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Letztes Konzert der Anrechtsreihe "Klassik" der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie im Dr.-Tolberg-Saal Schönebeck Litauischer Pianist hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck

Von Renate Bojanowski 17.05.2011, 04:30

Mit einem furiosen Finale hat die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie unter der Leitung ihres Chefdirigenten Generalmusikdirektor Christian Simonis am vergangenen Freitagabend ihre Anrechtsreihe "Klassik" der laufenden Spielzeit im voll besetzten Bad Dr.-Tolberg-Saal beendet.

Schönebeck. Und "Créateur" Simonis wäre nicht er selbst, hätte er nicht an diesem letzten Klassik-Abend für sein Publikum noch ein "Ass aus dem Ärmel" gezogen: das Konzert für Klavier und Orchester g-Moll op. 33 von Antonin Dvorák.

Da es nicht zu den "Top Ten" bei den Pianisten zählt, weil es ihnen anscheinend zu wenig Möglichkeiten zum virtuosen Glänzen bietet, ist es auch beim Publikum weniger bekannt. Das erlebte staunend mit, wie unvoreingenommen der junge litauische Pianist Vadim Chaimovich mit Dvoráks Komposition umging.

Er schöpfte aus der wunderbaren folkloristischen Musik so viel Gestaltungspotenzial, als wollte er die Welt umarmen. Einfach erstaunlich, was er aus dem angeblich undankbaren Klavierpart zauberte: beinahe energischen Schwung und stolzes Pathos im ersten, unendlich innige lyrische Intimität im zweiten Satz und übermütige Laune im Schlusssatz.

Mit gleichmäßiger Präsenz gestaltete er die vielen perlenden Läufe zu einem wahren Kunstwerk. Das konnte ihm auch die manchmal ein wenig über das Ziel hinausschießende Orchesterbegleitung nicht nehmen. Im zweiten Satz erlangte der Dialog zwischen dem Solisten und den Kammerphilharmonikern Ruhe und Ausgewogenheit genug, um die Herrlichkeit von Dvoráks Melodien strahlen zu lassen. Schön, wie Simonis hier sein ganzes Orchester beseelt singen ließ und Vadim Chaimovich reichlich Zeit für seine hoch musikalischen Emotionen blieb. Überwältigt von rauschenden Beifallsbekundungen hinterließ der junge Pianist auch mit seinen beiden Zugaben von Frederic Chopin und Joseph Haydn einen nachhaltigen Eindruck.

Nach der Pause erklang die Sinfonie Nr. 7 in A-Dur op. 92 von Ludwig van Beethoven. Spannungsgeladen und ein wenig energisch wirkte der von der Flöte und Oboe markierte Übergang zum "Vivace" nach der langen Einleitung im Kopfsatz - gleichsam übermütig geriet das Hauptthema über den Akzenten der Streicher.

Immer wieder tarierte Christian Simonis die Dynamik aus, um die gewaltigen Steigerungen in großen Bögen effektvoll herauszuheben und die überschwängliche Spiellust seines Orchesters wohl dosiert einzusetzen. Im folgenden "Allegretto" mit jenem berühmten fahldunkel erklingenden a-Moll-Akkord zum Anfang und Ende und seinem vierfach gesteigerten Klagegesang hätte man sich vor allen von den Violoncelli mehr Konzentration und Eindringlichkeit gewünscht.

Spannungsreiche Übergänge gelangen im dritten und letzten Satz; gut ausbalancierte Holzbläser gefielen ebenso wie zwei wache Hörner. Die Kammerphilharmonie überzeugte insgesamt mit einem homogenen und transparenten Gesamtklang, der am Ende von den Zuhörern gebührend honoriert wurde.

Das 8. Anrechtskonzert reiht sich würdig an all die anderen Abende der diesjährigen Klassik-Reihe, in denen der Zuhörer durchweg Spannendes entdecken konnte. Um wie viel ärmer wäre das kulturelle Leben unseres Landkreises ohne die "klingenden Kirchenfenster" von Jens Klimek oder die Streicher-Serenade von Josef Suk.

Die große Pianistin (und Tochter des Komponisten Jean) Claude Francaix wird in Frankreich vom kleinen Ort Schönebeck berichten, Frauenherzen schlugen im Neujahrsmonat höher, eine Zuschauerin kaufte sich eine CD mit Musik von Friedrich Ernst Fesca. Franz Schuberts "Winterreise" klingt interessant mit Orchesterbegleitung, Valery Oistrach setzt in dritter Generation die große Violin-Tradition seiner Familie fort... All diese Höhepunkte machen Lust auf Neues, Unbekanntes und Spannendes in der nächsten Saison.