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Marika Leutner aus Fischbeck hat alles verloren / Havelberger Sporthalle bietet Notunterkunft "Nur das Dach ragt noch aus dem Wasser"

Von Dieter Haase 12.06.2013, 03:18

Für bisher etwa 160 Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder aus dem Altkreis Havelberg ist die Havelberger Sporthalle in diesen Tagen zur vorübergehenden Heimstatt geworden. Hier befindet sich eine Notunterkunft für alle vor dem Hochwasser Evakuierten.

Havelberg l "Ich habe so gut wie nichts mehr; das Wasser hat mir alles genommen", erzählt Marika Leutner mit ausdruckslosem Gesicht. In der gestrigen Volksstimme haben die Fischbeckerin und ihr Lebensgefährte Franz-Peter Janitza gesehen, wie es um ihr Haus in der Fährstraße, in dem sie bislang zur Miete wohnten, bestellt ist. "Nur das Dach ragt noch aus dem Wasser", sagt sie.

Montagnacht gegen halb eins klingelten Soldaten die beiden Lebensgefährten aus dem Schlaf. "Sie forderten uns auf, das Haus sofort zu verlassen und uns in Sicherheit zu bringen", berichtet Marika Leutner. Vorsorglich hatte sie am Freitag schon das Wichtigste in einer Tasche zusammengepackt, so dass sie diese nur noch zu fassen brauchte. "Draußen haben wir dann schon das Rauschen des herannahenden Wassers gehört. Es war richtig unheimlich. Wir sind um unser Leben gelaufen."

Marika Leutner und Franz-Peter Janitza gehören zu den über hundert Betroffenen, denen die Havelberger Sporthalle "Am Eichenwald" derzeit ein Dach über dem Kopf und einen Schlafplatz bietet. "Irgendwie muss das Leben jetzt ja weitergehen. Bloß wie?" fragt sich Marika Leutner seit der Katastrophe. Und auch, wie lange ihr Aufenthalt in der Sporthalle wohl andauern wird und wohin es danach geht. Zurück nach Fischbeck oder in einen ganz anderen Ort? Alles Fragen, die derzeit keiner so richtig beantworten kann.

Auch Tiere erfahren besondere Fürsorge

Aus Schönhausen haben Ramona und Dirk Mißbach mit ihren beiden Kindern Jacqueline (10) und Florian (17) Quartier in der Sporthalle bezogen. "Wir wohnen im Wohnblock am Mühlenweg in der ersten Etage. Da brauchen wir um unsere eigenen vier Wände wohl nicht zu bangen. Aber aus dem Keller wird wohl nichts mehr zu retten sein", glaubt Dirk Mißbach. Denn das Elbewasser stand bereits am Montag dicht vor dem Haus. Diese Tatsache macht besonders Florian sehr traurig, der seinen Flachbildfernseher im Keller nun wohl abschreiben kann. Er freut sich allerdings, dass er sein Meerschweinchen "Punky" retten und mit nach Havelberg nehmen konnte, wo es in einer Zoohandlung nun bestens versorgt wird. Denn das Mitnehmen von Haustieren in die Notunterkunft ist unter anderem aus hygienischen Gründen nicht gestattet. Weshalb am Zaun vor der Sporthalle auch einige Hunde festgebunden worden sind. Darunter "Bobby", der Yorkshire Terrier, der Mißbachs. "Um die Tiere kümmern wir uns genauso gut wie um die Menschen", versichert Michael Mehler, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des DRK-Kreisverbandes Altmark Ost. Das DRK betreut den Notfallstützpunkt in Havelberg und versorgt die Betroffenen.

Das Schlafen auf den Feldbetten sei gewöhnungsbedürftig, meint Florian Mißbach und zeigt mit einer Handbewegung auf seinen Rücken. Das Essen allerdings sei hervorragend.

Das Leben ist das Allerwichtigste

"Die Fischbecker hat es viel schlimmer erwischt als uns", zeigen die Lebensgefährten Eckhardt Gromeier und Angelika Renne aus Schönhausen Mitgefühl für die Ortsnachbarn. Er verliere lediglich eine komplette Angelausrüstung und mehrere erst vor kurzem neu angeschaffte Werkzeuge, die im Keller seines Hauses gelagert sind, ist von Eckhardt Gromeier zu erfahren. "Das ist alles wiederbeschaffbar", sagt er. Viel wichtiger sei ihm, "dass kein Mensch aus der Region die Flut mit seinem Leben bezahlen musste. Denn ein Menschenleben kann man nicht ersetzen."