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Hilfsprojekt Wo Nomaden mit Rindern Schulgarten plündern

Menschen aus Kirchengemeinden in Biederitz und Magdeburg betreuen seit 1999 eine Schule in Ghana.

Von Falk Heidel 06.10.2016, 01:01

Biederitz/Bamboi l Ghana – ein westafrikanisches Land so groß wie die Bundesrepublik vor der Wende. Die meisten der 27 Millionen Menschen wohnen im Süden rund um die Hauptstadt Accra (zwei Millionen). Das Land exportiert Gold und Hartholz nach Europa. Der Norden besteht aus Savanne und Steppe. Im Gegensatz zum Süden gibt es hier keine zentrale Stromversorgung. In der Mitte liegt Bamboi.

Diese Stadt mit ihren 5000 Einwohnern beherbergt eine für afrikanische Verhältnisse ungewöhnliche Berufsschule. Die Geschichte der „St. Anthony of Padua Senior Technical High School“, so der offizielle Name der Schule, mit den Wurzeln im Jerichower Land, begann vor 17 Jahren“, erzählt Pater Clemens im Volksstimme-Gespräch: „Die Schule mit besonderer Mädchenförderung und Internat bildet junge Menschen vier Jahre lang aus, vergleichbar mit einem Berufsabschluss mit Abitur“, sagt Pater Clemens.

Rückblick: 1999 startete eine erste Erkundungsgruppe von Magdeburg nach Ghana. Auf den Weg gemacht hatten sich Rainer Aumann, Andreas Fischer, Dr. Axel Hentschel, Peter von Pokrzwynicki und Pater Clemens, um eine Partnerschaft mit einer dortigen Pfarrei einzugehen. Entstehen sollte ein ganz konkretes Hilfsprojekt. Bei der Partnerschaft entschieden sich die Katholiken aus Sachsen-Anhalt für die Pfarrei St. Anthony of Padua in Bamboi, am großen Fluss namens Schwarze Volta.

Über Sternsingen und Hungermärsche, Pfarrfeste und Eventspenden, Zahngoldsammlungen und Hochzeits-Kollekten kamen die ersten 300 000 Euro zusammen. 2005 sind die ersten Gebäude fertig. Der Unterricht beginnt. Inzwischen ist die Schule auf 160 Schüler angewachsen. Das Schulgelände ist so groß wie ein Fußball-Stadion. Es gibt drei Unterrichtsgebäude, drei Internatshäuser für Mädchen und einen Internatstrakt für Jungen. Dazu gehört ein Wohngebäude für Lehrer, Toiletten und Waschräume, ein Stall für Schweine und Ziegen und eine Lehrküche im Rohbau. „Mit ihrer Ausbildung zu Köchen beziehungsweise Restaurant-Fachleuten haben die jungen Menschen beste Aussichten auf dem Arbeitsmarkt ihres Landes im Tourismus-Sektor“, sagt Pater Clemens.

2012 wird die Schule staatlich anerkannt. Bedeutet, dass der Staat jetzt die Lehrergehälter und die laufenden Kosten bezahlt. Aktuell war der Ghana-Arbeitskreis von St. Augustinos zehn Tage lang in Bamboi. Dazu gehören die Gemeinden St. Petri und St. Andreas in Magdeburg sowie Heilig Kreuz Biederitz. Mittlerweile stehen die nächsten Schritte für die Entwicklung dieser Schule fest.

„Größtes Problem der Schule ist die fehlende Schulspeisung.“

Prof. Dr. Clemens Dölken, Pater

Größtes Problem der Schule ist die fehlende Schulspeisung. Bis zum Dorf, wo man leicht Essen kaufen könnte, sind es zwei Kilometer. Der ghanaische Staat hat ein Sonderprogramm für den armen Norden aufgelegt: Jeder Schule, die selbst eine Mahlzeit pro Tag aufbringt, bekommt zwei weitere finanziert. Die Idee: Eine Schulfarm auf dem Gelände mit Mais, Jam-Wurzeln, Kochbananen, Bohnen, Hirse und anderes Gemüse.

„Das ist aber nicht möglich, weil Nomaden mit Rinderherden regelmäßig durch die Gegend ziehen, die Anpflanzungen abfressen, ja sogar Wasserleitungen zerstören“, erzählt Rainer Aumann aus Möser, der wiederum zur Ghana-Reisegruppe gehörte. Deshalb soll ein Zaun um das gesamte Gelände gezogen werden. Zum Schutz gegen Skorpione und Schlangen soll der Zaun aus einem Sockel und Maschendraht bestehen.

Die Schüler sollen in dieser Schulfarm mithelfen und auf diese Weise moderne Anbaumethoden kennenlernen. Pater Clemems: „Die meisten kommen ohnehin von einem Bauernhof und sind mit Feldarbeit vertraut. Dieser Zaun wird laut Schätzungen 80 000 Euro kosten. Er sichert das Eigentum an Grund und Boden, weil im Norden Ghanas immer mehr wilde Siedler auf fremdem Grund bauen. „Damit ist unser Projekt für den Hungermarsch am 5. November und darüber hinaus klar – Schulfarm für Ghana“, erzählt Pater Clemens, korrekt Prof. Dr. Clemens Dölken.