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Bildungserfolg Mittagessen wirkt wie Philosophie

Rund 100 Teilnehmer kamen zur ersten Fortbildung des Kreiselternrates ins Schulungszentrum der Kreissparkasse Stendal.

Von Thomas Pusch 28.03.2017, 01:01

Stendal l Seit 15 Jahren bereits befasst sich Schulpädagoge Prof. Werner Sacher mit dem Thema Elternarbeit. Begonnen hatte alles mit einer Untersuchung über die Elternarbeit an bayerischen Schulen, mit der er betraut war. Bei der ersten Fortbildung des Kreiselternrates hielt Sacher ein Impulsreferat. Idealvorstellung ist, dass sich Eltern und Lehrer auf Augenhöhe begegnen, doch daran muss gearbeitet werden. „Der Einfluss der Familie auf den Bildungserfolg ist doppelt so hoch wie der der Schule“, sagte er. Das gelte auch für Ganztageseinrichtungen.

Kreiselternsprecher Ray Woitek, der zu der Veranstaltung Eltern, Lehrer und Sozialpädagogen eingeladen hatte, benutzt gern das Bild der Zahnräder, die ineinander greifen“. „Das fängt in der Familie an, da sind die Eltern und das Kind ein Zahnrad, wenn das Kind in die Schule kommt, kommen mit den Lehrern neue Zahnräder hinzu“, erklärte er. Sacher betonte ebenfalls, dass es nicht nur auf die Partnerschaft von Eltern und Lehren ankomme, sondern dass auch die Schüler einbezogen werden müssten.

Und der Einfluss der Eltern sei in der Tat nicht zu unterschätzen. „Da braucht auch kein Elternteil Angst zu haben, weil er fürchtet, dass die eigene Schulbildung nicht ausreicht“, beruhigte Sacher. Es sei nämlich erwiesen, dass das Gespräch über Philosophie genauso förderlich ist, wie das gemeinsame Mittagessen.

Sacher reist für seine Vorträge quer durch Deutschland und hat festgestellt, dass sich in den vergangenen Jahren einiges getan hat. Nur scheinbar gebe es ein Machtgefälle zwischen Lehrern und Eltern. In Deutschland gebe es sehr viel mehr Mitspracherecht als in anderen europäischen Ländern. In Österreich gebe es beispielsweise gar keine gesetzlich geregelte Elternbeteiligung, in der Schweiz sei die Elternarbeit ähnlich gering ausgeprägt.

Lieferte der Professor die Theorie, so kamen die praktischen Erfahrungen von den Teilnehmern. Ines Albrecht, Leiterin der Stendaler Grundschule Petrikirchhof, sprach beispielsweise von einer sehr engen Zusammenarbeit von Eltern und Lehrern. „Das hat im Moment natürlich etwas damit zu tun, dass wir gemeinsam für den Schulneubau kämpfen“, räumte sie ein. Allerdings würden sich auch sonst Lehrer und Eltern als Partner verstehen. „Es kommt sehr auf die persönlichen Kontakte an“, sagte sie.

Silvia Mattner, Leiterin der Diesterweg-Sekundarschule Stendal, setzt ebenfalls auf Partnerschaft. An ihrer Schule seien auch Veranstaltungen für die Willkommenskultur eingeführt worden. So gebe es einen Begrüßungsnachmittag und Begegnungen unter dem Motto „Eltern treffen Eltern“. „Ich werde immer nur dorthin bestellt, wo es gut läuft“, bemerkte Sacher süffisant. In der Tat, auch von Elternseite gab es keine Klagen.

Ulrike Balliet, Schulelternratsvorsitzende im Hildebrand-Gymnasium Stendal, hat aber festgestellt, dass der Kontakt von der fünften bis neunten Klasse enger ist als in der Oberstufe. „Die wollen dann ja alle schon erwachsen sein, und sehen es gar nicht gerne, wenn die Eltern sich einmischen“, ist ihre Erfahrung. Dorothee Schulz war gleich in doppelter Funktion dort, als Sozialarbeiterin in den Berufsbildenden Schulen I kennt sie den Kontakt von der schulischen, als Elternvertreterin in der Grundschule Nord von der anderen Seite. Und auf beiden Seiten hat sie gute Erfahrungen gemacht. „Manchmal sind sich die Eltern nicht bewusst, wie groß ihr Einfluss ist, daran kann gearbeitet werden“, riet Sacher.

Kreiselternratsvorsitzender Woitek war zufrieden mit der Resonanz von rund 100 Teilnehmern, darunter zwei Vertreterinnen des Salzwedeler Kreiselternrates. „Wir wollen die Zusammenarbeit verstärken“, kündigte er an. Enttäuscht war er, dass keine Eltern aus der sanierungsbedürftigen Stendaler Komarow-Sekundarschule dabeiwaren. „Ich kann nur den Anstoß geben“, meinte er, „kämpfen müssen die Eltern selbst“.