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Fragen und Antworten: Tsipras sucht in Italien Verbündete

03.02.2015, 08:45

Rom - Beide jung, beide im gleichen Boot? Der neue griechische Regierungschef Alexis Tsipras stellt sich in Italien bei seinem Amtskollegen Matteo Renzi vor.

Bei dem Besuch wirbt er um Unterstützung für seine Politik. Beide Länder stecken in der Krise, beide wollen Wachstum statt einen harten Sparkurs. Doch es gibt Unterschiede.

Ist Renzi als "junger Neuer" vergleichbar mit Tsipras?

Der 40-jährige Renzi ist wie Tsipras, ebenfalls 40, ein medienaffiner und hemdsärmliger Politiker. Vor seinem Amtsantritt vor einem Jahr hatte er vollmundig angekündigt hat, die alte Politikerklasse Italiens zu "verschrotten". Mit seinem Reformprogramm hat der Florentiner zuletzt zwar Popularität bei den Gewerkschaften, im Volk und auch innerhalb seiner sozialdemokratischen Partei PD eingebüßt. Jedoch hält er die Zügel fest in der Hand und gewährt Italien mehr Stabilität als in den turbulenten Jahren davor. Mit der Wahl seines Kandidaten Sergio Mattarella zum Staatspräsidenten am vergangenen Wochenende hat er seinen Machtanspruch unterstrichen. Jedoch ist Renzi sich durchaus bewusst, dass er es sich mit seinen europäischen Partnern nicht verscherzen kann. Kanzlerin Angela Merkel zeigt er zumindest immer ein Booklet, in dem die Reformfortschritte nachskizziert sind. Zu seinem Verhältnis mit Tsipras sagte Renzi: "Wir haben das gleiche Alter, aber wir gehören zu verschiedenen politischen Familien. Aber wir haben die Idee gemeinsam, der Politik die Möglichkeit zurückzugeben, die Dinge zu ändern."

Wie ist Renzi bisher als Reformer vorgegangen?

Renzi will Wachstum statt einem harten Sparkurs. Als "Turbo-Reformator" hat Renzi zwar jeden Monat eine neue Reform angekündigt. Jedoch dauert das Programm länger, als ihm und Ökonomen lieb ist. Im Dezember ist die wichtige Arbeitsmarktreform beschlossen worden, womit unter anderem der Kündigungsschutz aufgeweicht werden soll. Zudem stehen große Reformen des Senats und des Wahlrechts an. Kritikern in seiner Partei und die Opposition monieren Renzis "Bulldozer"-Methode, mit der er seinen Willen durchsetze.

Wie steht die italienische Regierung zur neuen Regierung in Athen?

Italien erhofft sich eine weitere Diskussion über eine Lockerung der Sparvorgaben der EU. "Wir müssen Europa dazu bringen, mehr über Wachstum und nicht nur über Austerität zu sprechen", sagte Renzi. Wie in Griechenland wird oft Kanzlerin Angela Merkel für die Misere im eigenen Land verantwortlich gemacht, weil sie striktes Sparen statt Investitionen fordere. Renzi betont, das Wachstum wichtig sei, um aus der Krise zu kommen. Andererseits wolle er mit Tsipras keine "mediterrane Achse" gegen die EU und Deutschland bilden, verlautet aus Regierungskreisen in Rom. In einem Telefonat zwischen Renzi und Merkel hätten die beiden ihre gemeinsame Haltung gegenüber Athen unterstrichen, hieß es in Berlin. Italienische Medien schreiben Renzi eine Vermittlerrolle zwischen Griechenland und Deutschland zu. "Italien ist einer der Gläubiger Griechenlands, will aber eine logische Position einzunehmen, und nicht den Schuldner erwürgen", sagte Europa-Staatssekretär Sandro Gozi. Renzi betonte, er sei überzeugt, dass Tsipras mit Dialog eine Lösung finde. "Ich glaube fest daran, dass die Voraussetzungen gegeben sind."

Mit welchen Problemen kämpft Italien?

Italien steckt seit drei Jahren in der Rezession, die Arbeitslosigkeit liegt bei fast 13 Prozent, die Verschuldung bei rund 130 Prozent der Wirtschaftsleistung und damit weit über den erlaubten 60 Prozent nach den Euro-Stabilitätskriterien. Auch wenn Ökonomen immer wieder voraussagen, dass die Wirtschaft bald wächst, ist das bisher noch nicht eingetreten. Viele Italiener sind frustriert und haben kein Vertrauen in die Politik. Politisch hat sich die Lage seit Renzis Amtsantritt vor einem Jahr allerdings stabilisiert. Das wird bei den EU-Partnern und auf Finanzmärkten goutiert. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft in der Euro-Zone und hat im Gegensatz zu Griechenland eine international bedeutende Industrie und Großunternehmen.