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Alte Amtsbrücke ist noch vielen Lesern in Erinnerung / Sie stand noch bis vor Kriegsende Während der Sprengung Fenster aufgemacht

Von Mike Fleske 08.09.2012, 05:26

Eine Brücke, die es nicht mehr gibt, haben wir in unserem heutigen Heimaträtsel gesucht. Viele Anrufer haben sich an der Aktion in dieser Woche beteiligt und wussten, dass es sich um die Amtsbrücke über den Altenplathower Kanal handelt.

Genthin l Im Rahmen des Kanalausbaus von 1925 entstand die Amtsbrücke. Die 41 Meter lange und 24 Tonnen tragende Brücke wurde im August 1926 dem Verkehr übergeben und 1945, kurz vor Kriegsende, gesprengt. Seinen Namen erhielt das Bauwerk aufgrund ihrer Lage in der Nähe des Amtes Altenplathow.

"Wir sind dort immer mit dem Fahrrad auf die andere Seite gefahren", erinnert sich Leserin Gisela Schulze aus Genthin an die Zeit vor 1945. "Wir sind dort 1933 mit dem Fahrrad zur Schule gefahren", wusste Ernst Viets aus Genthin. "Auf der linken Seite war eine Koppel mit Holzscheune, darauf stand ¿wählt Thälmann\', zwar sehr verwaschen, aber man konnte es noch lesen." Einige Leser waren als Kinder auch aus anderen Gründen rund um die Brücke unterwegs. "Das war unsere Spielinsel", sagt der Genthiner Erwin Bauer.

Auch Reinhard von Gradolewski erinnert sich, als Kind in der Nähe gespielt zu haben. Die Amtsbrücke oder Hagenbrücke, wie sie auch im Volk genannt wurde, stand kurz vor Kriegsende noch. Erst am 6. Mai 1945 wurde sie gesprengt. "Dabei wackelte sogar der Berg in der Feldstraße", weiß Erwin Bauer noch.

Leserin Inge Krüger aus Zerben konnte sich erinnern, dass es zuvor eine Information über die Sprengung gegeben habe. "Wir mussten dann alle Fenster im Haus aufmachen", so Krüger. Schäden habe es damals nicht gegeben.

Geplant war danach, eine hölzerne Notbrücke zu errichten. Jedoch wurde dies genauso verworfen wie der Bau einer Stahlbrücke oder einer Stahlbetonbrücke. Man konzentrierte sich auf den Neubau der Genthiner Brücke. Von 1945 bis 1964 übernahm ein Fährkahn das Übersetzen von Personen. "Dort sind wir mitgefahren, obwohl wir kein Geld hatten", erzählt Ina Jäger aus Schlagenthin, damals Schülerin. 20 Pfennige habe die Überfahrt gekostet. "Wenn wir nach dem Geld gefragt wurden, haben wir gesagt, das ist ins Wasser gefallen." Nicht nur die Brücke, auch die im Hintergrund stehenden Bauwerke stießen auf das Interesse der Leser. "Das Kleinere war die Pieschelsche Ölmühle", wusste Historiker Klaus Börner. Dies sei der erste industrielle Bereich der Stadt Genthin gewesen. Die Mühle habe zwar unter Denkmalschutz gestanden, wurde aber Anfang der 1950er dennoch abgerissen. "Die Russen brauchten die Steine", fasst es Leser Ernst Maeder aus Genthin zusammen. Heute noch sichtbar ist dagegen der Schrotturm. "Er war lange Jahre das Wahrzeichen Genthins", so Börner. In der Spitze des Turms wurde flüssiges Blei durch ein Sieb gegossen und erstarrte beim Herunterfallen zu kleinen Kügelchen, die am Boden in einem Wasserbecken aufgefangen und abgekühlt wurden. Die Kugeln fanden später Verwendung in Jagdflinten.

Reste der Amtsbrücke sind heute nicht mehr zu finden. Lange Zeit erinnerte ein Widerlager an der Straße nach Bergzow an den einstigen Standort.