1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Dr. T. und Klinikum einigen sich

Klinikskandal Dr. T. und Klinikum einigen sich

Das Altmark-Klinikum und sein ehemaliger Wirbelsäulenspezialist Dr. T. jetzt gegenseitig auf strittige Honorarforderungen.

10.11.2016, 01:00

Stendal l Der Vorsitzende Richter Michael Steenbuck begann den Gütetermin am Mittwoch vor der Ersten Zivilkammer des Stendaler Landgerichtes vorsichtig optimistisch: „Mal gucken, ob wir hier nicht eine Lösung finden. Keine endgültige, aber eine prozessuale.“ Nach einstündiger Verhandlung und ebenso langer Auszeit sollte der Richter recht behalten – obwohl die Forderungen auf den ersten Blick weit auseinander lagen.

105 233,94 Euro noch ausstehender Honorare aus den Monaten November und Dezember 2012 machte der Wirbelsäulenchirurg geltend. Dem hielt Klinikum-Anwalt Ulrich Adam Rückzahlungsforderungen in Höhe von 354 142,06 Euro in 434 Fällen von Juli 2011 bis Ende 2012 entgegen. Hierzu läuft ein Verfahren vor dem Landgericht Berlin, das derzeit ausgesetzt ist (Volksstimme berichtete).

Die Kammer machte jedoch recht schnell deutlich, dass es bis auf eine Differenz von 2000 Euro T.’s Ansprüche an das Klinikum für gerechtfertigt hält. Das Klinikum indes müsste mit Sachverständigengutachten in allen 434 Fällen erst seine Ansprüche begründen.

Mehr als ein Punktsieg für T.’s Anwalt Stefan Grüll, zudem Klinik-Anwalt Adam äußerte: „Ich glaube nicht, dass es zur Beweisaufnahme kommt.“

Wie sich in der Verhandlung herausstellte, verhandeln beide Seiten seit Wochen über einen Vergleich. Einigkeit bestand, dass beide Seiten auf ihre Forderungen verzichten.

Der Streit galt vielmehr dem Kleingedruckten, konkret: In welcher Form könnten auf T. noch nachträglich Schadensersatzansprüche zukommen. Diese wollte sein Anwalt bis auf vorsätzliches Verhalten ausgeschlossen wissen.

Nach zweistündiger Beratungspause ringen am frühen Nachmittag beiden Seiten noch einmal fast zwei Stunden um die richtigen Formulierungen. Danach steht fest: Beide Seiten verzichten auf ihre finanziellen Forderungen. Schadensersatz muss Dr. T. allenfalls in Fällen zahlen, bei dem ihm vorsätzliches Handeln nachgewiesen werden kann. Und: Das Altmark-Klinikum zieht auch sämtliche Vorwürfe hinsichtlich medizinischen Fehlverhaltens zurück. Grüll war bei dem Abschluss insbesondere wichtig, dass die Reputation seines Mandanten wieder hergestellt wird.

„Seine Existenz steht auf dem Spiel. Er ist seit fast vier Jahren praktisch arbeitslos.“ T. habe niemals vorsätzlich seine Patienten schädigen wollen, unterstrich sein Anwalt, der dabei deutliche Kritik am Altmark-Klinikum formulierte. Dieses habe in früheren Zeiten auch medial dazu beigetragen, dass dem Wirbelsäulen-Spezialisten öffentlich vorgeworfen wurde, er sei für den Tod zweiter Patienten verantwortlich. In beiden Fällen ist T. inzwischen juristisch rehabilitiert.

Der Anwalt setzt darauf, dass auch die Staatsanwaltschaft ihre im November 2012 begonnen Ermittlungen zeitnah abschließen wird.

Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Thomas Kramer, am Mittwoch bestätigte, liegt seit kurzem der letzte Teil eines seit langem erwarteten Sachverständigengutachtens vor, das jetzt ausgewertet werde. Zu Einzelheiten könne er sich daher noch nicht äußern.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen Dr. T., sondern auch gegen den Operateur N. Dieser hatte in den Jahren vor der Anwerbung T.’s durch den damaligen Klinikums-Geschäftsführer Matthias Hahn bereits Patienten an der Wirbelsäule operiert, obwohl er damals nicht die notwendige Qualifikation besaß.

Für T. sind die einstmals mehr als 400 Streitfälle zivilrechtlich zu seinen Gunsten geklärt. Laut seinem Anwalt sind auch bei den Strafermittlungen von den 27 zuletzt untersuchten Streitfällen nur noch 15 in der näheren Betrachtung. „Ich denke, dass auch die heutige Einigung ein wichtiges Signal an die Staatsanwaltschaft ist“, betonte der Anwalt.

Auch Steenbuck würdigte das stundenlange Ringen mit einem Hinweis an beide Seiten: „Überlegen Sie mal, was Sie heute für einen Streit aus dem Weg geräumt haben.“