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Eberhard Frank Sein Stammplatz bleibt leer

Der Schönebecker Künstler Eberhard Frank ist Anfang 2015 gestorben.

01.09.2016, 23:01

Schönebeck l Die Hände. Sie sind etwas Charakteristisches. Über Eberhard Frank haben sie sehr viel erzählt. Und sie tun es noch heute. Denn wer ein Bild oder eine Plastik des Schönebecker Künstlers sein Eigen nennen kann, der wird unweigerlich immer wieder an diesen angenehmen Zeitgenossen erinnert. Maßgeblich ist seine Kunst - aber auch die Erinnerung an seine Hände. Die waren nämlich sehr einprägend.

„Wir beobachteten oft amüsiert, wie Eberhard Frank ‚mit den Händen erzählte‘“, sagt Thomas Linßner, der durch seine Arbeit für die Volksstimme den Künstler Eberhard Frank kennenlernte. „Beschrieb er Bilder oder Skulpturen, entstanden sie sozusagen vor dem geistigen Auge in der Luft“, lobt der Zeitungsmann, der in den 1990er Jahren in Schönebeck, heute in Barby arbeitet. „Ich lernte Eberhard Frank quasi über den großen Maler Werner Tübke kennen. Der stammte aus Schönebeck, war in jungen Jahren ein Nachbar der Malerfamilie Frank am Markt“, berichtet Thomas Linßner. Für ihn war es damals nur ein Sprung bis zu Eberhards Atelier, als die Volksstimme-Redaktion noch an der Elbstraße war. Frank besaß ein Selbstporträt von Tübke. „Schreib aber darüber nichts. Sonst brechen die beim mir ein“, hat der sicherheitsbewusste Eberhard Frank damals zu seinem späteren Freund gesagt. „Nach diesem ersten Pressetermin besuchte ich ihn öfter“, sagt er. Und: „Sein Atelier war nicht nur ein Ort der Muse, sondern auch zum Wohlfühlen.“ Optimal, so Thomas Linßner, wurde es, wenn seine Ehefrau Hilli selbst gebackene Kekse servierte ...

Nichtsdestotrotz war das Atelier ein Raum der Arbeit. Pinsel, Farben, Leinwände und Bilder befanden sich in dem kleinen Raum mit Blick auf den Hinterhof.

„Als Künstler war er fantastisch“, sagt Bärbel Feldbach, die selbst als Keramikkünstlerin in der Region bekannt ist. Sie und ihr Mann waren gut befreundet mit Eberhard Frank. Kennengelernt hatten sie sich in der Kunstszene. „Er hat einfach tolle Bilder geschaffen“, schwärmt Bärbel Feldbach und hebt die Aquarelle hervor. Selbstverständlich, so die Zenserin, besitze sie einige Bilder von Eberhard Frank. „Nur kann ich nicht alle aufhängen, weil wir gar nicht so viel Platz haben“, sagt sie. Während sie auf die Bilder zeigt, lobt sie den leichten Pinselschlag des Malers und seine Ausdrucksstärke. Und ihr Mann Michael Feldbach lenkt die Aufmerksamkeit auf das Motiv selbst. „Er hatte einen beeindruckenden Blick für die Natur“, umschreibt er die vielseitigen Bilder, bei denen der Fokus nicht darauf lag, alles real abzubilden wie bei einem Foto. Eberhard Frank hat seinen eigenen Fokus gesetzt. Hier wird etwas hervorgehoben, dort wird etwas weggelassen. „Das ist Kunst“, sagt er.

Eberhard Frank orientierte sich unter anderem an den Expressionisten des 19. Jahrhunderts. Zeit seines Lebens suchte er nach künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten, aber auch nach Antworten auf die großen Lebensfragen. Gern philosophisch. Er wollte nie große Worte sagen, ließ lieber seine Arbeiten für sich sprechen. Deshalb kann man seinen Werken seine Stimmung ablesen. Neben den Bildern loben Bärbel und Michael Feldbach außerdem die Plastiken von Eberhard Frank. Eine ganz besondere hat es ihnen dabei vollends angetan. Nämlich jene, die Eberhard Frank Michael Feldbach zum 60. Geburtstag geschenkt hatte. Es sind drei Figuren mit gesenkten Köpfen. Diese Skulptur hat ihren festen Platz im Wohnzimmer.

„Eberhards Plastiken waren meist mit einem Augenzwinkern versehen“, beschreibt Bärbel Feldbach. Das passt zu dem Wesen des Künstlers. „Er war wie ein großer Junge, voll mit Schabernack“, erinnert sie sich. Er habe nie etwas ernst gemeint - nur dann, wenn es um Kunst ging. Dabei habe er sich selbst aber nie zu ernst genommen. „Er hat angenehme, konstruktive Kritik geäußert“, erinnert sich die Keramikkünstlerin. Und umgedreht habe er selbst ebenso Kritik annehmen können.

Er war eben von ruhiger Natur. Und er verfügte über einen trockenen Humor - einen, den man so schnell nicht wieder findet. Seine Bilder zeigen Bewegung und Zartheit. Ob sie einem gefallen oder nicht - sie strahlen Faszination aus.

