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Preise sind um 25 Prozent gefallen Billiges Öl setzt Opec unter Druck

Von Frederik Richter 06.11.2014, 01:17

Frankfurt/Main (dpa) l Über Jahrzehnte kannte der Ölmarkt nur eine Gleichung: Sinken die Preise, dann senkt das mächtige Ölkartell Opec seine Produktion. Doch in diesem Herbst ist alles anders. Der Preis bricht ein und das Öl sprudelt einfach weiter. Seit Ende Juni sind die Ölpreise um etwa 25 Prozent eingebrochen, die Nordseesorte Brent markierte ein neues Vierjahrestief. Und Saudi-Arabien, das tonangebende Mitglied der Organisation erdölexportierender Länder (Opec), macht keinerlei Anstalten, seine Öl-Förderung zu drosseln. Stattdessen senkte das Land im September und Oktober die Preise für seine Kunden. Was ist passiert?

Die Antwort findet sich in Nordamerika: Das starke Wachstum der Schieferölproduktion in den USA hat den globalen Ölmarkt grundlegend verändert. Mit dem sogenannten Fracking werden auch Vorkommen gefördert, die zuvor schwer zugänglich waren. Diese Produktion hat sich in den Jahren 2008 bis 2013 auf etwa 2,5 Millionen Barrel pro Tag verfünffacht. Die Abhängigkeit des weltgrößten Ölverbrauchers USA von den Opec-Staaten hat damit stark abgenommen.

Dies hat das Kalkül der Saudis verändert. "Das Hauptziel Saudi-Arabiens ist offensichtlich nicht mehr die Marktstabilität, sondern der Erhalt seines Marktanteils", kommentiert der französische Wirtschaftsexperte Jacques Blot. Einige Beobachter glauben, dass Riad niedrigere Preise akzeptiert, um das Wachstum der US-Produktion einzudämmen. Schieferöl ans Tageslicht zu bringen, ist viel aufwendiger und teurer als die Förderung auf den riesigen Ölfeldern im Nahen Osten. Wo die Gewinnschwelle genau liegt, ist unklar und trägt zu den Unsicherheiten auf dem Ölmarkt bei. Experten nennen Spannen von 75 bis 85 US-Dollar pro Barrel (159 Liter). Der jetzige Preissturz könnte also Investitionen in neue Schieferölprojekte aufschieben. Derzeit kostet ein Barrel je nach Sorte zwischen zwischen 77 und 82 Dollar.

Die Frage ist nur, ob Saudi-Arabien dazu genug Macht hat: Denn laut einer Analyse von Goldman Sachs ist die US-Schieferölproduktion mittlerweile größer als die wichtige Reservekapazität des Königreichs. "Saudi-Arabien hat im Ergebnis die Fähigkeit verloren, die Wirtschaftlichkeit des US-Schieferöls aus dem Gleis zu bringen."

Das Land stehe nur noch vor der Wahl, entweder die Produktion und damit auch die eigenen Gewinne zu kürzen, was am Wachstum des US-Schieferöls ohnehin nichts ändere. Die Alternative - die Riad offensichtlich gewählt hat - sei die Maximierung der eigenen Produktion zur Maximierung der Einnahmen.

Die Experten von Goldman Sachs gehen davon aus, dass der Preis für die US-Sorte WTI im nächsten Jahr bei 75 Dollar pro Barrel liegt und weiter auf 70 Dollar je Barrel sinkt. Ende Juni lag der Preis noch bei 103 Dollar pro Barrel.

Die niedrigen Preise treffen Saudi-Arabien hart, denn die Regierung braucht für einen ausgeglichenen Haushalt einen Ölpreis von etwa 85 Dollar je Barrel. Um politische Unruhen zu vermeiden, hat das autoritäre Königshaus seit dem arabischen Frühling die Sozialausgaben stark erhöht. Auch die Rüstungsausgaben Riads steigen wegen seiner Spannungen mit dem Iran an. Bei den Rüstungsausgaben treffen die sinkenden Ölpreise auch Russland, das für einen ausgeglichenen Haushalt laut Schätzungen einen Ölpreis von knapp über 100 Dollar je Barrel benötigt.

Auf der nächsten Opec-Sitzung am 27. November dürfte es heiß hergehen. Wichtige Produktionsländer wie Kuwait folgen den saudischen Richtungsvorgaben. Doch andere Mitglieder wie Venezuela und Nigeria haben bereits vehemente Bedenken angemeldet - sie können sich den Kurs der wohlhabenden arabischen Länder nicht leisten.