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Hauptausschuss Sicher oder nicht sicher?

Im jüngsten Barbyer Hauptausschuss ging es um den gebeutelten Kommunalhaushalt und eine verwaltungstechnische Verfahrensweise.

Von Thomas Linßner 21.09.2016, 18:10

Barby l Die Sitzung des Hauptausschusses beginnt eineinhalb Stunden eher als sonst üblich. Der Grund ist die „stramme“ Tagesordnung mit 19 Punkten im öffentlichen Teil. Damit es nicht „Mitternacht wird“, eröffnet Bürgermeister Strube um 17 Uhr. Es sind nur zwei Bürger gekommen: einer, der in der vergangenen Legislatur als Bürgermeister kandidierte, ein anderer, der es aktuell tut.

Stadtrat Torsten Reinharz meldet sich als erster zu Wort. Er beantragt den Punkt 8 von der Tagesordnung zu nehmen und „nach hinten“ zu verschieben. Darin geht es um die bereit gestellten 92 500 Euro Eigenmittel für den Radweg Barby-Pömmelte. Weil die beantragten Fördermittel nicht kommen, würde das Geld für anderweitig notwendige Investitionen freigegeben werden. Stimmt der Stadtrat dem zu, wäre der Barbyer Anteil für den Radweg verloren. Reinharz Argument: Der Landtagsabgeordnete Lischka will einen Gesprächstermin bei Bauminister Webel einfädeln, ob nicht doch noch irgendwo Geld für den Radweg aufgetrieben werden kann. Also soll erst dieses Gespräch abgewartet werden, ehe die 92 500 Euro anderweitig verplant würden.

Die Ausschussmitglieder stimmen diesem Antrag bei zwei Gegenstimmen mehrheitlich zu.

Dann ist Kämmerin Claudia Blumtritt an der Reihe, die in der wenig zu beneidenden Rolle ist, zwölf Millionen Euro Haushaltsschulden verwalten zu müssen. Eckhard Henschel fragt nach der Doppik-Eröffnungsbilanz. Es schockiere ihn, dass die noch nicht vorliegt. Wenn er das 1990 in seiner Firma auch so gemacht hätte, hätte er sehr bald „die Bude zumachen können“. Die Kämmerin bleibt ruhig. Sie unterstreicht, dass man zwar nach „doppischen Grundsätzen“ arbeite, die Eröffnungsbilanz spätestens im nächsten Jahr auf dem Plan steht. Dies sei ein „gewaltiger Aufwand neben der normalen Arbeit“. Frank Sieweck schlägt die Hilfe von BWL-Studenten vor.

Norbert Langoff tritt mit dem leidigen Thema „freiwillige Aufgaben“ eine leidenschaftliche Diskussion los. Für Dinge wie Kultur und Sport darf die Stadt nur 3,46 Prozent des Haushaltes aufwenden. Unverständlicherweise fallen die drei Fähren der Einheitsgemeinde in diese Rubrik – trotzdem zwei davon Landesstraßen miteinander verbinden. Langoff schlägt vor, darüber nachzudenken, den Betrieb aus Protest einzustellen oder zumindest die Fähren zeitweise am Ufer zu lassen. Der Vorschlag klingt nach kommunalem Warnstreik, den es in Sachen Fähren so noch nicht gab. Der Glinder erntet dafür kollektives Kopfnicken, auch andere Ausschussmitglieder hauen in diese Kerbe. Torsten Reinharz spricht von einer „konzertierten Aktion“.

Detlef August aus Rosenburg schlägt eine breite mediale Begleitung des Themas vor. Schließlich könne man nichts dafür, drei Fähren vorhalten zu müssen. Ernst Neugebauer greift diesen Gedanken auf: Die Stadt werde schließlich gezwungen, Fähren, die rote Zahlen schreiben, stillzulegen, um die freiwilligen Aufgaben zu erfüllen.

Derweil dieser Unmut klar in Richtung Landespolitik geht, kommt jetzt etwas, das hausgemacht ist: die Verwendung von Stark-V-Fördermitteln und die Transparenz dazu. Torsten Reinharz merkt man an, wie sein Blutdruck steigt. Er rekapituliert: Am 29. September soll der Stadtrat über die Verwendung von Stark-V-Mitteln entscheiden, am 30. September ist Einsendeschluss der Beantragung beim Land. Der Bescheid, dass das Programm greife, ist über ein Jahr alt. Muss es denn sein, eine Beschlussfassung über 912 463 Euro auf den letzten Drücker anzusetzen? Warum habe das Amt nicht eher reagiert? Und vor allem: Warum wurde der Stadtrat über die konkrete Verwendung bisher nicht ins Bild gesetzt? Sondern nur der Bauausschuss ... Vielleicht hätte es auch andere Meinungen gegeben.

Das sieht auch Gudrun Tulinski aus Wespen so. Man habe im Stadtrat „hundert Mal Dinge zu beschließen, die nur abgenickt werden“. Wenn wirklich mal Mitbestimmung greife, werde nur der Fachausschuss informiert.

Monika Kloß vertritt das Bauamt, ihr Chef Holger Goldschmidt hat Urlaub. Sie hält die Verfahrensweise für richtig und ist erstaunt, warum sich Reinharz so aufregt. Schließlich sei die Hälfte der Summe beantragt und die Maßnahmen bekannt gewesen. Torsten Reinharz kriegt über so viel Gleichmut Flecke im Gesicht.

Doch ehe noch harschere Worte fallen, räumt Bürgermeister Jens Strube das Versäumnis ein. Wenn man eher beantragt hätte, wäre man auf der sicheren Seite gewesen. Ernst Neugebauer wünscht sich von der Verwaltung eine Erklärung, dass durch diese Verfahrensweise der Stadt keine Nachteile entstehen ... Monika Kloß nickt und wiederholt: Die 912 463 Euro Fördermittel sind sicher.

Hauptamtsleiterin Karin Knopf merkt man an, dass sie Themen anderer Ämter eigentlich nicht öffentlich kommentieren möchte. Dann sagt sie aber: „Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass Fördermittel erst dann sicher sind, wenn man den Zuwendungsbescheid in den Händen hält.“