1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Später Ärger in Magdeburg mit der Soforthilfe

Hochwasser 2013 Später Ärger in Magdeburg mit der Soforthilfe

Die Soforthilfe, die Eckhard Krossing nach dem Hochwasser 2013 in Magdeburg in Anspruch nahm, hat ihm nun viel Ärger eingehandelt.

05.07.2017, 23:01

Magdeburg l Der Garten von Eckhard Krossing in der Brückfelder Kleingartenanlage „Am Unterbär“ liegt in einer Senke. Hier hatte Drängwasser während der Flut im Frühsommer 2013 große Probleme bereitet.

Knöchelhoch stand das Wasser auch auf seiner Parzelle. „Die Ernte war hinüber“, so Krossing. Noch schlimmer war der Zustand der Laube. Böden und Wände waren feucht geworden, Schimmel bildete sich.

Die Schäden sind auch heute - 2017 - noch zu sehen. „Es hat gedauert, bis ich drinnen überhaupt alles trocken hatte“, erzählt der 62-Jährige. An der Rückfront sind noch immer die blanken Steine zu sehen. Krossing hat den ganzen Putz abgeschlagen, ausgeschachtet und das Mauerwerk trockengelegt.

Es war eine schwierige Zeit. Eckhard Krossing erlitt im Flutjahr 2013 einen schweren Herzinfarkt. Heute arbeitet der studierte Verkehrsingenieur und ehemalige Berufskraftfahrer nur noch stundenweise. Er fährt täglich behinderte Kinder zur Schule. Der Garten verschafft ihm die nötige Ruhe.

„Als wir damals hörten, dass es für Betroffene des Hochwassers eine Soforthilfe gibt, bin ich zur Stadt gegangen, die extra eine Anlaufstelle eingerichtet hatte, und hab’ nachgefragt“, erinnert sich der Hobbygärtner. Und er erzählt: „Ich habe deutlich gesagt, dass unser Garten und die Laube betroffen sind. Trotzdem hat man mir den Antrag zum Ausfüllen überreicht.“

Auf dem Antrag sei von betroffenen Personen „im Haushalt“ die Rede gewesen. Eckhard Krossing stolperte über die Formulierung nicht. „Für mich ist das Gartenhaus der erweiterte Haushalt. Das gehörte auch in den alten Versicherungen immer dazu.“ Da er und seine Frau aber keinen Elementarschutz im Garten mehr versichert haben, war die Freude groß, dass sie für zwei Personen 800 Euro Soforthilfe bekamen. „Das lief super unkompliziert“, lobt er noch im Nachhinein den unbürokratischen Ablauf.

Für ihn war der Fall damit abgeschlossen. „Ich habe daher auch nirgendwo anders einen Zuschuss für die Reparatur beantragt. Und eine Versicherung hatte ich ja auch nicht“, so Krossing.

Doch die Freude war begrenzt. Weit mehr als ein Jahr später, am 17. September 2014, flatterte ein Schreiben ins Haus, in dem die Stadt die Rückzahlung der gesamten 800 Euro forderte. „Ich fiel aus allen Wolken“, sagt Krossing.

Begründung der Forderung: Schäden in einer Gartenanlage wie hier in der Parzelle Am Unterbär seien über das Soforthilfe-Programm nicht förderfähig. Stadtsprecher Michael Reif verweist auf Seite 2 des Antrages, den Krossing seinerzeit unterschrieben hatte. Unter dem Anstrich „Erklärung“ versichert der Antragsteller, dass selbst genutzter Wohnraum durch Flut-Schäden betroffen sei. Der 62-Jährige konnte keine Schäden an seiner Wohnung nachweisen – deshalb die Rückforderung.

Alternativ verwies die Stadt Magdeburg in dem Schreiben auf das Programm „Aufbauhilfe Hochwasser 2013“, mit dem Land und Bund speziell betroffenen Kleingartenbesitzern unter die Arme griff. Eckhard Krossing begann mit der Rückzahlung an die Stadt und beantragte an anderer Stelle einen Zuschuss aus dem Aufbauhilfe-Topf. Er reichte Bilder und Unterlagen ein, konnte aber nicht alle geforderten Dokumente, z. B. Rechnungen, rechtzeitig beibringen. „Plötzlich hieß es: ,Die Frist ist abgelaufen‘“, ärgert er sich.

Der Brückfelder steht jetzt ohne Hilfe, dafür mit einer offenen Restforderung über 500 Euro da. Krossing weigert sich, die Rückzahlung fortzusetzen, weil er die Soforthilfe in „gutem Glauben beantragt und angenommen“ habe. Der Briefwechsel füllt inzwischen einen ganzen Ordner. Ein Antrag auf Erlass der Rückzahlungsforderung wurde zuletzt ebenfalls abgelehnt.

„Ich kann nicht verstehen, dass einem erst so unbürokratisch geholfen wird, dann aber immer neue Töpfe und Richtlinien aufgemacht werden, die am Ende alles so aufwendig und kompliziert machen“, schimpft Eckhard Krossing. Bürgernähe sei das nicht. Die Stadt hätte einfach die von ihm eingereichten Unterlagen an die andere Behörde bzw. die Investitionsbank weiterreichen können. „Dann wäre alles viel schneller gegangen“, glaubt der Magdeburger.

Er ist indes längst nicht der Einzige, der die Soforthilfe zurückzahlen soll. Wie eine Volksstimme-Anfrage bei der Stadt ergab, wurden 2013 insgesamt 1,5 Millionen Euro als Soforthilfe an Magdeburger ausgezahlt. Davon habe man inzwischen rund 227.000 Euro zurückfordern müssen, weil die Richtlinien über die Gewährung nicht erfüllt worden seien.

Mögliche Gründe sind später gewährte Versicherungsleistungen, ein anderer Schadensersatz oder ein fehlender Nachweis von Schäden. Schäden in Gärten und an Lauben waren ebenfalls nicht förderfähig. Auf 85.000 Euro dieser Forderungen blieb die Stadt bislang sitzen. Sie treibt die Forderungen im Auftrag des Landes ein.

„Ich könnte mir vorstellen, dass es auch anderen so gegangen ist wie mir“, glaubt Eckhard Krossing angesichts der hohen Rückforderungen. Und will sich lieber weiter mit der Stadt streiten, als zu zahlen.