erteilte Henriette Catharina, Gemahlin des Fürsten Johann Georg II. von Anhalt-Dessau (1627-1693) und Gründerin von Stadt und Schloss Oranienbaum, einem ersten Oranienbaumer Landwirt das Privileg zum Tabak-anbau. Die Prinzessin aus dem Hause Oranien-Nassau (1637-1708) wusste um die wirtschaftliche Prosperität dieses Anbaus. In ihrer niederländischen Heimat waren Tabak-anbau und -verarbeitung mit großem Erfolg zur Perfektion entwickelt worden.

Die Fürstin selbst soll im Übrigen lieber Tee getrunken als geraucht haben.

Die Region um Oranienbaum war bereits um 1750 bedeutender Tabakproduzent und -exporteur. Die ältesten Tabakfabriken entstehen 1824 und 1828. Höhepunkt sind Ende des 19. Jahrhunderts 24 Fabriken. "Daneben gibt es kleinere Produktionsstätten, meist in den heimischen Wohnzimmern", erzählt Thomas König. 70 tabakverarbeitende Betriebe sind 1927 beim Oranienbaumer Zollamt gemeldet. 800 bis 1000 Zigarren musste eine Tabakrollerin am Tag fertigen, um auf einen entsprechenden Lohn zu kommen, so König.

Viele der jetzt gezeigten Exponate haben die Vereinsmitglieder auf den Oranienbaumer Dachböden gefunden, die nach der Wende bei Renovierungen geöffnet wurden. Das Berliner Gestaltungsbüro gewerk design hat die Ausstellung in einem fiktiven privaten Ambiente inszeniert. Im "Haus des Sammlers" hat jeder der acht Räume ein bestimmtes Thema, laden auch alte Chesterfield-Möbel zum Platznehmen ein. Zum Blick auf Kisten und Dosen, Kontorbücher, Briefe, Fotos, Gerätschaften und vor allem Pfeifenköpfe aus Porzellan, Keramik, Holz oder Horn. Oder in eines der Unikatbücher, die sich mit der Welt des Tabaks beschäftigen.

Die Niederlande schicken sogar die Botschafterin zur Eröffnung

Etwa 100000 Euro sind in die Gestaltung investiert worden, maßgeblich gefördert durch das Investitionsprogramm Unesco-Welterbestätten.

Die Kulturstiftung sieht ihre Verantwortung nicht nur in der Sanierung der historischen Gebäude, sondern auch in ihrer zeitgemäßen Nutzung. Oranienbaum, so Thomas Weiß, biete sich für Projekte wie das TabakCollegium besonders an, "da wir in vielen Räumen kein originales Interieur mehr haben. Wir können hier ganz neue Wege beschreiten".

Oranienbaum wird als besonderer Ort deutsch-niederländischer Beziehungen weiterentwickelt. Das "Haus des Sammlers" ist nach den erfolgreichen Ausstellungen "Dutch Design" 2012 und "Frischer Wind von Oranienbaum - Die Sprache des Fächers" 2013 ein nächster Schritt.

"Es ist das gemeinsame kulturelle Erbe, das uns hier verbindet. Richtig lebendig wird es aber erst durch die gemeinsamen gegenwärtigen Projekte", betont Monique van Daalen, niederländische Botschafterin, bei der Ausstellungseröffnung.

Das Schloss Oranienbaum und das "Haus des Sammlers - TabakCollegium" sind dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr zu besichtigen.