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Kurisose Verhaftung Handschellen klickten im Gerichtssaal

48-Jähriger hatte eine vorherige Geldstrafe, die er abarbeiten wollte, nicht beglichen.

Von Wolfgang Biermann 17.02.2016, 17:08

Stendal l Das Amtsgericht Stendal hat vor kurzem einen Stendaler, der am Nachmittag des 23. Juli des vorigen Jahres mit dem Fahrrad auf der Stadtseeallee mit 1,8 Promille Alkohol im Blut von der Polizei erwischt worden war, zu einer Geldstrafe von 300 Euro verurteilt. Die böse Überraschung erfolgte für den 48-Jährigen allerdings erst nach der Urteilsverkündung: Ihm wurden nach Verlesen des sogenannten Vollstreckungshaftbefehls durch den Richter noch im Saal durch zwei Justizwachtmeister Handschellen angelegt. Vor dem Amtsgericht wurde er der Polizei übergeben, die ihn nach Burg in die Justizvollzugsanstalt brachte.

Der Angeklagte war nämlich schon am 1. August 2014 zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Weil er damals mit dem Auto unterwegs war, fiel die Geldstrafe auch entsprechend höher aus. Insgesamt 45 Tagessätze à 10 Euro (450 Euro) waren ihm seinerzeit aufgebrummt worden. Wegen Geldknappheit hatte der Stendaler darum gebeten, die Summe durch gemeinnützige Arbeit abstottern zu dürfen. Das wurde ihm auch gewährt. Allerdings verlor der 48-Jährigen wohl die Lust daran. Und so standen noch 35 Tagessätze offen. Und die muss der Angeklagte, der bereits sechs Strafregistereintragungen hat, jetzt ersatzweise absitzen – für jeden Tagessatz einen Tag im Knast. Der schriftlichen Ladung zum Strafantritt war der Angeklagte nicht gefolgt, wie der Richter erläuterte. Darum erfolgte die Vollstreckung des Haftbefehls im Gericht.

Zur aktuellen Verurteilung: Die Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad räumte er ein. Und auch, dass er vorher Bier und Kräuterlikör konsumiert hatte. Mit 1,8 Promille habe er die für Radfahrer bei 1,6 Promille festgelegte absolute Fahruntüchtigkeit überschritten – wenn auch nur um 0,2 Promille. Für Autofahrer sei das bereits bei 1,1 Promille der Fall, erklärte der Richter dem derzeit arbeitslosen gelernten Maurer. Darauf stehe bis zu einem Jahr Gefängnis oder Geldstrafe.

Der 48-Jährige, der schon vor längerer Zeit seinen Führerschein abgeben musste und diesen auch sobald wohl nicht wiederbekommen wird, akzeptierte das aktuelle Urteil und die damit verbundene Geldstrafe in Höhe von 300 Euro denn auch sofort. Indes fiel ihm sprichwörtlich die Kinnlade herunter, als die Wachtmeister den Saal betraten, die Handschellen klicken ließen, um ihn sodann reisefertig für die Fahrt in die Justizvollzugsanstalt Burg zu machen. Er hätte sich noch auslösen und als freier Mann nach Hause gehen können, sofern er 350 Euro im Gericht dabei gehabt hätte – hatte der Hartz IV-Empfänger aber nicht. Also ging es direkt in Kittchen.