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Geldstrafe Schwarzfahrer zum siebten Mal ertappt

Ein Ascherslebener wurde sieben Mal beim Schwarzfahren erwischt. Das Landgericht Dessau belässt es bei einer Geldstrafe.

Von Andreas Behling 07.04.2017, 04:00

Dessau/Zerbst l „Ich war zu der Zeit blind vor Liebe. Da war mir egal, ob ich erwischt werde“, sagte der Mann im hellgrauen Kapuzenshirt. Allerdings musste der 29-Jährige wissen, dass es Konsequenzen hat, sich ohne Fahrschein in einen Zug zu setzen. Einer der sieben Einträge in seinem Vorstrafenregister lautete: Erschleichen von Leistungen. Trotzdem ging der gebürtige Ascherslebener Anfang 2016 wieder das Risiko ein, erwischt zu werden, als er die Bahn benutzte, um seine damalige, in Zerbst wohnende Freundin zu besuchen. Vielleicht ging das sogar ein paar Mal gut. Sieben Mal zogen aber Kontrolleure den Schwarzfahrer auf der Strecke aus dem Verkehr.

Das passierte zwischen Januar und April 2016. Für die Tickets hätte er in der Summe 38,60 Euro zahlen müssen. Gut ein Jahr später hat sich der Preis spürbar erhöht. Auf knapp 205,70 Euro je Fahrschein. Denn der 29-Jährige wurde nunmehr von der 7. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau wegen Leistungserschleichung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1440 Euro verurteilt. Ihm und seinem Verteidiger Jan-Robert Funck stand deutlich vor Augen, dass sich die Berufungsinstanz unter dem Vorsitz von Siegrun Baumgarten letztmalig so gnädig zeigte. Denn es hätte auch ganz anders kommen können.

Weil der Angeklagte einschlägig vorbestraft war und als Bewährungsversager galt, wollte ihn die Staatsanwältin Heidrun Voss – „Zwischen Dessau und Zerbst hätte er auch leicht das Fahrrad benutzen können“, argumentierte sie – für acht Monate hinter Gitter schicken. Und zwar ohne Bewährung. Davon sah die Kammer allerdings ab. Aus ihrer Warte fielen das umfassende Geständnis, die tiefe Reue und auch die geringe Schadenshöhe positiv ins Gewicht. „Das muss jetzt wirklich das letzte Mal sein. Falls es nötig werden sollte, kratzen Sie das Geld für eine Fahrkarte irgendwie zusammen!“, redete die Vorsitzende dem inzwischen in Thüringen lebenden Angeklagten ins Gewissen.

Verteidiger Funck hatte zuvor sehr ausführlich begründet, weshalb sein Antrag auf eine Geldstrafe (1000 Euro) oder – dies hilfsweise – auf eine sechsmonatige Bewährungsstrafe hinauslief. Er sah eine das Vermögen angreifende Straftat „am alleruntersten Rand“. Bei einem derart niedrigen Wert sei eine kurze Haft „nicht angezeigt“. Selbstverständlich müsse es eine Strafe geben. Die sollte jedoch so bemessen sein, dass sie seinen Mandanten nicht wieder aus dem Leben reiße, das er zu ordnen gerade begonnen habe. Der 29-Jährige gehe regelmäßig zur Bewährungshelferin und trinke keinen Alkohol mehr. Außerdem fahre ihn sein zukünftiger Schwiegervater zu Terminen.

„Der Mann hat das Erwartbare umgesetzt“, konstatierte der Anwalt. Damals, als es zu den angeklagten Schwarzfahrten kam, sei der inzwischen sechsmalige Vater nach einem längeren Gefängnisaufenthalt wohl in einem Überschwang der Gefühle gewesen. „Da war er schwer verliebt, stürzte sich in die Beziehung. Und blendete vermutlich alles Negative aus.“ Mit Schwerkriminalität hätten die Touren nach Zerbst indes wirklich nichts zu tun gehabt. Deswegen sei es auf keinen Fall unerlässlich, den Angeklagten ins Gefängnis zu stecken. „Halte ich da Uli Hoeneß dagegen – und da packen mich regelmäßig Aggressionen –, hätte der 350 000 Jahre in Haft gehört.“