Abwasser Noch keine Klarheit

Die Verbandsversammlung des TAV Genthin verschob die Entscheidung über den Nachtrag zum Wirtschaftsplan auf 2018.

Von Simone Pötschke 13.07.2017, 01:01

Genthin l Weichenstellung für die Zukunft der Abwasserreinigung im Einzugsbereich Genthin: Zum einen hatten die Mitglieder der Verbandsversammlung am Dienstag über einen Einleitvertrag für einen Übergangszeitraum von neun Jahren zwischen dem TAV Genthin und der Firma ReFood zu befinden, nachdem ReFood einen bestehenden Vertrag im Januar 2016 überraschend gekündigt hatte.

Zum anderen war für die Verbandsmitglieder darüber zu entscheiden, ob über einen Haushaltsnachtrag 2017 die ersten Gelder für eine Variantenuntersuchung bereitgestellt werden, das ergebnisoffen den Bau einer kommunalen Kläranlage oder die Vergabe der Leistung der Abwasserreinigung an einen Dritten abbildet. TAV-Geschäftsführerin Loretta Kablitz verwies darauf, dass die Vertragsverhandlungen unter Einbeziehung des sachsen-anhaltischen Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie erfolgten. Dazu wurde vom Ministerium ein Zeitplan von 110 Monaten von der Planung bis zur Inbetriebnahme einer möglichen kommunalen Kläranlage vorgegeben. Nur im Rahmen dieses Übergangszeitraumes ist auch der Abschluss eines befristeten Vertrages mit ReFood ohne Verstoß gegen das Vergaberecht möglich.

Das Ministerium fungierte seit Frühjahr diesen Jahres bei den Verhandlungen zwischen Vertretern des TAV, ReFood und der Bürgermeister aller Kommunen, die der Verbandsversammlung angehören, als Mediator. Als Vermittler erzielte es darüber Konsens aller Gesprächsteilnehmer, dass in Vorbereitung einer Entscheidung, ob der TAV eine kommunale Kläranlage baut oder nicht, umfangreiche Untersuchungen angestellt werden und am Ende eine verlässliche Wirtschaftlichkeitsprüfung steht. Dazu, machte Loretta Kablitz klar, sei die Hinzunahme eines Ingenieurbüros unerlässlich. 100 000 Euro sollten in den Haushalt 2017 noch dafür eingestellt werden. Allerdings, darauf machte Bernd Kremkau, Technischer Leiter, aufmerksam, ohne das Volumen des Haushaltsplanes zu ändern. Ausgaben könnten dafür an anderer Stelle eingespart werden.

Bürgermeister Barz hatte während der letzten Genthiner Stadtratssitzung geäußert, dass das neue Gutachten im Nachtrag zum Haushaltsplan 2017 „befremdlich“ auf ihn wirke. Gegenüber Volksstimme sagte Barz gestern, dass die bereits vom TAV vorgelegte Regiekostenrechnung und die bisherige Planung für eine neue Kläranlage auf falschen Annahmen beruht hätten. Der Bürgermeister präferiert die Erstellung eines Gutachtens erst mit dem Abschluss des Einleitungsvertrages zwischen ReFood und dem TAV. Er gab zu bedenken, dass das Ministerium mindestens 110 Monate für eine neue Kläranlage veranschlage.

Auch Geschäftsführerin Loretta Kablitz verwies darauf, dass der Zeitfaktor zu einer Entscheidung drängt. „Wir müssen beginnen, weil die Übergangsfrist ihren Anfang genommen hat, es darf jetzt nicht viel Zeit vergehen.“

