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Calbes Malteser Hilfsdienst bietet vor allem Hochwasseropfern Unterstützung an "Nach der großen Flut wollen wir Freude, Mobilität und Lebensqualität schenken"

Von Andreas Pinkert 24.04.2014, 03:19

Viele ältere Menschen leben allein. Viele haben Häuser und Grundstücke, die von der Flut heimgesucht wurden. Viele sind mit den Folgen schlicht überfordert. Der Malteser Hilfsdienst will nun diesen Betroffenen unkomplizierte Hilfe anbieten. Dafür werden Ehrenamtliche gesucht.

Calbe l Statistisch gesehen gilt Calbe als die Stadt mit dem höchsten Altersdurchschnitt im gesamten Salzlandkreis. Die Herausforderungen des demographischen Wandels sind daher hier besonders groß. Infolge einer Krankheit, hohen Alters oder eines Unglücks wie der Saaleflut im vergangenen Juni geraten Menschen in schwierige Lebenssituationen. Rückhalt aus der Familie und soziale Kontakte helfen normalerweise, solche Krisen zu überstehen. "Doch gerade unser Einsatz während des Hochwassers 2013 hat uns gezeigt, dass viele ältere Betroffene überhaupt keine Angehörigen mehr haben", berichtet Sebastian Stiewe, Koordinator der Hochwasserhilfe beim Malteser Hilfsdienst.

"Das Wichtigste, was wir den Menschen in schwierigen Lagen schenken können, ist Zeit."

Mittlerweile ist fast ein Jahr vergangen und viele Flutbetroffene sind längst wieder in ihre eigenen vier Wände gezogen. "Inzwischen sind sie zwar nicht mehr vom Hochwasser, jedoch nach wie vor von Einsamkeit betroffen", weiß Stiewe. Grund genug für den Malteser Hilfsdienst, in Calbe als einem von insgesamt zwölf Standorten in Sachsen, Thürigen und Sachsen-Anhalt ein Projekt zur sozialen Nachsorge von Hochwasserbetroffenen zu starten. Neben der finanziellen Hilfe in Sachwerten geht es den Maltesern vor allem um ideelle Hilfe durch Menschen.

Dafür hat die neue Koordinatorin Stephanie Albrecht vorhandene Räume der Malteser im Erdgeschoss des Ärztehauses in der Barbyer Straße bezogen. "Von hier aus möchte ich Ehrenamtliche für die Nachsorge von Hochwasserbetroffenen der Region gewinnen und sie professionell für diesen Dienst ausbilden", sagt die junge Frau. Bedarf gebe es ihrer Meinung nach jede Menge, allein wenn sie an die flutgebeutelte Saaleinsel Gottesgnaden denke.

Freiwillige können sich ab sofort bei ihr melden (Kontakt siehe Infokasten). Ehrenamtliche Hilfe zu leisten sei bei Weitem keine "Einbahnstraße." Begegnungen mit anderen Menschen können das eigene Leben bereichern, meint Albrecht. Neben einem umfangreichen Versicherungschutz würde es einen Erfahrungsaustausch und Reflexionen in der Ehrenamtlichen-Gruppe sowie mehrere Fortbildungen geben.

"Das Wichtigste, was wir Betroffenen in schwierigen Lagen schenken können, ist Zeit", sagt Stephanie Albrecht. Zeit, die Angehörige - sofern es noch welche gibt - meist nicht mehr haben, weil sie zu weit entfernt wohnen. "Das heißt, Gespräche führen und auch zuhören können." Infolge dieses Austauschs könne dann auf die konkrete Notsituation der Betroffenen reagiert werden. Ob in der eigenen Wohnung oder auch in stationären Einrichtungen: In erster Linie solle die Einsamkeit und Isolation aufgebrochen werden.

Zusätzlich baut der Malteser Hilfsdienst an den Standorten Calbe und Schönebeck einen Betreuungs- und Entlastungsdienst für Menschen mit Demenz und deren Angehörigen auf (Volksstimme berichtete). Ansprechpartnerin dafür ist Patricia König. Während in Halle und Magdeburg bereits gute Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt wurden, stecke das Vorhaben in der hiesigen Region noch absolut in den Kinderschuhen.

Die Malteser machten auf ihr neues Angebot auch im Calbenser Rathaus aufmerksam. Bürgermeister Dieter Tischmeyer begrüßt ausdrücklich die Initiative der Malteser, die bei kranken, alten und einsamen Menschen Lebensfreude und Selbstbestimmung fördert. Als Schirmherr des Sozialen Netzwerkes Calbe vermittelte das Stadtoberhaupt gleichzeitig Kontakte zu den lokalen Akteuren im sozialen Bereich. "Über diese Unterstützung sind wir sehr dankbar", sagt Sebastian Stiewe. "Wir haben uns gleich dem Netzwerk angeschlossen, denn nur gemeinsam können wir mit unserem Angebot möglichst viele Betroffene erreichen."

Die Malteser nutzen daher gleich die erste große Möglichkeit, in der Stadt und Umgebung auf sich aufmerksam zu machen. "Wir sind mit einem eigenen Stand beim Rolandfest am 1. Juni mit dabei", kündigt Stephanie Albrecht an. "Wir freuen uns, wenn wir mit möglichst vielen Angehörige, Betroffenen oder Bekannten ins Gespräch kommen."

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.malteser-calbe.de