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Ausstellung Auf Spurensuche im Bildungswesen

Zu Besuch im Rochow-Museum in Reckahn waren kürzlich Genthiner Gäste, um ein neues Projekt vorzubereiten.

Von Mike Fleske 08.08.2016, 01:01

Reckahn l Mit der Schulgeschichte Genthins und der Region beschäftigen sich derzeit die Mitglieder des Fördervereins Genthiner Stadtgeschichte. „Entstehen soll eine Sonderausstellung über die Geschichte von Bildung und Schulen in unserer Region“, erläutert die Fördervereinsvorsitzende Lisa Wolf. Einst gab es in Genthin und Umgebung ganz unterschiedliche Bildungseinrichtungen, von der Dorfschule, der städtischen Knaben- und Mädchenschulen, über das Lehrerseminar bis zu den Berufsschulen. Grundlagen für die Recherche zum Thema bilden nicht nur Quellen aus der Genthiner Region. „Wir waren vor kurzem in Reckahn und haben uns im Schulmuseum und im Rochow-Museum über die Entwicklung von Bildung und des Unterrichts informiert“, so Wolf.

„Besonders die Verbesserung der Lehrerfortbildung im frühen 19. Jahrhundert ging von der Landesschulreform in Brandenburg aus, die dort ab 1810 entstandenen Schullehrer- und Konferenzgesellschaften hatten Auswirkungen auf unser Gebiet.“ Diese Konferenzgesellschaften, die es unter anderem in Genthin, Burg und Parey gab, waren so etwas wie Vorläufer der großen preußischen Lehrerseminare, in der die Volksschullehrer ab dem 19. Jahrhundert ausgebildet wurden. Ausgangspunkt für ein neues Denken im Bildungswesen war aber die Arbeit des Pädagogen und Bildungsreformers Friedrich Eberhard von Rochow (1734 – 1805).

Er wollte die Bildung der Landbevölkerung verbessern, ganz nach seinem Motto: „Jeder braucht Bildung“. So gründete Rochow 1773 bei seinem Gut in Reckahn, etwa zehn Kilometer von Brandenburg an der Havel entfernt, eine Dorfschule, die 1774 ein eigenes Schulgebäude erhielt und bald Musterschule für ähnliche Anstalten wurde. August 2001 erinnert die Dauerausstellung „Vernunft fürs Volk“ im Reckahner Schloss an die Vorläufer des modernen Bildungssystems. Das von ihm verfasste SchSeitulbuch „Der Kinderfreund“, war Grundlage für den Unterricht in der Dorfschule und wurde in vielen anderen Landschulen übernommen.

Während einer Feierstunde wurde gestern die Sonderausstellung über 15 Jahre Rochow-Museum eröffnet. Bis zum 10. September wird diese zu sehen sein. Hier lässt sich nachvollziehen, wie das Museum in den vergangenen Jahren gewachsen ist. Von anfänglich 4000 ist die Zahl der Besucher auf mittlerweile 10 000 gestiegen. Getragen wird das Museum durch den Förderverein „Historisches Reckahn“ und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark. Von einem Gedächtnisort von nationaler Bedeutung sprach die Museumleiterin Silke Siebrecht-Grabig kürzlich im Hinblick auf das 15-jährige Bestehen. Dokumentiert werden nicht nur Rochows Einflüsse auf ein neues Bildungswesen, sondern auch sein Wirken als Agrarreformer.

„Als erster Direktor der 1791 von ihm mitbegründeten Märkischen Ökonomischen Gesellschaft zu Potsdam war Rochow maßgeblich an der Verbesserung der Agrarstruktur und des Untertanenrechts bereits 40 Jahre vor den preußischen Reformen beteiligt“, schreibt das Museum auf seiner Internetseite. Auch die Freundschaften von Rochows mit den Denkern und Dichtern seiner Zeit, etwa Christian Fürchtegott Gellert oder Johann Wilhelm Ludwig Gleim, zeigt das Museum.

Eine weitere Besonderheit ist die Toninszenierung. „Das aufgeklärte Gespräch“, die Rochow, seine Frau Christiane Louise (1734-1808), den Fürsten Leopold III., Friedrich-Franz von Anhalt-Dessau (1740-1817) und Minister Karl Abraham von Zedlitz (1731-1793) zu einem aus historischen Quellen entwickelten Dialog in einer akustischen Vorführung versammeln. Das Museum wird in den kommenden Jahren weiter aufgewertet. Für insgesamt 2,5 Millionen Euro soll das benachbarte Herrenhaus saniert werden. Entstehen soll ein Gästehaus mit Übernachtsmöglichkeiten und Kulturzentrum. Die Kosten werden etwa zur Hälfte vom Bund und von der Gemeinde Kloster Lehnin getragen.