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Tag gegen Homophobie Der Wunsch nach Anerkennung

Homophobie, die Feindseligkeit gegenüber Lesben und Schwulen, gibt es auch in der Altmark. Anlässlich des Tages gegen Homophobie sprechen Betroffene über ihre Erfahrungen, die sie in ihrem sozialen Umfeld gemacht haben.

Von Christin Käther 17.05.2014, 03:15

Salzwedel/Vienau l "Als ich vor 14 Jahren nach Vienau gezogen bin, habe ich gemerkt, dass ich irgendwie ein Exot bin", erinnert sich Friedo Berg, der die Tieroase in dem 125-Seelen-Dorf betreibt. Ablehnung seitens der Einwohner hätte es kaum gegeben, eher Unsicherheit. Viele Leute wüssten einfach nicht, wie sie mit Homosexuellen umgehen sollen, weil ihnen die Erfahrung fehlt, meint der 51-Jährige.

Ob die Menschen wirklich so tolerant sind, wie sie vorgeben zu sein, kann er nicht beurteilen. Aber er merke Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Während Männer aggressiver auf das Thema reagieren, sehen Frauen Homosexualität eher als eine Phase an. Man habe eben noch nicht die richtige Frau fürs Leben gefunden, sagen sie.

"Viele sagen, Homosexualität ist eine Krankheit, die geheilt werden kann."

"Viele sagen, Homosexualität sei eine Krankheit, die geheilt werden kann", sagt Friedo Berg. "Ich finde, die Leute, die so was sagen, sind selber krank." Denn wissenschaftliche Studien würden belegen, dass Homosexualität angeboren ist. Die Feindseligkeit führt er vor allem auf die Darstellung in den Medien zurück. Im Fernsehen beispielsweise würden Schwule immer tuntig dargestellt. Viele Zuschauer würden so ein falsches Bild vermittelt bekommen.

Schlechte Erfahrung wegen seiner Homosexualität habe er bislang nur einmal gemacht. "In Bismark hatten es mal ein paar Rechte auf uns abgesehen", erinnert sich Friedo Berg. Nach einem Fest wurden er und seine Freunde von der Gruppe verfolgt und angegriffen.

Der 51-Jährige geht offen mit seiner Homosexualität um. Das sei keine Selbstverständlichkeit. Einige seiner Bekannten hätten eine sogenannte Alibifreundin, weil sie Angst vor dem Outing hätten. Doch Friedo Berg habe schon als Kind gemerkt, dass er anders ist. Während die Jungs im Ferienlager heimlich Löcher in die Wand gebohrt hätten, um die Mädchen zu beobachten, habe er dafür kein Interesse gehabt. Sein Coming Out hatte er mit 22 Jahren. Damals hatte sich Friedo Berg über beide Ohren in einen Mann verliebt. Seinen Freunden hatte er es kurz danach mitgeteilt, seine Familie, vor allem seine Mutter, hatte es schon geahnt. Sie hat damit kein Problem.

Bei Oliver und Stephan Schulz verlief das Coming Out nicht so unproblematisch. Das Paar aus Salzwedel hat 2013 geheiratet und seinem Umfeld damit auch demonstrieren wollen, dass es zu seiner Homosexualität steht, berichtet Stephan Schulz. Der 26-Jährige hatte damals eine Freundin, dann aber gemerkt, dass es ihn doch zu Männern zieht. Einige Freunde nahmen es locker auf. Auch seine Oma verstand es, gut damit umzugehen aufgrund ihres schwulen Bruders. Seine Mutter und sein Bruder hingegen waren gar nicht begeistert.

Oliver Schulz` Freundeskreis hatte sich nach seinem Coming Out gelichtet. Zahlreiche Freunde haben sich von ihm abgewendet. Viele Arbeitskollegen gehen auf Abstand, man rede nur das Nötigste, erzählt der 25-Jährige. Seine Eltern hätten sich mittlerweile damit arrangiert, dass ihr Sohn einen Partner hat.

In der Öffentlichkeit, sagen Oliver und sein Mann, sei das aber immer noch ein Problem. Da kommen schon mal schiefe Blicke oder böse Kommentare, wenn sie Hand in Hand durch die Stadt laufen oder in der Disco miteinander tanzen. Rat können sie sich nur über das Internet holen, denn eine Anlaufstelle im Altmarkkreis Salzwedel gibt es nicht. Über Blogs und Chats tauschen sie sich mit anderen Homosexuellen aus, fahren oft zu gemeinsamen Veranstaltungen nach Halle oder Magdeburg, denn auf dem Dorf, sei in der Hinsicht nichts los.

"Die Leute müssen Homosexualität nicht verstehen, aber man muss es akzeptieren."

Ihr Wunsch ist es, dass Schwule und Lesben gleich behandelt werden. "Das fängt schon bei der Blutspende an", sagt Stephan Schulz. Denn Homosexuelle dürfen ihr Blut nicht für Kranke spenden, nur für Forschungszwecke. Das Paar wünscht sich öffentliche Veranstaltungen in Salzwedel, die Toleranz fördern, vor allem aber eine klare Stellungnahme von Oberbürgermeisterin Sabine Danicke.

Auch in der politischen Arbeit müsse sich einiges tun, findet Friedo Berg. "Die Leute müssen Homosexualität nicht verstehen, aber man muss es akzeptieren", sagt er. "Homosexualität gab es immer schon, sie wurde früher nur totgeschwiegen."