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Kinderbetreuung Rolle rückwärts beim Kita-Betrieb

Vor zwölf Jahren übertrug die Stadt Magdeburg den Kita-Betrieb an freie Träger. Nun sollen wieder kommunale Kitas her.

Von Katja Tessnow 01.10.2016, 01:01

Magdeburg l Vor zwölf Jahren trennte sich die Stadt von ihren Kindertagesstätten und übertrug den Betrieb von 83 Häusern samt Personal an 33 freie Träger: Vereine, Wohlfahrtsverbände, Kirchen. Jetzt macht die Verwaltung die Rolle rückwärts und schlägt die Gründung eines kommunalen Kita-Betriebes vor. 

Mehr Buntheit und eine größere Vielfalt der päda-gogischen Angebote war den Eltern anno 2004 versprochen worden. Die könnten viele freie Träger besser bieten als eine kommunale Verwaltung. Über 350 Erzieherinnen mussten in den sauren Apfel beißen und Änderungsverträge zum Betriebsübergang an die neuen Kita-Träger unterzeichnen.

In der mittelfristigen Folge verdienten viele von ihnen weniger Geld, weil die Freien in der Regel nicht wie die Stadt nach öffentlichem Tarif entlohnen. Nicht zuletzt trieb auch das dazumal 50 Millionen Euro tiefe Haushaltsloch die Verwaltung zur Kita-Ausgründung, auch wenn sie das zunächst erklärte Sparziel später revidierte.

Bereits ab 2005 hagelte es Klagen von Eltern, die sich im neuen Kita-Träger-Dschungel schwer zurechtfanden und bei der Platzsuche scheiterten. Plätze wurden zuerst in Stadtfeld und Altstadt, später allerorts knapp.

Das Jugendamt richtete einen Platzvermittlungsservice und ein Online-Portal zur Platzsuche ein, das seit Jahren nur einen Mangel beschreibt, aber Eltern auf Platzsuche kaum dienlich ist. Die Stadtverwaltung geriet mit den neuen Kita-Trägern in Konflikte – über Standards, transparente Platzvergabe und die entstehenden Kosten, die nach wie vor neben den Elternbeiträgen fast vollständig aus Fördertöpfen von Land und Stadt beglichen werden.

Die jetzt vorgesehene Rückkehr zum stadteigenen Kita-Betrieb zeichnet sich bereits lange ab. 2013 riss die Verwaltung die Eintreibung der Kita-Beiträge wieder an sich, auch um einen besseren und taggenauen Überblick über die Belegung der Einrichtungen wiederzugewinnen. 2014 errichtete die Stadt drei neue Kitas mit rund 470 Plätzen und betreibt sie seither selbst.

Bis 2018 sollen nun vier weitere kommunale Neubauten (Gesamtkosten 9,2 Millionen Euro) 557 neue Plätze bieten und zusammen mit den bestehenden drei Stadt-Kitas als Gründungsmasse in den neuen kommunalen „Eigenbetrieb Kommunale Kindertagesstätten“ eingehen.

Etwa 10.000 Kita-Plätze werden insgesamt in Magdeburg vorgehalten – fast stets komplett ausgebucht. Der kommunale 1000-Plätze-Betrieb wäre eine Hausnummer in der Trägerlandschaft, aber nicht dominant. Allerdings ist sein Ausbau nicht ausgeschlossen.

Am 20. Oktober soll der Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung über den Kita-Bau und die Betriebsgründung beschließen. Zündstoff birgt die Entscheidung, weil im gleichen Atemzug die Anträge einer ganzen Reihe von freien Trägern auf die Neueröffnung von Kitas vom Tisch gefegt werden sollen.

Betroffen sind Bau- und Ausbauvorhaben der Stiftung Evangelische Jugendhilfe, des Spielwagen e. V., der Stadtmission, des Malteser Hilfsdienstes und des Sozialwerks der Pfingstgemeinde „Vaters Haus“. Ihnen allen attestiert die Verwaltung im Vergleich zu den eigenen Bauvorhaben Unwirtschaftlichkeit.

Zum Beleg dafür werden die kalkulatorischen Mietkosten auf 20 Jahre herangezogen. Während für die kommunalen Neubauten monatliche Kosten in Höhe von 5,70 Euro pro Quadratmeter kalkuliert werden, liegen die Projekte der freien Träger zwischen 6,78 und 8,89 Euro. Auch für die Gebäude-, Betriebs- und Personalkosten der freien Träger kommen fast vollständig Land und Stadt auf (Kita-Förderung), daneben die beitragzahlenden Eltern.

Die expansionswilligen freien Kita-Träger dürften von der neuen Entwicklung wenig begeistert sein. Die Geister, die sie 2004 rief, will die Stadtverwaltung heute – wenigstens in Teilen – gerne wieder loswerden. Junge Familien in Magdeburg hoffen in erster Linie auf mehr Kita-Plätze, unabhängig davon, wer sie betreibt.

Die Standards für den Betrieb einer Kita – räumlich und personell – sind ohnehin für alle gleich. Sie legt ein Landesgesetz fest.