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Chorkonzert zum Bismarck-Jubiläum

Von Brigitte Strugalla-Voltz 06.07.2015, 12:49

Schönhausen l Lang und intensiv hat der Schönhauser Chor mit Unterstützung aus Wust für das Chorkonzert geprobt, zu dem er am Freitagabend in die Kirche eingeladen hatte.

Geburtstagsständchen haben sicher eine lange Tradition. Was aber, wenn im kleinen Schönhausen das "Geburtstagskind" 200 Jahre alt wird und dazu einer der wichtigsten Politiker des 19. Jahrhunderts ist? Dann reicht es wohl nicht, einmal kurz "Hoch soll er leben" zu singen? Nun besitzt Schönhausen zwar leider nicht mehr das Geburtshaus Otto von Bismarcks, aber seine Taufkirche ? sehr schön und geschichtsträchtig, sowie einen äußerst kulturinteressierten Pfarrer Ralf Euker. Dazu gibt es einen kleinen gemischten Chor mit einem engagierten Vorsitzenden Ulrich Sandhof, der sich denn auch den Chor der Nachbargemeinde Wust mit ins Boot nahm. Zusätzlich gelang es ihm, eine große Anzahl Förderer zu begeistern. 60 Sponsoren aus dem ganzen Dorf haben es ermöglicht, ein abwechslungsreiches Konzert bei freiem Eintritt auf die Beine zu stellen.

Noch eine weitere Zutat hat sich ergeben: Der neue Chorleiter Gero Wiest, ein ambitionierter Orchestermusiker, musste wegen eines kurzfristigen Engagements bei den Festspielen Bad Gandersheim die Leitung an seine Frau weitergeben und konnte das Konzert nur als Organist bereichern. Trotzdem ein Glücksfall: Michéle Wiest ist als Schülerin des Landesgymnasiums Wernigerode und Sängerin im renommierten Landesrundfunkchor in der Chorarbeit groß geworden und dirigiert beeindruckend präzise und einfühlsam, spürbar mit Herzblut.

Das junge Ehepaar gestaltete auch den Mittelteil mit Orgelsoli und zwei Arien. Michéle Wiest sang ein Giulio Caccini zugeschriebenes Ave Maria, voll verhaltenem Pathos, und danach eine elegante Interpretation von Händels "O Thou, that tellest good tidings" aus dem Messias. Ihre klare, schnörkellose Altstimme füllte mit schönen Tiefen den Kirchenraum, und ihr konzentrierter und uneitler Vortragsstil machte auch optisch einen sehr angenehmen Eindruck.

Begonnen wurde das Konzert jedoch mit hochprofessionellen Trompetentönen. "Sachsen Anhalt Brass" bot in fünf Stücken einen Überblick über die Bläsermusik vom Frühbarock bis zur Moderne. Hier sei besonders die großartige Leistung des Tubaspielers hervorgehoben.

Die beiden vereinigten Chöre hatten sich ein unglaublich ambitioniertes Programm vorgenommen. In der Tat bewältigen sie die üblichen strophischen Chorliedern wie "Weiß mir ein Blümlein blaue" wirklich mit Präzision, Sangesfreude und Engagement, so dass der Wunsch nach anspruchsvollerer Literatur durchaus nahe lag. Da folgten die Sängerinnen und Sänger ihrer jungen Dirigentin mit Begeisterung und Konzentration, textsicher und ausdrucksvoll. Dass man beim fröhlich klingenden, aber mit Synkopen gespickten "Credo" von Vivaldi etwas aus der Spur geriet, kommt eben mal vor. Ansonsten bot man eine schöne Leistung, und vielleicht war Mozarts "Ave verum corpus" das Lieblingsstück, jedenfalls beeindruckten dort besonders die Intensität und der innige Vortrag.

Natürlich gab es opulente Blumensträuße für die musikalischen Leiter und für den ganz überraschten Vorsitzenden Ulrich Sandhof. Als Zugabe bekam das zahlreich erschienene Publikum, passend zur Jahreszeit, ein schwungvolles "Wochenend und Sonnenschein" nach den Comedian Harmonists.

Pfarrer Ralf Euker entließ die Zuhörer mit nachdenklichen Worten und auch mit berechtigtem Stolz auf Schönhausen, denn "das ganze Dorf übernimmt hier kulturelle Verantwortung". Unter den gegebenen Voraussetzungen wäre da noch eine Menge an Potential, nicht nur musikalisch. Es könnte sogar in die ganze Region ausstrahlen.