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Gericht Gefängnis für Wiederholungstäter

Ein 24-Jähriger aus der Einheitsgemeinde Kalbe, der immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt gerät, muss nun ins Gefängnis.

Von Gesine Biermann 22.05.2016, 03:00

Kalbe/Gardelegen l Eigentlich ist das Ganze eher ein Familiendrama, in dem sich Vater, Mutter und Sohn vor einigen Tagen gemeinsam im Gerichtssaal wiederfinden. Vorgeladen sind sie aber nicht im Familiengericht, sondern in einem Strafprozess. Und es ist auch nicht ihr erster gemeinsamer Termin. Erst vor gut einem Jahr war der mehrfach vorbestrafte Junior hier im selben Saal vom selben Richter zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt worden. Grund: Er hatte seine Mutter im Streit verletzt und bedroht. Der junge Mann war permanent, meist im betrunkenen Zustand, mit den Eltern aneinandergeraten.

Die Eheleute hatten den mittlerweile 24-jährigen Dauerarbeitslosen daraufhin offenbar per einstweiliger Verfügung aus ihrem Haus verbannen lassen. Ihm war unter Strafandrohung untersagt worden, sich diesem auf weniger als 15 Meter zu nähern oder gar die Räume seiner Eltern zu betreten. Lediglich einen Schuppen auf dem Grundstück durfte er nutzen. Weil der aber keinen Stromanschluss hat, stieg er in einer Novembernacht des vergangenen Jahres doch ins Haus der Eltern ein, um die Sicherung reinzudrehen. „Zu dem Zeitpunkt ging‘s mir völlig dreckig und ich wollte Musik hören“, lautete seine Begründung. Auch dass er ein weiteres Mal im Haus war, während sich die Eltern im Urlaub befanden, gab der junge Mann zu. Er habe nur einige Sachen holen wollen, die ihm gehörten. Und da ihn Mutter und Vater „da ja nicht mehr reinlassen wollten“, sei er eben eingestiegen.

Was sich für andere Eltern seltsam anhören mag, hat im Fall der Familie, die in einem Kalbenser Ortsteil wohnt, einen nachvollziehbaren Hintergrund und eine lange Geschichte. Denn schon vor seinem 16. Geburtstag geriet der Sohn ständig mit dem Gesetz in Konflikt. Mehrfach wurde er als Jugendlicher verurteilt, unter anderem wegen Körperverletzung oder Sachbeschädigung. Auch im Haus der eigenen Eltern ging in der Vergangenheit viel zu Bruch.

Doch nun sei er tatsächlich im Begriff, sein Leben zu ordnen, versichert der Angeklagte Richter Axel Bormann. Er habe jetzt eine Freundin, bei der er wohne, „und ich krieg´ alles auf die Reihe“. Angesichts des ungepflegten Äußeren – Frage: „Wann haben Sie denn zum letzten Mal eine Dusche gesehen?“ – hat Bormann da aber seine Zweifel. Auch dass er lediglich den Vornamen der Freundin nennen kann, die im Raum Salzwedel lebt – „irgendwas Rumänisches“ –, gibt dem Richter zu denken. Zudem hat der 24-Jährige genau am Tag zuvor den Termin einer weiteren Verhandlung im Amtsgericht Salzwedel versäumt. Angeklagt war er dort – wieder einmal – wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Die Ausrede fürs Fernbleiben: „Ich habe keine Uhr.“

In solchen Fällen eine gute Sozialprognose zu erkennen, ist schwierig genug. Die Aussage des Vaters, der als Zeuge geladen ist, gibt dann aber wohl den Ausschlag für das Urteil, das Bormann am Ende fällt. Denn obwohl der Senior dem Sohn auch gute Eigenschaften bescheinigt – er könne zum Beispiel auch hilfsbereit sein –, macht ihm doch der Alkoholkonsum große Sorgen. „Und der hat eher zugenommen als abgenommen.“ „Es macht mich traurig, wie wir über Sie reden“, wendet sich Bormann an den Angeklagten. Aber leider könne er wenig sehen, was für ihn spreche. Die Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten, die die Staatsanwältin zur Bewährung aussetzen wollte, muss der junge Mann nun absitzen. „Es ist Ende im Gelände“, findet Bormann. „Es interessiert Sie nicht, welche Probleme Sie mit Ihren Eltern haben, Sie halten sich an keinerlei Absprachen. Sie haben mit 24 Jahren nichts gelernt. Ich sehe für Sie keine Chance durch eine Bewährung.“ Vielleicht, so Bormann, werde dem jungen Mann im Gefängnis manches klarer.