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Stadtgrün Aggressiver Pilz zerstört Bäume

Viele Bäume in Halberstadt müssen gefällt werden. Schuld sind aggressive Pilze und eine Laus.

Von Sabine Scholz 16.10.2015, 01:01

Halberstadt.  Es sind nüchterne Zahlen, die die Abteilung Stadtgrün den Abgeordneten im September vorlegte. Allein im Juli und August waren bei der Stadtverwaltung 203 Rodungsanträge eingegangen. „Bis 12. September sind es jetzt 519 solcher Anträge, die uns vorliegen“, sagt Robert Truthmann auf Volksstimme-Nachfrage. Der Mitarbeiter in der Abteilung Stadtgrün ist so etwas wie der Hüter der Bäume. Gemeinsam mit Abteilungsleiterin Roswitha Hutfilz hat er das Wohlergehen der Stadtbäume im Blick.

Dass die Zahl der Rodungsanträge in diesem Jahr besonders hoch ist, belegt ein Blick auf die Vorjahreszahl. 2014 wurden im gesamten Jahr 495 Rodungsgenehmigungen erteilt, im Jahr 2013 lag die Zahl sogar nur bei 304. Warum der Bedarf an Baumfällungen in diesem Jahr besonders groß ist, erklären die beiden Fachleuten mit drei Worten: „Brandkrustenpilz und Sitkafichtenlaus.“

Während letztere, wie der Name schon sagt, vor allem in Fichten, besonders gerne in den bei vielen Menschen so beliebten Blaufichten, ihr Unwesen treibt, greift der Brandkrustenpilz vor allem Linden an, aber auch Kastanien und andere Laubbäume fallen ihm zum Opfer.

„Stadtbäume stehen ohnehin meist unter Stress“, sagt Roswitha Hutfilz. „Sie müssen oft mit zu wenig Wurzelraum klar kommen, sie leiden unter der Behandlung der Straßen mit Salzlaugen im Winter. Auch Trockenheit ist oft ein Problem“, ergänzt Truthmann. Trockene, warme Winter beflügeln auch die Vermehrung der Sitkafichtenlaus, die die Nadeln der Fichten befällt. Während der neue Trieb nicht angegriffen wird, verlieren die Äste dahinter ihre Nadeln. Der Baum wird kahl und sieht wie gerupft aus. Zudem entwickelt er nur noch geringe Zuwächse und im Extremfall stirbt er ab. „Unsere Baumschutzsatzung regelt klar, wann ein Baum gefällt werden darf. Ein kranker Baum ist ein Grund, dem wir zustimmen“, sagt Hutfilz.

Die Laus ist in Mitteleuropa in den vergangenen Jahren heimisch geworden, als eine Folge klimatischer Veränderungen. Relativ neu ist auch, dass die Baumsachverständigen ein anderes Lebewesen mehr und mehr in den Fokus nehmen: den Brandkrustenpilz.

Ist ein Baum von diesem aggressiven Pilz befallen, erscheinen am Stamm meist nur vergleichsweise kleine, schwarz-grau verfärbte Stellen. „Aber der Pilz ist wurzelbürtig. Er braucht nur kleinste Verletzungen des Wurzelwerks oder einen kleinen Schaden an der Rinde, um in das Holz vorzudringen“, erklärt Robert Truthmann. Und während man von außen wenig sieht, leistet er im Inneren ganze Arbeit. „Ein befallener Baum ist rasch in seiner Standsicherheit gefährdet, er kann ohne Vorwarnung umfallen.“ Auch wenn gesunde Bäume versuchen, sich gegen den Pilz zu wehren – letztlich siegt der Pilz.

Die Bäume der Stadt werden jedes Jahr kontrolliert, jede Woche ist Robert Truthmann in einem anderen Stadtviertel auf Achse, dokumentiert den Zustand, vermerkt Veränderungen. „Dann behalten wir die Bäume besonders im Blick“, sagt Roswitha Hutzfilz, „vor allem wenn es um die Sicherheit von Passanten geht.“