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  7. Stadt Barby ersteigert das Fährwindenhaus von Werkleitz

Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH war jahrelang Besitzer Stadt Barby ersteigert das Fährwindenhaus von Werkleitz

Von Thomas Linßner 18.02.2013, 02:16

Das denkmalgeschützte Fährwindenhaus von Werkleitz gehört jetzt der Stadt Barby. Im Spätsommer 2012 verbot ein Schild der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) plötzlich das Betreten des Grundstücks.

Werkleitz l "Hagen Meiling, Stadtrat aus Groß Rosenburg, hatte in jüngster Ratssitzung zwei Kernfragen: Hat es die Kommune vor Jahren versäumt, einen Antrag zum Erwerb des Grundstücks zu stellen, als die Zuordnung noch gratis möglich war? Wie würden die Verkehrsteilnehmer bei erhöhtem Wasserstand auf die Fähre kommen, weil die obere Straße über das angebotene Grundstück führt?"

So stand es im September 2012 in der Volksstimme.

Damit projizierte Meiling die nicht ausgeschlossene Möglichkeit an die Wand, dass ein Privatmann Haus und Grundstück ersteigert und für sich nutzt.

"Es sind die kleinen Dinge, die eine Region ausmachen und vor denen man als fremder Fahrradfahrer steht und sagt: ¿Oh, guck mal wie schön"

Es folgten einige bange Wochen, in denen geklärt werden musste, ob die klamme Kommune Barby das Grundstück erwerben will, kann, wird.

Doch jetzt ist die Kuh vom Eis. Wie die Stadtverwaltung mitteilt, war sie der einzige Bieter im Versteigerungsverfahren der BVVG Magdeburg und erhielt demzufolge den Zuschlag. Eine zuständige Dame der Verwaltung sagt den bemerkenswerten Satz: "Und damit sind wir stolzer Besitzer dieses schönen, kleinen Häuschens."

Was alles andere als ironisch gemeint ist. Denn das Fährwindenhäuschen aus dem 17. Jahrhundert ist Kleinod und Hingucker gleichermaßen. Es thront imposant über dem Fluss, wie im oberen Saaletal die viel besungenen Burgen am hellen Strande ...

Bauamtsmitarbeiterin Uschi Käsebier bringt es beinahe prosaisch (für eine Amtsfrau ungewöhnlich) auf den Punkt, wenn sie sagt: "Es sind die kleinen Dinge, die eine Region ausmachen und vor denen man als fremder Fahrradfahrer steht und sagt: Oh, guck mal wie schön\'. Und da der Fahrradfahrer danach auf sein Rad steigt, weiter in die Lande zieht, sollten solche Dinge ausschließlich durch eine Kommune gehalten werden." Damit meint sie, dass das malerische Häuschen zwar nicht vermag, Euros einzunehmen, aber Eindrücke und Erinnerungen an den Elbe-Saale-Winkel.

Apropos Erinnerung: Das markante Fährwindenhäuschen steht auf einem 590 Quadratmeter großen Grundstück, das die BVVG bundesweit per Internet-Bietung versteigerte. Die Vermögensübertragung auf die BVVG erfolgte 1996, die seitdem Eigentümer war. Das Grundstück gehörte davor der Wasserwirtschaft.

Das technische Denkmal diente früher dazu, die Fähre über den Fluss zu winden. Um Schiffen die Durchfahrt zu ermöglichen, wurde bei deren Annäherung das Fährseil auf den Grund herunter gelassen. Nach Einführung des Giersystems wurde das überflüssig. Die Groß Rosenburg-Werkleitzer Fährstelle besteht seit 1620.

Vor 14 Jahren ließ die Gemeinde Tornitz das Schmuckstück sanieren, für das sie sich verantwortlich fühlte. Ortsbürgermeisterin Regina Grube: "Für uns war klar, dass Fähre und Fährwindenhaus zusammengehören. Deswegen hat sich auch niemand Gedanken über irgendwelche Grundstücksfragen gemacht."

Zum Grundstück gehört nicht nur das Häuschen, sondern auch eine Sitzgruppe, an der die Touristen mit herrlichem Blick auf die Saale rasten können. Woran letztere im vergangenen Jahr durch das Verbotsschild gehindert wurden. Daran hielt sich freilich in Deutschlands überregulierter Verbotsschild-Landschaft kaum jemand.

Noch wichtiger war der verkehrstechnische Aspekt, den Hagen Meiling damals bei seiner Anfrage ins Feld führte. Bei erhöhtem Wasserstand ist die Werkleitz-Groß Rosenburger Gierfähre nur über eine Straße zu erreichen, die über besagtes BVVG-Grundstück führt.

Vor dem Versteigerungstermin im vergangenen Herbst stand die Frage: Egal wer der neue Besitzer wird: Ist er berechtigt, mit aller Konsequenz auf sein Eigentum zu pochen und beispielsweise die öffentliche Straßennutzung zu untersagen?

"Nein, kann er nicht. Da gibt es Grundsatzurteile zum Wegerecht. Im Gefahrenfall - wie eben bei Hochwasser - muss die Straße von jedermann befahren werden können", klärte Antje Ihlau auf, die bei der Stadtverwaltung für Liegenschaften zuständig ist.

Doch, wie gesagt, diese Befürchtungen sind mit dem Eigentumswechsel vom Tisch.