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Kontrollaktion der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck gegen Eltern schulpflichtiger Kinder sorgt für Empörung Mann mit Kamera vor Schule auf Fotojagd

Von Andreas Puls 05.09.2014, 03:17

Viele Eltern, die ihre Kinder gestern zur Grundschule Seehausen zum Unterricht brachten, sind empört. Morgens hielt sich vor der Schule ein Mann mit Kamera auf - offenbar um heranströmende Menschen zu fotografieren. Wie sich herausstellte, handelte es sich um eine Überwachungsaktion der VG Arneburg-Goldbeck.

Werben/Seehausen l Entsprechend der Beschlüsse zur Schulentwicklungsplanung wurde die Grundschule Werben zum neuen Schuljahr geschlossen. Laut Festlegung sollen die Kinder aus dem bisherigen Werbener Einzugsbereich in der Grundschule Iden beschult werden. Doch aus unterschiedlichen Gründen lehnt dies eine Reihe von Eltern aus dem Bereich Werben ab. Einige Mütter beziehungsweise Väter verlegten ihren angemeldeten Wohnsitz in Orte der Verbandsgemeinde Seehausen, die zum Seehäuser Schuleinzugsbereich gehören.

Schulbehörde sieht "Scheinummeldungen"

Unter anderem die Verbandsgemeinde (VG) Arneburg-Goldbeck und die Schulbehörde hatten die betreffenden Eltern unmissverständlich darauf hingewiesen, dass ihre Kinder in Iden die Schule zu besuchen haben. Mit dem Rechtsverständnis, dass der Wohnsitz der Erziehungsberechtigten ausschlaggebend für den Beschulungsort der Kinder sei, haben einige Eltern ihren Wohnsitz in die Verbandsgemeinde Seehausen verlegt. Das hat gestern die VG Arneburg-Goldbeck dazu bewogen, durch Kontrollaktionen zu erkunden, wo die betreffenden Eltern tatsächlich ihren Lebensmittelpunkt haben. Das rief eine Menge Empörung hervor.

Eltern, die ihre Kinder gestern zur Seehäuser Grundschule brachten, bekamen morgens einen Schreck, als vor der Schule ein Mann stand - ausgerüstet mit Fotoapparat und einem Headset. Einige informierten den Schulleiter Reinhard Rieger, der die Polizei verständigte und die mysteriöse Person zur Rede stellte.

Rieger verteidigt zudem die Beschulung der betreffenden Kinder in Seehausen. "Die umgezogenen Eltern haben alle ordnungsgemäße Anschriften in der VG Seehausen. Bei den Kindern ist jeweils mindestens ein Elternteil mit dabei, wie es das Gesetz verlangt. Darum werden die Kinder in Seehausen ganz normal beschult."

Ratsmitglieder sollen Kontrollen gefordert haben

Rieger findet die Überwachungsaktion auch aus einem anderen Aspekt problematisch: "So etwas könnte Nachahmer auf den Plan rufen, die sich dann vielleicht auch mit einer Kamera an die Schule stellen - nur mit anderen Abssichten."

Der Bürgermeister der VG Arneburg-Goldbeck, Eike Trumpf, bestätigte gegenüber der Volksstimme, dass es einen Einsatz der VG gab. Daran seien unter anderem die Amts- beziehungsweise Sachgebietsleiter Karsten Rottstädt (Ordnungsamt) und Ronny Gabel (Hauptamt) beteiligt gewesen. "Das Schulamt hatte mitgeteilt, dass es sich bei den Wohnsitz-Ummeldungen mehrerer Eltern aus dem Bereich Werben wahrscheinlich um Scheinummeldungen handele. Ferner hat eine Diskussion im nicht öffentlichen Teil der VG-Ratssitzung am Montag uns als Verwaltung dazu bewogen, Maßnahmen einzuleiten, um herauszufinden, in welchen Fällen es sich um derartige Manipulationen handeln könnte." Wie Trumpf weiter ausführte, wisse er nicht im Detail, wie die Aktionen abgelaufen seien, da er sich gestern im Urlaub befand. Ronny Gabel erklärte gegenüber der Volksstimme, dass die Maßnahme in Abstimmung mit Trumpf erfolgt sei. Wie genau die Aktion ablief, dazu wollte sich auch Gabel nicht äußern. Er riet, eine schriftliche Anfrage an den VG-Bürgermeister zu stellen.

Viele Eltern, die sich und ihre Kinder gestern früh der Überwachungsaktion ausgesetzt gesehen haben, sind indes äußerst empört. Mancher fühlt sich an Methoden der DDR-Staatssicherheit erinnert. Besonders aufgebracht sind jene, die verdächtigt wurden, mit Hilfe von Scheinummeldungen ihre Kinder in Seehausen beschulen zu lassen. "Einige Leute von denen, die ganz viel von Demokratie reden, treten sie mit Füßen. Das ist ein Rückschluss, den ich daraus ziehe. Die Aktion der Verwaltung wird rechtliche Konsequenzen haben", kündigt Ines Bergmann, eine der Elternvertreterinnen, an.