AWO-Kinderheim Die Chefin geht in Rente

Die Leiterin des Awo-Kinderheimes, Marina Drobny, hatte am Freitag ihren letzten Arbeitstag. Sie geht in Rente,

Von Olaf Koch 29.07.2016, 18:50

Schönebeck l Das war ein klares Ja. Als die Volksstimme die Leiterin des Awo-Kinderheimes, Marina Drobny, fragte, ob sie an ihrem letzten Arbeitstag vor der Rente eine halbe Stunde Zeit für eine Tasse Kaffee hat, gab es sofort Zustimmung. Marina Drobny wusste sofort, dass sie den Moment mit der Zeitung nutzen kann, um Danke zu sagen.

Nach 31 Jahren nämlich als Leiterin des Kinderheimes – zu DDR-Zeiten war es das Vorschulkinderheim und nach der politischen Wende das Awo-Kinderheim – hat Marina Drobny viel zu erzählen: von den Kindern im Heim, die sie zahlenmäßig in den vergangenen drei Jahrzehnten nicht beziffern kann, die sie und ihr Team zum Erwachsensein begleiteten, von den Gesprächen mit den Eltern, die es teilweise selbst sehr schwer hatten und manchmal mit der Kindeserziehung völlig überfordert waren, und von ihrer Mannschaft, die unter dem Dach der Awo als Träger wie eine zweite Familie war. Auch für die Kinder und Jugendlichen waren die Erzieher der Ersatz für Mutter und Vater.

Das „Haus Achterbahn“ war auch emotional wie eine Fahrt mit der Achterbahn: für die Kinder, die trotz vieler trauriger Vorgeschichten ihre Eltern lieben, und eben auch für die Mitarbeiter des Hauses. „Na klar, auch wir sind manchmal bis an den Rand unserer Emotionen gekommen. Gemeinsam mit den Kindern haben wir gelacht, aber auch geweint. In so einen beruf darf und muss man sich auch mal gehen lassen“, so die 63-Jährige.

Als vorgestern die große Verabschiedung stattfand, musste Marina Drobny stark sein. Immer wieder kamen die Gefühle bis kurz vor die Tränen. „Aber ich habe nicht geweint. Erst am Abend zu Hause, da konnte ich dann nichts mehr halten“, gibt die charmante Leiterin zu. Sie war nicht nur bei ihren in Obhut befindlichen Kindern und Jugendlichen beliebt, sondern auch bei ihren Mitarbeitern. Nie habe sie von ihren Kollegen etwas verlangt, was sie selbst nicht machte. Dieser Anspruch an sich selbst und an ihre Arbeit brachte ihr Respekt im Team ein – bis zum letzten Tag.

Und ab Montag? Ab Montag treten zunächst Dinge in den Vordergrund, die banal klingen: ohne Hektik den Tag genießen, ein ausgiebiges Frühstück unter freiem Himmel auf dem Hof des Hauses, ein gutes Buch zu Ende lesen und selbst einmal zur Ruhe kommen – nach 31 Jahren sind dies Wünsche, die durchaus verständlich sind.