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Aus dem Gericht Prozess um Honigpanscherei abgebrochen

Ein Berufungsprozess gegen einen Imker aus Stendal ist wegen Befangenheit einer Schöffin abgebrochen worden.

Von Wolfgang Biermann 31.05.2017, 16:00

Stendal l Nach gut zweistündiger Dauer ist am Dienstag ein Berufungsprozess am Landgericht um angebliche Honigpanscherei durch einen Stendaler Imker geplatzt. Eine Schöffin hatte sich im Prozess zu der Äußerung gegenüber dem Angeklagten hinreißen lassen „Ich hoffe, dass ich von Ihnen keinen Honig kaufe“. Die Verteidigerin stellte umgehend einen Befangenheitsantrag gegen die Laienrichterin, der vom Staatsanwalt befürwortet wurde.

Und so erklärte Richter Gundolf Rüge als Vorsitzender der Berufungskammer nach kurzer Beratung: „Wir müssen das Verfahren an dieser Stelle ergebnislos abbrechen.“ Um was geht es? Dem 29-jährigen Angeklagten wird zur Last gelegt, einem Verarbeitungsbetrieb in Bayern im August 2014 statt vertraglich vereinbarter Lieferung von zehn Tonnen „deutschen Honig aus eigener Herstellung“ etwa 5,2 Tonnen Billig-Honig aus China zugesandt zu haben. Das stellt das Gesetz als „Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit irreführender Bezeichnung unter Strafe“.

Es handele sich um ein Versehen des Auslieferungsfahrers, hatte der Angeklagte schon im Mai vorigen Jahres in erster Instanz vor dem Amtsgericht angegeben, und er wiederholte es vor dem Landgericht. Demnach habe die richtige Ladung auf der Rampe gestanden. Er teile sich den Firmensitz mit einer weiteren Firma, die ebenfalls mit Honig handelt. Der Fahrer hätte wohl die unetikettierten Fässer verwechselt und so den falschen Honig nach München geladen. Schaden hätte es aber keinen gegeben, weil der Vertrag eine Zahlung unter den Vorbehalt einer Qualitätsprüfung gestellt hätte.

Das Amtsgericht hatte den Angaben des wegen Betruges, Urkundenfälschung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis vorbestraften Imkers keinen Glauben geschenkt und ihn deshalb zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Die Höhe der Tagessätze wurde nicht beziffert, weil die Geldstrafe als einmonatige Haftstrafe mit der neunmonatigen Bewährungsstrafe wegen Betruges in eine Gesamtstrafe von zehn Monaten Gefängnis einbezogen wurde (Volksstimme berichtete). In dem Betrugsverfahren ging es darum, dass der Angeklagte mit einem Mittäter von 2010 bis 2012 in 29 Fällen „gemeinschaftlich und gewerblich“ Tausende Kilogramm „normale Bienennahrung als Bio-Produkte“ bundesweit an Imker geliefert hat.

Den Strafbefehl vom 18. Januar 2016, der die neunmonatige Bewährungsstrafe wegen Betruges und Urkundenfälschung beinhaltete, hatte der Angeklagte akzeptiert. Gegen das Urteil vom 24. Mai 2016, das diesen Strafbefehl mit einbezog, hatte er Berufung eingelegt. Einen Termin für einen zweiten Prozessanlauf am Landgericht mit neuen Schöffen gibt es noch nicht.