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"Arsen und Spitzenhäubchen" hatte in der Grünen Zitadelle in Magdeburg Premiere Amüsante Inszenierung und in jedem Detail sehenswert

19.02.2011, 04:29

Von Liane Bornholdt

Magdeburg. Es ist die meistgespielte Theaterkomödie, Joseph Kesselrings "Arsen und Spitzenhäubchen", und es ist auch ein guter Griff gewesen, diese auszuwählen für die erste Eigenproduktion des Theaters Grüne Zitadelle in Magdeburg.

Damit ein wirklich vergnüglicher Theaterabend zustande kommt, braucht es Akteure mit viel Sinn für die mitunter recht groteske Komik der Figuren und eine Regie, die mit dem nötigen Ernst auch die subtileren Nuancen auszuloten versteht. Keines von beidem fehlt in dieser Inszenierung.

Wolfgang David Sebastian hat das Stück flott, aber ohne Hektik inszeniert, so dass jeder der zahlreichen Darsteller über den reinen Rollentext und die mitunter rasanten Auf- und Abgänge hinaus gefordert war, die Eigenheiten der Figuren auszuspielen.

Im Mittelpunkt stehen natürlich die beiden Schwestern Tante Aby und Tante Martha, die mit Ingeburg Krabbe (Aby) und Inge Sievers (Martha) genial besetzt sind. Sie sind die personifizierten Liebenswürdigkeiten, voller Hilfsbereitschaft und Mitgefühl und von geradezu ansteckender Unerschrockenheit. Köstlich wie sie von ihren Leichen im Keller berichten, von ihrer Liebe zur Kochkunst, insbesondere der nach außerordentlichen Rezepturen.

Jeder Auftritt der beiden Damen gerät zu einem kleinen Kammerspiel, so als hätte niemand sonst diese Rollen spielen können.

Verhängnisvoller Hang zum Holunderwein

Bekanntermaßen ist es Marthas Holunderwein, dessen Wohlgeschmack eine kaum zu überwindende Anziehungskraft insbesondere auf alleinstehende Männer ausübt. Allerdings ist das Getränk für Pensionsgäste im Hause Brewster streng reserviert.

Neffe Mortimer (Florian Tabor) darf ihn nicht kosten, ebenso wenig wie dessen Braut Elaine (Maja Rodigast). Mortimer ist ein wunderbarer Gegenspieler der Tanten, aufgeregt und unsicher, von feiner Naivität, und Florian Tabor spielt ihn hinreißend sympathisch, nie überzogen.

Aus grobem, aber glänzendem Holz ist der Finsterling Jonathan. Jochen Gehle, wunderbar gruselig geschminkt von Rainer Rau und Jürgen Bach (Maske), und Peter Bruckner als Dr. Einstein geben ein wunderbares Gaunerpärchen, Jonathan groß, grob und laut, Einstein klein, weich und weinerlich mit einem fast verhängnisvollen Hang zur (Holunderwein) Flasche. Deren Zusammenspiel ist Komik vom Feinsten!

Hervorragend auch all die anderen Figuren, etwa die Polizisten, von denen der junge Chris Schulz den Brophy ganz hinreißend eifrig und pflichtbewusst gibt und Dirk Mierau den O’hara als verhinderten Theaterschriftsteller nervig und skurril.

Regisseur Sebastian spielt auch mit als Teddy Brewster. Er spielt überzeugend, auch komisch, aber seiner eigenen Figur hätte er noch ein wenig mehr Schwung geben können. Er bleibt etwas im Schatten der Tanten. Insgesamt eine wunderschöne Aufführung, amüsant vor allem und in jedem Detail sehenswert.