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Schulz-Bart und Trump-Schlips - Politiker und die Optik

Jahrelang waren Merkels Frisur und ihre Mundwinkel Stoff fürs Kabarett. Jetzt sind die Männer in der Politik dran: Soll Martin Schulz seinen Bart behalten? Und was ist mit Trumps Krawatte?

Von Caroline Bock, dpa 17.02.2017, 09:22

Berlin (dpa) - Martin Schulz wird in diesen Tagen mit einer haarigen Forderung konfrontiert: Der Bart muss ab. "Sie wollen das Gesicht Deutschlands werden, mit diesem ausgefransten Teppich im Gesicht. Warum rasieren Sie sich nicht?", fragt "Bild"-Kolumnist Franz Josef Wagner.

Auch der Berliner Promi-Friseur Udo Walz ist bei dem SPD-Kanzlerkandidaten im Anti-Bart-Lager. "Weil das jünger aussieht, gepflegter. Das würde ihm helfen", sagt Walz.

Jahrelang waren Angela Merkels Frisur und ihre Mundwinkel Stoff fürs Kabarett. Wahrscheinlich wurde bei ihr besonders viel auf das Äußere geachtet, weil sie die erste Frau im Kanzleramt ist. Nach elf Jahren mit ihr ist ein Gewöhnungseffekt eingetreten. Die Deutschen kennen Merkel und ihre Blazer. Die Aufregung um ihr tiefes Dekolleté bei einem Opernbesuch ist jetzt schon ein paar Jahre her.

Auch bei den Männern wird manchmal gelästert. Helmut Kohl war die "Birne" mit Strickjacke, Frank-Walter Steinmeier früher wegen seiner Brille die "Eule". Bei Joschka Fischer, Sigmar Gabriel und Peter Altmaier wird geschaut, ob der Anzug gerade straff oder locker sitzt. Der FDP-Chef Christian Lindner bekam von CDU-Generalsekretär Peter Tauber zu hören, er trage überteuerte Maßanzüge.

Kanada hat mit Justin Trudeau, gerade in Berlin zu Gast, einen so attraktiven Premier, dass das Internet an manchen Tagen durchdreht. Die Grünen können mit ihrem Schleswig-Holsteiner Robert Habeck punkten: "Den Leuten fällt natürlich auf, dass Habeck gut aussieht", hieß es in der Partei. Die SPD kann mit Justizminister Heiko Maas dagegen halten. Das Stil-Magazin "GQ" kürte ihn 2016 zum bestangezogenen Mann Deutschlands. Die Hoffnung: "Möge sein Beispiel im Bundestag Schule machen."

Bei den Männern wird das Äußere jetzt häufiger zum Thema, wie der Berliner Kommunikationswissenschaftler Joachim Trebbe sagt. Bei Bemerkungen über die Kleidung von Frauen sieht Trebbe inzwischen vergleichsweise mehr Zurückhaltung. "Hier gibt es mehr journalistische Sensibilität und Angst vor dem feministischen Shitstorm."

"Man guckt bei den Männern zwar mehr auf Äußerlichkeiten als früher, aber nach wie vor nicht mit der Gehässigkeit wie bei Frauen", sagt der Mode-Experte und Autor Bernhard Roetzel ("Der Gentleman"). Männern in der Politik werde paradoxerweise angelastet, wenn sie zu gut angezogen seien. Das sei den Deutschen verdächtig, sagt Roetzel. Diese Entwicklung habe 1998 mit Gerhard Schröder, dem "Kaschmir-Kanzler", begonnen. Diesem wurde seine edle Garderobe angekreidet. Was Roetzel als Unsitte bei deutschen Politikern auffällt: Die Älteren tragen grundsätzlich zu weite Anzüge, die Jungen zu enge. "Die Politiker sind in der Regel so schlecht angezogen wie ihre Wähler." Eine der löblichen Ausnahmen war für ihn Richard von Weizsäcker, von 1984 bis 1994 deutsches Staatsoberhaupt. Seitdem habe es keinen gut angezogenen Bundespräsidenten mehr gegeben, sagt Roetzel. Und Donald Trump? Der Düsseldorfer Karnevalswagenbauer Jacques Tilly nannte ihn mal ein "Göttergeschenk für Karikaturisten". Das Internet und die US-Fernsehshows sind voller Witze und Parodien, etwa von Alec Baldwin. Der neue US-Präsident ist als Kostüm leicht nachzumachen. Eine blonde Perücke und eine extralange rote Krawatte reichen. Roetzel macht beim allgemeinen Trump-Lästern nicht mit. "Trump wird zu hart kritisiert." Der Republikaner pflegt demnach seit den 80er Jahren den New Yorker Business-Look, das "Power Dressing". Auch heute seien die Anzüge bei amerikanischen Männern etwas weiter geschnitten. Trumps Krawatte sei zu lang, ja. Aber wenigstens sei sie mit einem halben Windsor-Knoten ordentlich gebunden. Und Schulz? Der sei "okay" angezogen - besser als Gabriel vom Gesamtstil her und auch besser als Merkel. Bei Schulz' Garderobe sei aber nichts spannend. Man merke ihm an, dass ihm die Ausstrahlung relativ wurscht sei, sagt Roetzel. "Schulz sieht aus wie ein deutscher Politiker."

Die Bart-Frage? Die hat bereits SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann beantwortet. Er findet: Schulz sollte nicht auf die Bart-Gegner hören. "Ich rate ab. Martin Schulz sollte so bleiben, wie er ist."