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Wie eine Lehrerin ihre zweite Familie gefunden hat

01.12.2014, 09:44

Burg l Als Sozialarbeiterin Marita Fischer den Backofen öffnet, beschlagen ihre ovalen Brillengläser von der entweichenden Hitze. Dann holt sie ein duftendes Backblech mit Kuchen heraus, um Platz für den nächsten süßen Kandidaten zu machen. Gekostet wird aber erst beim Weihnachtsbasar.

Die stellvertretende Heimleiterin wirkt entspannt und gelassen, als sie mit Bewohnerin Dagmar Bartling das Rezept von Zutat zu Zutat durchgeht.

"Viel Geduld aufzubringen, lernt man mit den Jahren", sagt die 57-Jährige. Neben Geduld gehört Feingefühl zum wichtigsten Rüstzeug für den Arbeitsalltag der Betreuerin. Seit 17 Jahren gehört sie zum Team der Lebenshilfe in Burg.

"Man kann mit allem zu ihr kommen. Ich bin sehr zufrieden", sagt Evelyn Oerlicke, die Marita Fischer seit acht Jahren kennt und den beiden beim Backen assistiert.

Ein geregelter Ablauf bestimmt nicht nur den Alltag der Heilerziehungspfleger, Sozialpädagogen und Ergotherapeuten, sondern auch den der Bewohner. In der Woche gehen sie vormittags arbeiten. Das ist eine der Voraussetzungen für einen Platz in der Wohngruppe. Dagmar Bartling baut Betten zusammen, Evelyn Oerlicke verpackt Rohrschellen.

Insgesamt 120 Menschen werden in der stationären oder ambulanten Betreuung von den Mitarbeitern der Lebenshilfe begleitet. Sieben bis acht Bewohner bilden eine Wohngruppe, betreut wird aber auch gruppenübergreifend.

"Das Ziel unserer Arbeit ist es, dass einige Bewohner vielleicht eines Tages doch eigenständig eine Wohnung beziehen können", so Fischer. Wenn ein Mitglied der "Wohngruppenfamilie" plötzlich stirbt, nimmt das die Sozialarbeiterin sehr mit. Dann denkt sie auch mal länger zuhause darüber nach. Die schönsten Momente sind jene, wenn Menschen, die sie lange begleitet hat, nun einen eigenen Haushalt führen, erzählt Fischer von ihren Erfolgserlebnissen.

Der Umgang mit ihrer "zweiten" Familie ist herzlich. Ein freundschaftliches Drücken und viel herzliches Lachen hört man vom Bäckertrio aus der Küche bis in den Flur.

Einmal im Jahr geht es für die Lebenshilfe-Familie in den Urlaub. "In diesem Jahr waren wir unter anderem in Berlin und Potsdam. Das ist für uns alle eine schöne Abwechslung", so die Sozialarbeiterin.

Zu DDR-Zeiten als Lehrerin angestellt, beschloss sie nach der Wende sich beruflich zu verändern. Und landete zunächst beim Schiebetür-Verein in Burg. Die Arbeit mit den teils auch geistig behinderten Jugendlichen machte ihr viel Spaß. "Ich habe durch die Arbeit beim Verein gemerkt, dass ich mir gut vorstellen kann, das auch beruflich zu machen", sagt die 57-Jährige. Dann bewarb sie sich bei der Burger Lebenshilfe und wurde eingestellt. In diesem Jahr wird die langjährige Mitarbeiterin an Heiligabend Dienst im Wohnheim der Lebenshilfe haben. Dann gibt es Bescherung und einen schönen Spaziergang im Kreise der Lebenshilfe-Familie. Und die eigene Familie? "Sie hat sich mit meiner Arbeit gut arrangiert", so Fischer.