Eberhard Frank wurde 1935 in Magdeburg geboren, er lebte aber in Schönebeck. Von 1949 bis 1956 absolvierte er eine Malerlehre, darauf folgten der Meisterabschluss und das Studium an der „Fachschule für angewandte Kunst“ Magdeburg. 1958 war er Mitbegründer der PGH Farbenfreude. Später übernahm er die Werbeabteilung. Ab 1957 widmete er sich schon den Genres der Malerei, Grafik, Kleinplastik. Ausstellungen gestaltete er auf Kreis- und Bezirksebenen in Deutschland - darunter Schönebeck, Magdeburg, Suhl, Berlin, Neubrandenburg, Recklingenhausen, Aschersleben, Düsseldorf. Zu DDR-Zeiten wurde Eberhard Frank der Vorsitzende der Kreisarbeitsgemeinschaft Bildende Kunst. 1989 wurde ihm der Kunstpreis der Stadt Schönebeck verliehen. Seit 1990 gehörte Eberhard Frank der Künstlervereinigung „Gruppe 90“ Magdeburg an und engagierte sich außerdem in dem Kultur- und Heimatverein. 1995 wurde der Schönebecker mit der Schaffung des Rathauspreises beauftragt, den die Stadt Schönebeck jährlich an verdienstvolle Bürger vergibt.

War Eberhard Frank bereits in seinem Arbeitsleben kreativ, so ist er richtig aktiv in seinem Künstlerleben erst mit der Wende und seinem Eintritt in das Rentnerleben geworden. „Er hatte es gut, denn er musste ja nicht von seiner Kunst leben“, sagt Bärbel Feldbach, die damit seine Kunst nicht schmälern möchte. Nur habe das einen gewissen Druck genommen. „Er hatte das genossen. Er konnte einfach morgens losziehen und malen“, berichtet Michael Feldbach.

Das kann seine Tochter Christiane Malkowski nur bestätigen. Grundsätzlich hat Eberhard Frank alles das gemacht, was ihn gerade inspiriert hat. War er einmal in sein Arbeitszimmer gegangen, dann kam er stundenlang nicht wieder. Ein Aspekt, den er mit dem Ruhestand richtig ausgekostet hat. „Er war richtig aufgeblüht, weil er den ganzen Tag malen konnte“, erinnert sich die Tochter. Dementsprechend viele Bilder und Plastiken sind entstanden. Nach seinem Tod im Januar 2015 das Haus zu räumen, fiel der Familie schwer. Wohin mit seiner Kunst? Die Lösung: Der Nachlass wird im Salzlandmuseum in Schönebeck eingelagert.

„Er hatte seine Malutensilien immer dabei“, sagt sie. Dazu gehörte selbstredend ein Skizzenblock - und wenn es nur ein kleiner war. „Auch im Urlaub hatte er immer etwas dabei.“ Oder er fotografierte und nutzte die Bilder dann später als Stütze für seine Malerei. Diese hat er übrigens lieber verschenkt, als das er sie verkaufte. „Verschenken vielleicht“, habe er meist geantwortet, wenn jemand gefragt habe, ob er etwas kaufen könne. „Das sind alles meine Kinder“, zitiert Christiane Malkowski ihren Vater.

In seinen Bildern hat sich der Schönebecker nicht nur auf die Landschaft bezogen. Frauen - insbesondere als Fruchtbarkeitssymbol - malte er gern. Dabei haben „seine“ Frauen meist ausladende Hüften. „Es sind zauberhafte Akte“, führt Karin Hamann aus. Sie selbst gehört zur Kunstszene in Schönebeck, wenngleich sie hauptberuflich als HNO-Ärztin aktiv war. Für sie kein Grund, nicht beides miteinander zu verbinden. Seit Jahren schon organisiert sie Ausstellungen mit regionalen Künstlern in der Praxis, die heute von ihrem Sohn betrieben wird. Dadurch hat sie eine enge Beziehung zu Eberhard Frank, der im Übrigen einen Stammplatz bei den Ausstellungseröffnungen in der Praxis von Karin Hamann hatte. Dieser Stammplatz musste aber leer bleiben, als wenige Tage nach dem Tod eine Ausstellung von Sigrid Tzschacksch eröffnet wurde. „Da liefen die Telefone heiß“, erinnert sich Karin Hamann. Die Ausstellung konnte nicht abgesagt werden, die Einladungen waren alle längst raus. „Am Anfang der Vernissage war die Stimmung noch sehr emotional“, berichtet sie. Dann konnten alle die Werke genießen.

Sie behält Eberhard Frank als „das ausgleichende Moment“ in Erinnerung. Ein großer Erzähler sei er nicht gewesen. „Aber wenn er etwas gesagt hat, dann war es pointiert“, beschreibt sie den Künstler. Ihrer Meinung nach habe Eberhard Frank über die Qualifikation verfügt, selbst einen Zirkel zu leiten. „Das hat er aber nie getan, er war immer nur Mitglied bei anderen“, sagt sie.

So hat er beispielsweise im Zirkel bildender Künstler im ehemaligen Traktorenwerk seinen guten Freund, den Calbenser Künstler Hans Both kennengelernt. Beide hatten vor allem auf der künstlerischen Ebene eine Verbundenheit. So erinnert sich der 80-Jährige noch gut an das Jahr 1993, als er mit Eberhard Frank eine Kunstreise in die Toskana unternommen hatte.

Im ehemaligen Bezirk Magdeburg gehörten Hans Both und Eberhard Frank darüber hinaus zur Förderklasse Volkskunst, insgesamt zählte die Gruppe zwölf Personen. Beide haben gemeinsam genauso aber auch individuell für sich gearbeitet. Wenngleich sie beide aus einem Jahrgang stammen, so unterscheide sich ihre Kunst jedoch, sagt Hans Both. So habe Eberhard Frank schnell und improvisiert gearbeitet. Er habe das Skizzenhafte gemocht.

Weil beide Künstler 2015 80 Jahre alt werden sollten, war damals eine gemeinsame Ausstellung im Stadtwerkehaus von Schönebeck geplant gewesen. Sie befand sich bereits in Vorbereitung - wurde aber nicht in die Tat umgesetzt, nachdem Eberhard Frank nur wenige Monate vor seinem 80. Geburtstag verstorben war.