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Elbbrücke „Überraschung“ sorgt für Baustopp

Die Arbeiten auf der alten Elbbrücke verzögern sich. Momentan gibt es einen Baustopp. Grund ist eine „Überraschung".

Von Heike Liensdorf 25.10.2015, 17:05

Schönebeck l Damit hat wohl keiner gerechnet - weder die verantwortliche Landesstraßenbaubehörde, noch die bauausführende Firma, noch die davon bei Fertigstellung profitierende Stadt Schönebeck und schon gar nicht die nun darunter leidenden Autofahrer. Der Zustand von Brückenteilen, der nach den Bestandsplänen nicht ersichtlich war, hat die Bauarbeiten stoppen lassen.

Dabei hörte sich anfangs alles gut an. Im Zuge des Neubaus der Ortsumgehung B 264a ist die alte Elbbrücke, besser bekannt als Thälmannbrücke, von einer Bundes- zu einer Stadtstraße herabgestuft worden. Der Bund als ehemaliger Baulastträger ist verpflichtet, die Brücke in einem angemessenen Zustand zu übergeben, erklärt Markus Morawietz, Fachgruppenleiter Brücken- und Ingenieurbau der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt, Regionalbereich Mitte. Sprich die Brücke wird nochmals grundsätzlich in Stand gesetzt.

Das sollte nun passieren beziehungsweise der Anfang ist getan. Dann der Baustopp. „Die Voraussetzungen für die Grundlage des ausgeschriebenen Instandsetzungskonzeptes und Leistungsverzeichnisses sind beim Öffnen der Brückenbaustelle nicht vorgefunden worden“, verkündet die Volksstimme am 15. Oktober nach einer Mitteilung der Stadtverwaltung. Diese wiederum verweist auf eine Information der zuständigen Firma: Mit der Planung und Erarbeitung eines neuen Instandsetzungskonzeptes werde umgehend begonnen, der Fahrbahnübergang müsse komplett neu konstruiert und gebaut werden. Dies sei so nicht geplant gewesen. In der Woche ab dem 2. November soll es weitergehen. Bis dahin: keine Bautätigkeiten auf der Brücke.

Das verärgert Eckhard Deicke. „Da ich täglich die alte Elbbrücke passiere, ist mir bereits am 1. Oktober aufgefallen, dass die einzige Aktivität an dieser Baustelle die tätige Ampelregelung war“, schreibt unser Leser in einer Mail an die Redaktion. „Die Ursache liegt in einer offensichtlich mangelhaften und nicht fachgerechten Vorbereitung der Baumaßnahme“, schlussfolgert der Schönebecker und weiter: „Wenn nun in dieser Folge ein völlig neues Konzept erarbeitet werden muss, so kann ich mir gewisse Zweifel an der nötigen Fachkompetenz der vorbereitenden Instanz nicht verkneifen ...  Immerhin handelt es sich im Ergebnis um einen Bauverzug von über vier Wochen und der damit verbundenen halbseitigen Straßensperrung mit Ampelregelung. Allein dieses bedeutet in diesem Zeitraum für tausende Fahrzeuge eine Einschränkung verbunden mit Zeitverlust. Nicht wenige Fahrzeuge sind gewerblich unterwegs.“ Nichts gegen notwendige Baumaßnahmen, will Eckhard Deicke angemerkt wissen, „aber die Vorbereitung sollte sorgfältiger und verantwortungsbewusster erfolgen“. Man müsse in diesem Zusammenhang auch erwähnen, dass die Einwohner Schönebecks und viele Gewerbebetriebe durch die laufenden Baumaßnahmen oft bis an die Grenze des Zumutbaren belastet werden. Der Schönebecker führte als Beispiel die Umgestaltung des Marktes an.

Markus Morawietz von der Landesstraßenbaubehörde kann Eckhard Deicke verstehen, muss aber einräumen: „Insbesondere bei Instandsetzungen von Brücken ist immer mit Überraschungen zu rechnen, da man die Brücken hinsichtlich des Bauwerkszustandes nur äußerlich in Augenschein nehmen kann und ansonsten auf die Bestandspläne vertrauen muss.“

Solch‘ Überraschung gab es nun bei der alten Elbbrücke. Knackpunkt seien die sogenannten Fahrbahnübergangskonstruktionen. Sie ermöglichen dem Bauwerk, sich bei Temperaturänderungen auszudehnen beziehungsweise zu verkürzen. „Insbesondere durch das ständige Überfahren durch Schwerlastverkehr unterliegen diese Konstruktionen einem höheren Verschleiß, weshalb diese etwa alle 30 bis 40 Jahre erneuert oder getauscht werden müssen. Ursprünglich war vorgesehen, dass die verschraubten Fahrbahnübergänge demontiert, teilweise ersetzt oder aber nach Instandsetzung wieder verbaut werden sollten. Es war allerdings zu keinem Zeitpunkt bekannt, auch nicht aus den für Brücken üblichen Bestandsplänen, dass diese Konstruktion auch mit der Brückentafel zusätzlich verklebt war“, erklärt der Experte das Dilemma. Hinzu sei gekommen, dass die mit der Brückenkonstruktion im Gehwegbereich verschweißten Verschraubungen unter der Konstruktion teilweise nicht mehr wiederverwendet werden konnten. Erwähnenswert sei insbesondere die Konstruktion des Bauwerkes, so der Fachgruppenleiter Brücken- und Ingenieurbau in der Landesbehörde weiter: Die Fahrbahn und etwa 50 Zentimeter des Gehweges bestehen aus einer Stahlbetonplatte, der restliche Gehweg bis zur Außenkante der Brücke ist eine beschichtete Stahlkonstruktion. „Das Instandsetzungskonzept der Fahrbahnübergänge musste dahingehend überarbeitet werden, als das eine neue Konstruktion erst geplant und dann im Werk gefertigt werden muss. Derartige Konstruktionen gibt es nicht von der Stange“, erläutert Markus Morawietz und betont: „Der jetzige Baustillstand ist genau diesem Sachverhalt geschuldet.“

Die neue Konstruktion soll - nach getaner Vorarbeit - in der Woche ab dem 9. November eingebaut werden. Die Brückenmaßnahme insgesamt werde bis Mitte 2016 andauern. Denn neben diesen unvorhergesehenen Arbeiten liegt noch ganz Vorhergesehenes an. Beispielsweise das Auffrischen des Korrosionsschutzes, welcher aber bei Brücken nur unter bestimmten (Wetter-)Bedingungen aufgebracht werden könne. Kostenmäßig erhöhe sich die Maßnahme, die komplett vom Bund getragen wird, durch den Baustopp und das Erstellen der neuen Konstruktion nur geringfügig. „Zwar sind neue Leistungen hinzugekommen, aber andere dadurch weggefallen“, erklärt Markus Morawietz. „Wir versuchen immer, in einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis zu arbeiten.“ Übrigens: Auf die Arbeiten erhält die Stadt eine Garantie über fünf Jahre.