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Strukturreform Polizei: Diskretion ist Mangelware

Ob handfester Ärger oder Diebstahl - es gibt viele Gründe, das Polizeirevier in Wolmirstedt aufzusuchen. Doch Diskretion ist Mangelware.

Von Gudrun Billowie 07.02.2017, 00:01

Wolmirstedt l Eine ältere Dame, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, fühlte sich in der Innenstadt von einem Fremden bedrängt. Davon wollte sie der Polizei erzählen und betrat die Wache in der Friedensstraße. Dort saß bereits ein Paar und berichtete dem diensthabenden Polizisten von einem Nachbarschaftseklat. Die ältere Dame hörte die Geschichte, erfuhr die Namen der Akteure und war befremdet. Der Polizist hatte das Paar nicht in einen separates Zimmer gebeten, sondern die Aussage des Paares bereits im Foyer entgegengenommen. Vor den Ohren aller. Unter diesen Umständen verzichtete die ältere Dame darauf, von ihrem Erlebnis mit dem Bedränger zu berichten und ging. Ihre fehlte, so sagte sie der Volksstimme, schlicht die Diskretion.

„Die Situation ist nicht zufriedenstellend“, räumt Polizeisprecher Joachim Albrecht ein und bestätigt das Vorgehen der Kollegen, das weder Einzelfall noch Zufall ist. Zudem, sagt er, hätten die Beamten richtig gehandelt. Polizisten seien stets zur Eigensicherung verpflichtet. Die wird im Kontakt mit Bürgern durch einen zweiten Kollegen gewährleistet, doch der ist nicht immer da. Sind Polizeibeamte allein im Dienst, bleiben sie hinter einer Sicherheitsglasscheibe und befragen die Bürger über eine Wechselsprechanlage. Manche Beamte kommen auch zur Tür und stehen „zwischen Tür und Angel“, während sie das Anliegen der Bürger entgegennehmen. Die Tür kann jederzeit geschlossen werden.

Gegenüber der Eigensicherung der Beamten steht jedoch der Wunsch der Bürger, diskret und mit Fingerspitzengefühl behandelt zu werden. Auch dafür hat der Polizeisprecher Verständnis und empfiehlt den Mittelweg: Bürger sollen ihr Anliegen kurz über die Wechselsprechanlage vortragen, anschließend aber deutlich machen, dass sie über Einzelheiten nur im persönlichen Gespräch berichten möchten. Das werde respektiert. „Dann wird ein Kollege dazugeholt, um die Anzeige aufzunehmen“, versichert Joachim Albrecht. Dazuholen bedeutet, der Streifenwagen wird nach Wolmirstedt gerufen, denn im Gebäude ist mitunter kein Kollege mehr verfügbar.

Das Wolmirstedter Polizeirevier ist kein eigenes Revier mehr, sondern im Ergebnis einer Strukturänderung die Außenstelle des Polizeireviers Börde geworden. Im ganz normalen Einsatzdienst sitzt nur ein Kollege in dieser Außenstelle, zwei weitere sind mit dem Streifenwagen unterwegs. Außerdem haben in Wolmirstedt noch zwei Regionalbereichsbeamte und die Kriminalisten ihren Sitz. Die Regionalbereichsbeamten und Kriminalisten sind jedoch mit anderen Aufgaben betraut.

Die Strukturänderung sollte bewirken, dass mehr Kollegen in der Fläche unterwegs sind. Die starren Reviergrenzen wurden aufgehoben. „Wir arbeiten jetzt mit Streifenkreisen“, sagt Joachim Albrecht. Die überschneiden sich, sodass Kollegen bei Bedarf auch aus anderen Streifenkreisen angefordert werden können. Im Notfall lassen sich so mehr Beamte zusammenziehen.

Der älteren Dame hätte es jedoch vorerst genügt, wenn sie nach ihrem unschönen Erlebnis auf Feingefühl getroffen wäre.