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Kunst in Halberstadt Eine Biennale, Cage und die Zeit

Die zweite MKH Biennale in Halberstadt startet am 26. August. Thema ist die Zeit. Zwölf Künstler haben sich Gedanken gemacht.

Von Grit Warnat 12.08.2016, 01:01

Halberstadt l Es ist fast zehn Jahre her, als der Berliner Peter Funken in Halberstadt das John-Cage-Projekt kennengelernt hat und sich faszinieren ließ von dem äußerst ungewöhnlichen Kunstprojekt, für das der amerikanische Komponist, Philosoph und Literat Cage (1912–1992) der Frage nachgeht, wie langsam ist eigentlich so langsam wie möglich? 639 Jahre soll „As Slow As Possible“ aufgeführt werden, am 5. September sind 15 Jahre geschafft.

Jetzt ist Peter Funken Kurator der zweiten MKH Biennale, die sich Cages Intention um das Hier und Heute und den Blick in die Zukunft angenommen hat.

Zukunft ist für den Berliner Spekulation. Keiner könne vorhersagen, was in einigen Jahren sei, sagt er. „Wir müssen vielmehr die Gegenwart bearbeiten, damit in der Zukunft etwas Sinnvolles passiert.“ Und Gegenwart hängt für den Berliner auch mit Vergangenem zusammen: „Um über die Gegenwart und das, was wir von Zukunft halten, sprechen zu können, muss man sich der Vergangenheit vergewissern. Wenn man die nicht verstanden hat, wird man für die Zukunft blind bleiben.“

„Was wird sein - von jetzt an?“ ist die große Fragestellung und das Motto der zweiten MKH Biennale. Zwölf Künstler haben sich damit auseinandergesetzt, von einigen beobachtet und verfolgt er seit Jahren das künstlerische Schaffen. „Ich habe Künstler ausgesucht, denen ich zugetraut habe, einen spannenden und guten Gedanken zu finden“, sagt der Journalist, Autor und seit vielen Jahren tätige Kurator.

Funken, eingesetzt vom veranstaltenden Verein Monat_Kunst_Halberstadt (MKH), wählte bewusst zwischen jung und alt. Erich Reusch, gebürtiger Wittenberger, Bildhauer, Architekt, lange Jahre an der Düsseldorfer Kunstakademie tätig, wichtiger Künstler der deutschen Bildhauerszene, heute 91 Jahre alt, hat immer wieder mit Raumkonzepten experimentiert. „Mir war klar, dass er einen spannenden Gedanken finden würde“, sagt der Kurator. Mehr verrät er nicht. Er will der Vernissage nichts vorwegnehmen. Auch nur so viel zum belgischen Künstler Peter Puype: Der plane ein Posterprojekt im öffentlichen Raum, das Fragen auslösen soll. Und die Berlinerin Lisa Thiemann, geboren 1981 und damit jüngste Teilnehmerin, die für ihre Arbeiten immer wieder mit unterschiedlichen Materialien spielt, hat sich mit der Umgebung von St. Burchardi befasst.

Herrenhaus und Garten am Burchardikloster bieten Platz für Kunstwerke im Außenraum. Der in Berlin lebende Tobias Hauser, der seit 2011 eine Gastprofessur an der Burg Giebichenstein hat, wird ein im letzten Jahr entstandenes mobiles Werk auf dem Balkon des Herrenhauses präsentieren, eine Art Freiheitsbaum wie er auch in der französischen Revolution als Symbol der Freiheit galt.

Filmemacher, Produzent und Schriftsteller Alexander Kluge, der 1932 in Halberstadt geboren wurde und bereits bei der ersten Biennale vertreten war, greift auf die Vergangenheit zurück und wird sein Mammut-Filmprojekt „Nachrichten aus der ideologischen Antike“ um Sergej Eisenstein, Karl Marx und dessen „Kapital“ vorstellen. Es ist neun Stunden lang und im Wasserturm an der Wernigeröder Straße zu sehen.

„Die Biennale soll zeigen, was zeitgenössiche Kunst vermag“, sagt Funken. Skulptur, Objekt, Video, Installationen, fotografische Arbeiten sind vertreten. „Fast alle Künstler haben etwas ganz Eigenes und Neues zum Thema entwickelt für den Ort und seine Geschichte. Das Engagement der Künstler ist groß gewesen“, lobt der Kurator.

Hat eine Biennale in Halberstadt Zukunft? „Aber ja“, sagt Funken voller Überzeugung. Halberstadt sei bekannt für seinen gotischen Dom und seine mittelalterlichen Zeugnisse, die den Krieg überlebt haben. Halberstadt stehe ebenso für eine moderne Innenstadt. Da korrespondiere eine modern ausgerichtete Ausstellung bestens, so Funken. Aber an einer Biennale müsse man arbeiten. „Wenn sie sich gut entwickelt, bringt sie die Stadt ins Gespräch.“

700 Besucher zählte der MKH Verein zur Biennale-Premiere 2014. Es dürfen mehr werden.

MKH Biennale vom 26. August bis 30. September im Herrenhaus bei St. Burchardi, in der Moses-Mendelssohn-Akademie, im Wassertum und in der Halberstädter Innenstadt.