1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Schrottreifer Chevy läuft wieder

Automobili Schrottreifer Chevy läuft wieder

Die Volksstimme stellt Menschen vor, die ein besonderes Auto fahren. Heute Gerrit Eggert aus Wernigerode mit seinem Chevrolet.

Von Uta Müller 11.07.2017, 01:01

Wernigerode l Türkis-blau glänzt der Lack in der Sonne. Der Chevrolet C20 Pick Up sticht durch seine enorme Größe zwischen den vielen Wagen auf dem Gelände vom Hasseröder Autoservice hervor. Vorn eine durchgehende Sitzbank und hinten eine riesige Ladefläche – ein echtes Raumwunder. Der Oldtimer aus dem Jahr 1966 gehört dem Ehepaar Ines und Gerrit Eggert aus Wernigerode.

Mit viel Chrom und imposanten Heckflossen war dieses fünf Meter lange Auto der Inbegriff des amerikanischen Straßenkreuzers. Es war billiger als der luxuriöse Cadillac, sodass sich damit auch Normalverdiener den Traum von der Freiheit auf vier Rädern erfüllen konnten.

Gerrit Eggert hatte im Sommer 2016 den unrestaurierten Pick-up auf dem amerikanischen Markt erstanden. Von Kalifornien in den Vereinigten Staaten wurde das Fahrzeug per Schiff nach Europa transportiert. Doch der betagte Achtzylinder lief nicht mehr. Im Hafen von Rotterdam musste Gerrit Eggert den schrottreifen Chevy mit einer Seilwinde auf seinen Anhänger ziehen. Hinter die Familienkutsche gespannt, ging es aus dem niederländischen Rotterdam zurück in den Harz. Für Ehefrau Ines ein unvergesslicher Anblick: „Unser Pajero sah dagegen richtig winzig aus.“ Der defekte Motor war für Gerrit Eggert kein Hindernis. „Die Arbeit am Auto bereitet mir viel Spaß“, so der Kfz-Meister. „Mit drei Schraubenschlüsseln kann man diese Fahrzeuge noch reparieren, die neuen Modelle haben zu viele Bauteile“, fügt er augenzwinkernd hinzu.

Dem Inhaber des Hasseröder Autoservices ist die Leidenschaft für Autos in die Wiege gelegt worden. Bereits sein Vater und Großvater reparierten Fahrzeuge. „Aus zurückgelassenen Militärfahrzeugen und einem B 1000 baute sich mein Opa ein Wohnmobil.“ Im Alter von drei Jahren sei er in der Werkstatt seines Vaters umhergelaufen. Später habe er Kotflügel von den Autos abgebaut und Motorräder erst auseinandergeschraubt, um sie anschließend wieder zusammenzusetzen.

Für den 42-Jährigen liege der Reiz in den schrottreifen Autos. „Ich mag es, vor allen die hoffnungslosen Fälle wieder zum Leben zu erwecken. Da kann ich meiner Fantasie freien Lauf lassen“, so der Kfz-Meister. Dabei gehe es ihm auf keinen Fall darum, das Fahrzeug komplett umzubauen. Es müsse schon das Auto sein, was „ursprünglich vom Band gelaufen ist“. Genauso war es mit dem amerikanischen Oldtimer. Nachdem Gerrit Eggert 2016 ein Ford Cabrio neu aufgebaut hat, wurde es Zeit für ein weiteres Projekt.

„Den Mustang aus dem Jahre 1969 habe ich vollständig zerlegt und gesandstrahlt.“

Bei der Recherche im Internet suchte der Fahrzeugmechaniker mit der Vorliebe für V 8-Motoren nach amerikanischen Autos aus den 1960er und 1970er Jahren. „Damals haben die Designer sich bei der Form noch etwas zugetraut“, so Eggert. Er schraubt und schleift, montiert und poliert, reguliert, tüftelt und greift auch mal zur Flex, um verbackene, korrodierte Schellen und Muttern zu entfernen, etwa am Auspuff. Eggert nahm den Chevrolet komplett auseinander: Alle Holzteile waren verrottet und mussten erneuert werden. Die Wochenenden verbringt er dazu oft in der Werkstatt.

Das hat sich gelohnt: Schick sieht er aus, der Achtzylinder, türkis-weiß lackiert, wie er in der Sonne glänzt. „Klingt der nicht gut? Läuft wie ein Uhrwerk“, schwärmt Gerrit Eggert, als er den Motor des Chevrolets startet. Die fehlende Motorhaube lässt einen Blick auf den beeindruckenden Achtzylinder zu. „Der hat richtig Kraft“, sagt Eggert und weiß, dass die Restaurierung ohne die Hilfe seiner Familie nicht möglich wäre. „Meine Frau und meine beiden Kinder teilen die Begeisterung und packen mit an.“ Wie etwa beim Einsetzen der Frontscheibe oder bei der Zusammensetzung der Lackfarben an der Mischanlage.