Daraufhin informierte der TAV-Vertreter der Stadt Genthin, Klaus Voth, die Verbandsversammlung darüber, dass sich der Stadtrat mehrheitlich für den Einleitvertrag, aber gegen den Nachtrag zum Wirtschaftsplan 2017 zur Variantenuntersuchung entschieden habe. Bernd Kremkau verwies darauf, dass die Entscheidung für die Variantenuntersuchung auf der Grundlage von Abstimmungen mit den Oberen Wasserbehörden erfolgt sei. „Ich würde das Genthiner Votum so sehen, dass jetzt noch keine Entscheidung fällt, aber im Wirtschaftsplan für das Jahr 2018. Die Pflöcke sind abgesteckt.“ Klaus Voth erklärte, dass er es für gut hielte, wenn die Mitglieder trotz unterschiedlicher Auffassungen heute einstimmig aus der Verbandsversammlung rausgehen. Er sprach sich auch dafür aus, zu diesem Thema im Stadtrat Loretta Kablitz über Zusammenhänge zu Wort kommen zu lassen. Möglicherweise sei in der vergangenen Stadtratssitzung niemand anwesend gewesen, der fundiert Auskunft zu dem Thema hätte geben können, so dass es zu dem ablehnenden Beschluss gekommen sei. Voth machte nochmals Druck: „Es handelt sich um solch eine entscheidende Sache für die Stadt, für die man sogar eine Sondersitzung einberufen sollte.“ Über Jahrzehnte wird damit in der Region über die Gebührenentwicklung beim Abwasser entschieden.

Ute Lichtenberg, Vertreterin der Stadt Jerichow, wurde an dieser Stelle etwas ungehalten: „Wir reden und reden und kommen einfach nicht aus den Puschen.“ Auch in Möckern, sagte Cornelia Vietmeyer, wolle man den Nachtrag für dieses Jahr ablehnen, aber es bestehe die Option, die Kosten für die Variantenuntersuchung mit in den Haushaltsplan für das nächste Jahr zu übernehmen. Auch die Vertreterin Möckerns stellte heraus, dass ein Ja zur Variantenuntersuchung „bei weitem keine Entscheidung vorwegnehme. „Ich glaube, in Genthin wird nicht richtig kommuniziert“, sagte sie. Loretta Kablitz ergänzte an dieser Stelle, dass auch Bürgermeister Thomas Barz bei dem Gespräch im Ministerium, bei dem Zeitplan vorgestellt wurde, anwesend gewesen sei und keinen Widerspruch angemeldet habe.

Gerald Buhl, Vertreter der Gemeinde Elbe-Parey und Vorsitzender der Verbandsversammlung, der von seiner Kommune mit einem Ja bei der Abstimmung für den Nachtragshaushalt ausgestattet war, sagte, dass er sich in einem sich abzeichnenden 16 zu 16 Stimmen-Verhältnis zwischen Baum und Borke fühle. Bernd Kremkau appellierte daraufhin an die Verbandsversammlung, dass man auf der Grundlage des Genthiner Beschlusses nicht zu einer Entscheidung kommen könne. „Zur Friedenswahrung solle man die Beschlussfassung von der Tagesordnung nehmen und sie in der Wirtschaftsplanung 2018 erneut zu beraten“, wozu sich auch die Verbandsversammlung einstimmig bekannte.

Bei der Abstimmung der Verbandsversammlung zum Einleitungsvertrag mit ReFood ging es zwar harmonischer zu, doch hier bleiben Fragezeichen. Die Verbandsversammlung legitimierte die TAV-Geschäftsführerin lediglich, den Vertrag mit einem Entgelt über 1.31 Euro pro Kubikmeter (netto), jetzt 1,06 €/m³ (netto), zu unterzeichnen. Alles was darüber hinausgeht, etwa die nun von ReFood geforderte Preisgleitklausel, differenzierte Kosten für Klärschlamm, Mengen- und Frachtbegrenzungen, ist die Geschäftsführerin nicht ermächtigt worden zu unterschreiben. Eine von der Verbandsgeschäftsführerin vorgestellte Kalkulation hat ergeben, dass die Erhöhung des an ReFood zu zahlenden Entgeltes für die Abwasserreinigung ab 2018 eine Erhöhung der Abwassergebühr um 0,27 €/m³ nach sich zieht.