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Schwarz-Rot will Mindestlohn mit neuen Kompromissen umsetzen

28.06.2014, 09:09
Das Gesetz zum Mindestlohn soll demnächst im Bundestag verabschiedet werden. Foto: Patrick Pleul
Das Gesetz zum Mindestlohn soll demnächst im Bundestag verabschiedet werden. Foto: Patrick Pleul dpa-Zentralbild

Berlin - Die große Koalition ist beim gesetzlichen Mindestlohn auf der Zielgeraden. Nächste Woche soll das Vorhaben durchs Parlament. Bis zuletzt wird an Kompromissen gefeilt.

Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, ist gegen weitere Ausnahmen beim gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. "Wenn man zu viele Sonderregelungen zulässt, wird man Widersprüche produzieren, Ausweichverhalten fördern und am Ende Unzufriedenheit ernten", sagte er der "Frankfurter Rundschau" (Samstag).

Am Freitag hatten sich die Spitzen der schwarz-roten Koalition auf Änderungen am Gesetzentwurf - etwa zu Zeitungszustellern, Erntehelfern und Praktikanten - geeinigt. Nach einer Expertenanhörung am Montag im Arbeitsausschuss des Bundestages soll das Gesetz am Donnerstag im Parlament verabschiedet werden.

Die neu ausgehandelten Kompromisse sehen laut "Passauer Neue Presse" (Samstag) für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft vor, die Grenze für die sozialabgabenfreie kurzfristige Beschäftigung von 50 auf 70 Tage anzuheben, um Obst- und Gemüsebetriebe bei Einführung des Mindestlohns zu entlasten. Diese Lösung müsse jedoch noch auf ihre Vereinbarkeit mit dem Europarecht hin überprüft worden. Außerdem solle die Anrechnung von Kost und Logis auf den Mindestlohn bei Saisonarbeitern ermöglicht werden.

Für Praktika, die nach bisherigem Stand bis zu einer Dauer von sechs Wochen vom Mindestlohn ausgenommen werden sollen, ist laut Zeitung eine Verlängerung der Ausnahmefrist auf bis zu drei Monate geplant. Für Zeitungsausträger ist eine Ausnahmeregelung vorgesehen.

Ein Sprecher des Arbeitsministeriums wollte die Angaben am Samstag nicht kommentieren. "Das ist Sache der Fraktionen", sagte er. "Die Details werden jetzt ausgearbeitet." Aus der Union wollte sich am Samstag niemand dazu äußern, wie eine Sprecherin sagte. Auch bei der SPD war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sagte der "Rhein-Zeitung" (Samstag): "Wir gehen von einer Lohnerhöhung von rund zehn Milliarden Euro über alle Branchen hinweg für all diejenigen aus, die bisher am untersten Rand der Lohnskala stehen." Sie bezeichnete diese Kosten als "ganz ordentlich" - sie müssten aber im Vergleich gesehen werden: "Allein der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst in diesem Jahr macht zusätzlich fünf Milliarden aus. So relativiert sich die Zahl dann doch."

Weise äußerte zwar Verständnis für Branchen und Unternehmen, die wirtschaftliche Argumente gegen den Mindestlohn anführten: "Sie formulieren ernstzunehmende Einwände." Auf der anderen Seite lebten erfolgreiche Geschäftsideen "von guten Leistungen und Produkten, die die Kunden überzeugen, nicht von niedrigen Löhnen", so der BA-Chef.

Die von Wirtschaftsexperten geäußerte Befürchtung, der Mindestlohn werde viele Hunderttausend Arbeitsplätze kosten, teilte Weise nicht: "Nach den Einschätzungen, die wir von externen Fachleuten und aus unserem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung erhalten, dürfte es nicht zu Arbeitsplatzverlusten im großen Stil kommen."