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Blasmusik Erfolgsstory in Erinnerung behalten

Die Fidelen Blasmusikanten Wernigerode sind für Gerhard Förster sein Lebenswerk, das er in einem Buch verewigt hat.

Von Regina Urbat 20.07.2017, 01:01

Wernigerode l Er hält ein kleines Buch in den Händen. Auf knapp 80 Seiten aufgeschrieben und mit Dokumenten sowie Fotos illustriert, ist es sein Leben und Lebenswerk. Auf der Titelseite abgebildet sind die Fidelen Blasmusikanten Wernigerode, „eine 40-jährige Erfolgsstory“, sagt Gerhard Förster.

Der Wernigeröder hat mit Gleichgesinnten am 12. November 1972 die Kapelle gegründet. Sie gaben ihr den Namen „Die Fidelen Blasmusikanten“, den sich der heute 82-Jährige ausdachte. „Wir wollten Optimismus verbreiten und fröhlich sein, hatten den Wunsch, die Zuhörer zu begeistern und ihnen Freude zu schenken“, erinnert sich Förster. Zur Gründungsmannschaft gehörten damals Förster als Schlagzeuger, Jupp Haupt als Kapellmeister, sein Sohn Manfred, Wilhelm Sitte, Erich Höhne, Gerhard Schirbel, Willi Thurow, Karl Jung als Bariton.

Dass das Konzept der Anfangsformation und den späteren Orchesterbesetzungen gelang, wird in den folgenden Auftrittsjahren bis 2012 mehrfach bestätigt. Die Fidelen spielen zu vielen Anlässen; beim Rathausfest in Wernigerode waren sie ebenso fester Bestandteil wie zu Himmelfahrt auf dem Armeleuteberg. Aber auch außerhalb der Stadtgrenzen erfreuten die Musikanten ihr Publikum. „Mit Konzertreisen trugen wir zur Verbundenheit der Menschen im In- und Ausland bei“, so Gerhard Förster. 1986 erhielt er mit seinem Orchester für das musikalische Schaffen den Kunstpreis der Stadt Wernigerode mit dem Eintrag in das goldene Buch.

Nach der Wende musizierten die Fidelen weiter, sie gründeten am 10. Januar 1993 einen Verein, der heute noch besteht, in Langeln in der Gaststätte „Zum schwarzen Ross“. Förster wurde zum Vorsitzenden gewählt. Die freundschaftliche Bande nach Hradec Kralove zum Orchester Polablanka, die seit der 750-Jahr-Feier in Wernigerode 1979 bestand, wurde weiter gepflegt. Es folgten Konzertreisen in die weite Welt. Zweimal sogar in die USA.

Ausgelöst wurden sie durch den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl. Dieser hatte am 30. März 1998 einen Wahlkampfauftritt in Quedlinburg, die Fidelen waren als Kapelle eingebunden. „Unsere Organisatorin Inge Zimmer kam plötzlich angelaufen und berichtete von einem Einspringen für eine verhinderte Blaskapelle zum Oktoberfest in New Jersey“, erinnert sich Förster. Das Angebot kam vom Zielitzer Kali-Ensemble, das schon zweimal in dem amerikanischen Bundesstaat aufgetreten war. Die Wernigeröder sprangen ein, wohl wissend, solch ein Angebot wird es so schnell nicht wieder geben. Es wurden Sponsorengelder gesammelt, „schließlich galt es, Wernigerode im Ausland zu vertreten“.

Der Aufwand war enorm, die Instrumente mussten für den Flug in Aluminiumbehälter verpackt werden, die große Tuba erhielt sogar eine Extrakiste. „Das Frachtgut war der größte Finanzposten“, so Förster. Am 24. Juni 1998 landeten die Harzer in New York, wurden von den Mitgliedern des Deutschen Schul- und Gesangvereins, dem Ausrichter des Oktoberfestes, abgeholt und zum German Park in Dover gefahren. Es war der Beginn einer neuen Freundschaft mit vielen Erlebnissen, Gegenbesuchen und einer zweiten Konzertreise durch die USA zum Oktoberfest im Jahr 2001. Mit an Bord war damals die Blankenburger Tanzmusikband Passat.

Die Fidelen mit den sympathischen Sängerinnen Christa Reinke, Marita Müller – später Lehmann – und Melanie Han bekam nach der Wende wieder festen Boden unter den Füßen. Unumstritten ein Verdienst des engagierten Kapellmeisters Gerhard Förster und zahlreicher Unterstützer, denen er in seinem Werk herzlich dankt.

Von besonderer Bedeutung war und ist für Förster die Beziehung zu den tschechischen Freunden und der böhmischen Blasmusik. Wenn er darüber berichtet, ist Funkeln in seinen Augen. Besonders bei den immer noch regelmäßigen Treffen mit Lubosch und Waclav, die nach der Auflösung von Polabanka als Duo Alegro in und um Wernigerode begeisterten. Da seine Heimat im Sudetenland war, verständlich, dass sich Förster der böhmischen Blasmusik hingezogen fühlte.

Wie er aufwuchs, was er während der Vertreibung nach Deutschland erlebte und wie er zu musizieren begann – auch das beschreibt der Kapellmeister in seinem Buch. Ebenso über seinen sehnlichen Wunsch, dass sich begeisterte Musiker finden, die in die Fußstapfen treten und die Tradition der Blasmusik mit dem Orchester weiterführen. „Vielleicht die jungen Fidelen?“

Förster, der Vater der Fidelen, trat 2008 ab und übergab die Geschicke des Orchesters an Michael Stehling (Vorsitzender) und Otmar Festerling (musikalischer Leiter). Zu Proben und Auftritten besuchte er die einstigen Mitstreiter. Im November 2012 feierten die Fidelen auf dem Armeleuteberg mit allen ehemaligen und noch aktiven Musikern samt Angehörigen das 40-jährige Bestehen.

Inzwischen sind die Instrumente verstummt, die Partituren eingelagert und das Buch herausgegegen. Es soll beitragen, so der Autor Gerhard Förster, dass die Erinnerung an einen „wichtigen Klangkörper für die Stadt Wernigerode nicht verblasst“. Das Buch „Fidele Blasmusikanten Wernigerode“ in einer limitierten Auflage von 100 Stück ist in der Tourist-Information Wernigerode zum Preis von 8,50 Euro erhältlich.