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Sanierung Sorgen um den „Bunten Hof“

Das Modellprojekt „Bunter Hof“ ist umstritten. Erstmals kommt jetzt Kritik aus der Kernstadt selbst.

Von Mario Heinicke 07.10.2016, 10:00

Osterwieck l Eines stellt Osterwiecks Ortsbürgermeister Ulrich Simons (CDU) im Volksstimme-Gespräch voran: „Ich möchte nicht in den Chor der Kritiker des ’Bunten Hofs’ einstimmen.“ Er stehe zu dem Bauvorhaben, für das er vor sieben Jahren im Stadtrat seine Stimme gab.

Doch ihn treiben jetzt Sorgen und Zweifel um. Zum einen, dass das Sanierungsvorhaben nicht wie geplant bis zum 18. November fertig wird. Zum anderen, dass für mögliche Baumängel keine Gewährleistung besteht. Seine Bedenken und eine Reihe Fragen hat Simons diese Woche an Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (Buko) in einem Schreiben übermittelt.

Es gibt eine Vorgeschichte. Auf der Osterwiecker Ortschaftsratssitzung am 8. September waren vom Abgeordneten Frank Meuche (IGO) für ihn offensichtliche Baumängel am „Bunten Hof“ angesprochen worden. Angedeutet im öffentlichen Sitzungsteil, Klartext wurde dann später ohne Publikum gesprochen.

Simons setzte daraufhin am Folgetag die Bürgermeisterin von den Kritikpunkten in Kenntnis. Um die Probleme zu klären und Fragen zu beantworten, hatte daraufhin Claudia Hennrich, die Geschäftsführerin des Deutschen Fachwerkzentrums, das die Modernisierung des „Bunten Hof“ federführend betreut, die Mitglieder des Ortschaftsrates für den 26. September zu einem Gespräch auf der Baustelle eingeladen. Auch Vertreter bauausführender Firmen sowie von Behörden waren bei diesem internen Treffen dabei.

Dort „wurde auch nach der Gewährleistung von Mängeln gefragt“, schreibt Ortsbürgermeister Simons nun an die Stadtchefin, die übrigens auch am Vor-Ort-Termin teilnahm. „Die Antwort von Frau Hennrich lautete, dass die jeweiligen Baufirmen dafür zuständig sind. Von einer Gewährleistung durch das Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg wurde nichts erwähnt.“

Hintergrund sind die Bildungsseminare, die im „Bunten Hof“ veranstaltet wurden und die Frage, ob für diese Arbeiten ebenfalls eine Gewährleistung gegenüber der Stadt als Bauherrn besteht.

„Hier ergibt sich im Nachhinein die Frage, welche vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Stadtverwaltung und dem Fachwerkzentrum bestehen“, schreibt Simons. Denn beim Grundsatzbeschluss zur Sanierung des „Bunten Hofs“ am 19. August 2010 hätte es keinerlei Anlagen gegeben. Daher beantrage Simons nun „unverzüglich Akteneinsicht“.

„Die Rolle des Fachwerkzentrums Quedlinburg als Generalauftragnehmer bei der Sanierung des ‚Bunten Hofs’ wurde bisher von allen Stadträten vorausgesetzt. Sollte das seitens der Verwaltung nicht eindeutig vertraglich vereinbart sein, könnte der Schaden für die Stadt erheblich werden.“

Weiter schreibt der Ortschef: „Selbst bei oberflächlicher Betrachtung und ohne baufachliche Kenntnisse sieht man, dass das Objekt nicht mal in Teilen fertiggestellt ist.“ Simons schildert in dem Papier, welche „Baustellen“ er noch entdeckt hat. Im Innern, an der Fassade und bei der Außengestaltung bis zu den stark reparaturbedürftigen Nebengebäuden an der Mauerstraße.

Die Eröffnung des „Bunten Hofs“ am 18. November soll immerhin im Beisein von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) stattfinden. „Wie wir das alles bis dahin schaffen wollen, ist mir schleierhaft“, sagte Simons im Volksstimme-Gespräch. „Was wollen wir dann dem Ministerpräsidenten vorzeigen?“

Derweil fordert der Ortsbürgermeister von der Bürgermeisterin vor der feierlichen Eröffnung eine Abnahme und Übergabe des Bauwerkes. Dazu „müssen alle Stadträte eingeladen werden. Weiterhin sollte ein unabhängiger Bau-Sachverständiger verpflichtet werden.“

Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ äußerte auf Volksstimme-Anfrage Unverständnis über das Simons-Schreiben. Viele offene Fragen hätten bereits beim Vor-Ort-Termin geklärt werden können. „An dem Abend sind sie aber nicht gestellt worden.“

„Es sind Dinge, die ich mir im Nachhinein angeschaut habe“, erklärte dazu Ulrich Simons. Er sei am Wochenende noch einmal im Gebäude gewesen, um für den 3. Oktober den Besuch der Delegation des Stadtrates aus der Partnerstadt Hornburg vorzubereiten.

Wagenführ erklärte, dass sie Simons‘ Bitte, bis 14. Oktober die Fragen zu beantworten, nachkommen werde.

Die Firmen hätten ihr Wort gegeben, bis 18. November fertig zu sein. Das zweifele sie nicht an, erklärte sie vorab grundsätzlich.

Simons hat seine Bedenken auch dem Stadtratsvorsitzenden und seinen beiden Fraktionschef-Kollegen im Stadtrat übermittelt. Er wolle erreichen, dass auf der Stadtratssitzung am 20. Oktober über das Thema diskutiert wird.