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Volksstimme im Gespräch mit dem Sprecher des Landesumweltministeriums Sachsen-Anhalt Hochwasserschutz soll im Dialog realisiert werden

12.03.2014, 01:15

Zu den drängendsten Problemen in der Schönebecker Region gehört die Vernässung. Schönebeck ist landesweit Pilotprojekt, aber getan hat sich bislang wenig. Zum Thema sprach Volksstimme-Redakteur Ulrich Meinhard mit dem Pressesprecher des Landesumweltministeriums, Detlef Thiel.

Volksstimme: 87 Prozent der Flächen in Sachsen-Anhalt sind hochwassergefährdet. Ein sehr hoher Anteil. Wann gerät das Land mit der Zielstellung, seine Bürger vor Hochwasserereignissen zu schützen, an seine Grenzen? Oder ist es dort längst angelangt?

Detlef Thiel: Die Verbesserung des Hochwasserschutzes ist eine zentrale Aufgabe der Landesregierung. Insbesondere nach dem Hochwasser im August 2002 arbeitet das Land Sachsen-Anhalt auf der Grundlage der Hochwasserschutzkonzeption kontinuierlich daran, das Schutzniveau zu verbessern. Das Hochwasser im Juni 2013 hat gezeigt, dass auf der einen Seite noch Defizite bestehen, es hat aber auf der anderen Seite auch die bisherige Strategie bestätigt. Die in den vergangenen Jahren sanierten Hochwasserschutzanlagen haben den Wassermassen standgehalten.

Nach dem Hochwasserereignis im Juni 2013 und nach Beendigung der erforderlichen Gefahrenabwehrmaßnahmen wurden in einem ersten Schritt die an den Gewässern und Anlagen des Landes aufgetretenen Schäden erfasst und dokumentiert. Die Schadstellen wurden soweit gesichert und verbaut, dass sie einem eventuellen Winterhochwasser standgehalten hätten.

Parallel wird derzeit das Hochwasser vom Juni 2013 ausgewertet und die in den letzten Jahren verfolgte Hochwasserschutzstrategie des Landes überprüft. Im Ergebnis dieser umfassenden Bewertung und Prüfung muss beurteilt werden, wie es weitergehen soll. Das Ergebnis wird dann zeigen, ob die in den letzten Jahren verfolgte Strategie richtig war oder ob Anpassungen vorgenommen werden müssen.

Volksstimme: Was ist möglich und nötig?

Detlef Thiel: Ein absoluter Schutz vor Hochwasser ist weder ökonomisch sinnvoll noch technisch möglich. Das heißt, in einem weiteren Schritt ist eine Verständigung darüber notwendig, bis zu welchem Wiederkehrintervall Hochwasserschutz grundsätzlich betrieben werden soll und wo sich darüber hinaus sensible Bereiche befinden, die unbedingt zu schützen sind. Erst daraus ergeben sich die konkreten weiteren Maßnahmen. Im Ergebnis sind dann auch die Prioritäten der erforderlichen Hochwasserschutzmaßnahmen festzulegen.

In diesen Prozess fließen auch die Ergebnisse der Sonder-Umweltministerkonferenz vom 2. September 2013 sowie der Elbeministerkonferenz vom 5. Dezember 2013 ein.

Im Ergebnis wird die Hochwasserschutzkonzeption des Landes Sachsen-Anhalt an die neuen Erfordernisse angepasst. In diesem Zusammenhang werden auch die im Rahmen der Kreisbereisungen im November 2013 bis Februar 2014 zur Auswertung des Hochwassers im Juni 2013 gewonnenen Erkenntnisse einbezogen.

Zur Verdeutlichung, welche Bereiche bei Hochwasserereignissen überflutet werden können, wurden im Rahmen der Umsetzung der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten erarbeitet und auf der Internetseite www.hwrmrl.sachsen-anhalt.de veröffentlicht.

Volksstimme: In der Führungsriege der Schönebecker Stadtverwaltung ist die vom Land gemachte Zusage, für Maßnahmen zum Schutz vor Vernässung einen Kredit aufnehmen zu können, angezweifelt worden. Können Sie diese Möglichkeit hier noch einmal bestätigen?

Detlef Thiel: Finanzschwache Kommunen haben die Möglichkeit, Maßnahmen zum Schutz vor Vernässung über Kredite zu finanzieren. Näheres regelt ein Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 8. März 2012.

Der Erlass, die "ergänzenden Verfahrensregelungen" des MI, ist auf der Homepage der Landesanstalt für Altlastenfreistellung unter www.laf-lsa.de im Download-Bereich für jedermann - Privatpersonen oder Kommunen - einsehbar.

Volksstimme: In der Schönebecker Region beklagen Ortsbürgermeister im ostelbischen Bereich, dass zwar viel Aufmerksamkeit auf die Ertüchtigung von Deichen gerichtet wird, aber der direkte Schutz von Wohnbebauung in den kleinen Orten, etwa durch Schutzmauern oder Verwallungen, außen vor bleibt. Ist diese Kritik bekannt? Wie wird damit umgegangen?

Detlef Thiel: Im Rahmen der Kreisbereisungen zur Auswertung des Hochwasserereignisses im Juni 2013 wurden am 21. November 2013 die in der Region Schönebeck vorgesehenen Hochwasserschutzmaßnahmen vorgestellt und die Anregungen der kommunalen Vertreter aufgenommen. Ziel dieser Veranstaltungen war es, mit den einzelnen Kommunen in den Dialog zu kommen. Dieser Dialog wird dann auf Fachebene weitergeführt. Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft steht mit den betroffenen Kommunen zu den Möglichkeiten eines verbesserten Hochwasserschutzes in Kontakt.

Volksstimme: Die stark von Vernässung betroffene Schönebecker Region ist Pilotprojekt im Kampf gegen Vernässungserscheinungen. Allerdings arbeiten hier die einzelnen Verwaltungen zum Teil nicht zusammen. Sollte das Land diesbezüglich Druck aufbauen, um eine Kooperation zu erzwingen?

Detlef Thiel: Zum Umgang mit den Grund- und Vernässungsproblemen in der Region Schönebeck - beziehungsweise im Elbe-Saale-Winkel - liegen zwischenzeitlich eine Reihe von Untersuchungsergebnissen und Maßnahmevorschlägen vor, die Teil eines zukünftigen regionalen Wassermanagements sein können. Diese Vorschläge sind unter anderem das Ergebnis einer Reihe vom Land unterstützter Aktivitäten der Kommunen in dieser Region.

Das Amt für Landwirtschaft hat Ende 2013 einen Projektsteuerer mit der Vorbereitung, Koordinierung und Moderation von Vorhaben zum Wassermanagement im Elbe-Saale-Winkel beauftragt. Diese Projektsteuerung ist ein Angebot an die Kommunen zur Unterstützung und Koordinierung von Einzelmaßnahmen zu einem regionalen Wassermanagement. Die Kommunen haben den Einsatz des Projektsteuerers begrüßt. Der Projektsteuerer soll dabei eine moderierende Funktion bei erforderlichen Abstimmungen zwischen den Kommunen der Region als potenzielle Träger von Maßnahmen gegen Vernässungen übernehmen.

Volksstimme: Es gibt im Landtag eine zeitweilige Arbeitsgruppe Vernässung. Ist das Wort zeitweilig angesichts der sich offenbarenden Probleme nicht überflüssig?

Detlef Thiel: Es ist Angelegenheit des Landtages Ausschüsse einzurichten und festzulegen, wie lange sie bestehen sollen.

Information zu vom Hochwasser gefährdeten Gebieten: www.hwrmrl.sachsen-anhalt.de