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Vandalismus in der Bahnhofstoilette sorgt für immense Kosten / Schließung wird diskutiert Zerstörungswut gegen stilles Örtchen

Von Jörn Wegner 03.09.2014, 03:17

Vandalismus und Benutzer, die sich daneben benehmen, sorgen dafür, dass die Toiletten im Bahnhof Halberstadt regelmäßig unbenutzbar sind. Viel Geld investiert der Betreiber in Reinigung und Reparaturen, ist aber ansonsten machtlos.

Halberstadt l Der Halberstädter Hauptbahnhof gehört zu den Aushängeschildern der Stadt. Hinter der sauberen Klinkerfassade verbergen sich Geschäfte und helle Aufenthaltsräume. Doch wer in den Keller des Gebäudes geht, lernt den Bahnhof von einer ganz anderen Seite kennen. Dort befinden sich die Toiletten, und deren Zustand ist ein Dauerärgernis. Das suggerieren zumindest die Lesermeinungen, die die Volksstimme-Redaktion regelmäßig erreichen.

50 Cent müssen in einen Automaten eingeworfen werden, um die Toiletten betreten zu können. Auf der Herrentoilette bietet sich ein Bild des Grauens: völlig verdreckte Toiletten, abgerissene Toilettenpapierhalter, verschmutzter Boden, Schmierereien, darunter auch Hakenkreuze. Nur eine der drei Kabinen zeigt sich relativ sauber. Allerdings fehlen dort sowohl Tür als auch Toilettenpapier.

Der Bahnhof und seine Toilette werden von der Nosa betrieben, einer städtischen Holding. Doch die Schuld für die Zustände liege nicht bei dem Unternehmen, sagt deren Geschäftsführer Gerhard Bieler im Volksstimme-Gespräch.

"Drei- bis viermal täglich wird die Toilette gereinigt", sagt Bieler. Normalerweise sei das ausreichend, das Verhalten einiger Benutzer würde jedoch dazu führen, dass die Toiletten schon kurz nach der Reinigung unbenutzbar werden.

Neben der massiven Verschmutzung leidet die Toilette vor allem unter Vandalismus. "Im Februar wurden die Toiletten erst grundsätzlich saniert, 14 Tage später gab es gleich die ersten Zerstörungen", so Bieler. Tatsächlich sind die Toiletten modern gefliest, die Beleuchtung ist indirekt, die Armaturen entsprechen dem neuesten Stand. 3000 Euro muss die Nosa jeden Monat für die Reinigung aufbringen, sagt Bieler. Hinzu kommen 2000 Euro monatlich für die Behebung von Vandalismusschäden im gesamten Bahnhof. Schmierereien und Ähnliches werden sofort übermalt, so der Geschäftsführer. Bei zerstörten Leuchten, entleerten Feuerlöschern und eingetretenen Türen könne es aber länger dauern.

Bieler vermutet hinter dem massiven Vandalismus eine bestimmte Gruppe. Allerdings sei es schwer, die Täter zu überführen. Überwachungskameras im Vorraum der Toiletten sorgen dort zwar für Sauberkeit, in den Kabinen selbst könne aber nicht gefilmt werden. Derzeit prüfe die Nosa neue Standorte für Kameras im Bahnhof. Bislang habe es nur einige Hausverbote gegeben, sagt Bieler. "Das löst vor allem Irritationen bei den Eltern aus." Die wüssten oft gar nicht, was ihre Kinder in der Freizeit treiben.

Die Zukunft der Bahnhofstoilette ist indes ungewiss. Auch über die Schließung wird diskutiert. "Der Gesetzgeber schreibt Toiletten an Bahnhöfen nicht vor", sagt Bieler. Gespräche habe es bereits mit dem Unternehmen Sanifair gegeben. Dieses betreibt seine selbstreinigenden Toiletten vor allem an Autobahnraststätten. Sanifair gehe aber erst in Städte mit mehr als 100000 Einwohnern, sagt Gerhard Bieler, beziehungsweise verlange einen hohen Kundendurchlauf.

Gerd Aschoff, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn, hat von der Situation in Halberstadt schon gehört. Der Verband teile nicht die Position, dass an jedem Bahnhof eine Toilette vorhanden sein müsse, sagt er. Das sei vielmehr "abhängig von den örtlichen Verhältnissen." Das Problem in Halberstadt sei nicht von der Bahn verursacht, sondern von den Vandalen, die nicht gefasst werden können. Eine Toilette am Bahnhof sei zwar wünschenswert, aber wenn es die Verhältnisse erfordern, könne er die Schließung nachvollziehen, so Gerd Aschoff.

Kunden, die 50 Cent in den Automaten geworfen und eine unbenutzbare Toilette vorgefunden haben, können sich laut Gerhard Bieler an die Nosa wenden, um sich das Geld erstatten lassen. Auf der Damentoilette sehe es übrigens besser aus, als bei den Herren. "Vielleicht ist Vandalismus eine männerspezifische Sache", sagt der Geschäftsführer.